AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
er sich ganz auf Duquesne und seine etwas ungeschliffenen Männer. Vor allem, wenn es darum ging, Ordnung in den dunklen Vierteln der Stadt zu halten und das wilde Tier zu zähmen, in das sich die leicht erregbare Bevölkerung zu Zeiten verwandeln konnte.
Ja, Duquesne war ein mächtiger Mann in Dea geworden, ein Mann, den alle fürchteten, und so schien es ihm gerade recht zu sein.
Er machte keinen Versuch, jemanden für sich einzunehmen. Seine Leute gehorchten ihm aufs Wort, aber sie liebten ihn nicht und er hatte keine Freunde. Der Patriarch konnte keine Schwächen oder Laster an ihm entdecken: er trank nur mäßig, wettete und spielte nicht. Nie hatte sein Vater von einer Geliebten gehört und Duquesnes Verachtung für die Männer, die ihresgleichen bevorzugten, war so offensichtlich, dass seine Neigungen nicht dort liegen konnten. Von anderen, übleren Vorlieben wusste der Patriarch nichts und Duquesne hatte so viele Feinde, dass er gewiss davon erfahren hätte.
Er hatte sich nie wieder auf dem Anwesen blicken lassen, das der Patriarch seiner Mutter geschenkt hatte und das er auf Duquesne überschrieben hatte, sondern karge, spärlich eingerichtete Räume im Gästehaus, dem Hauptquartier der Stadtwache, bezogen, wo ihn ein stummer Diener aus den südlichen Reichen, versorgte. Nein, Duquesne hatte keine Laster.
Abgesehen von dem Streben, Patriarch zu werden.
Dem alten Mann war nicht entgangen, was Duquesne im Sinn hatte und wenn er diesen fähigen, rücksichtslosen Sohn ansah, wurde ihm angst und bange um Donovan. Aber die vornehmen Familien und die Kaufleute würden einen Bastard nicht über sich dulden. Es gäbe Streit, Bürgerkrieg und die Stellung, die sich seine Familie so mühsam errungen hatte, und mit ihr die Große Stadt Dea, würde in das Chaos der vergangenen Jahrhunderte zurücksinken.
Was für ein Jammer, dass sich diese Söhne nicht besser verstanden: Wenn Duquesne Donovan dienen würde, wie er seinem Vater diente, so wäre die Herrschaft seiner Familie auf viele Jahre gesichert. Aber nein, sie mussten sein wie Hund und Katz!
Das ölige Gebäck, das der Patriarch am Morgen - gegen das Verbot des Leibarztes - genossen hatte, brachte sich unangenehm in Erinnerung. Er stieß auf und hinter dem Spitzentüchlein, das er vornehm zum Munde führte, wanderte sein Blick zu den beiden jungen Männern.
Donovan saß aufrecht und in guter Haltung in seinem Stuhl, elegant, aber angemessen in zurückhaltendes Braun gekleidet. Trotzdem wirkte er abwesend, als sei er mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Duquesne dagegen lehnte wie immer mit verschränkten Armen an der Wand - als Hauptmann der Stadtwache hatte er das Recht, an den Ratsitzungen teilzunehmen, ein Recht, dessen er sich gern bediente. Ein wenig abseits von den anderen, mit unbewegtem Gesicht stand er dort, und doch war der Patriarch sicher, dass ihm nichts entging.
»... zehntausend Säcke Weizen, dreitausend Fässer Malz ...«
Mit gelinder Verzweiflung wurde sich der alte Mann bewusst, dass der Ehrenwerte Bosco da Gama immer noch die Verluste auflistete, die die Kauffahrer im vergangenen Jahr durch Überfälle der Seeräuber erlitten hatten.
»... vier-, nein, verzeiht, fünfhundert Schläuche feinstes Olivenöl, zweitausend Schläuche Öl von minderem Wert, zwölftausend Schläuche geringen Weins - wartet, ich vergaß«, er schob die Augengläser auf die Stirn und hielt die beängstigend lange Schriftrolle dicht vor sein Gesicht, »mein Schreiber hat sich bemüht, recht klein zu schreiben, um nicht zuviel Papier zu verschwenden, denn auch achthundert Ballen getrockneter und schon zerklopfter Binsenstängel sind den Schurken in die Hände gefallen. Ah, hier, ich fahre fort: dreitausend Fässer eingesalzenen Kohls und zweitausend mit eingesalzenen Rüben, vierzig Fässer mit Fischtunke, eine ganze Ladung verdorbenen Pökelfleisches bestimmt für die Herstellung von Seife - darum war es vielleicht nicht schade - aber hier, dreihundert Fässer milchsauer vergorener Bohnen ...« Unermüdlich leierte die eintönige Stimme die unangenehmen Fakten hervor, wahrhaftig, es reichte!
Der Patriarch stöhnte gekonnt, griff sich mit dramatischer Geste an den juwelengeschmückten Brustlatz und flatterte mit den Augenlidern. Da Gama hielt erschrocken inne, Malateste, der hinter seinem Herrn auf einem niedrigen Stuhl gesessen hatte, erhob sich eilig und trat mit einem Fläschchen, das er ständig bereithielt, an die Seite des alten Mannes.
»Schick diese
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