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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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angehaltenem Atem, bis der Schmerz in seinem gichtigen Fuß nachließ.
    Sollte doch der Teufel das Alter mit seinen Gebrechen holen! Vorsichtig, wie er es gelernt hatte, verlagerte er das Gewicht seines schweren Leibes in dem bequem gepolsterten Stuhl.
    Nicht, dass es seinen Geist angegriffen hatte oder seine Willensstärke - an manchen Tagen, wenn er gut geschlafen hatte, erfüllte ihn der gleiche Tatendrang, der ihn vor dreißig Jahren angetrieben hatte. Es drängte ihn, aus dem Bett zu springen, mit einem Satz durch das Fenster in den Hof, in dem in früheren Jahren seit Sonnenaufgang ein Pferd bereitgehalten wurde, und in wildem Ritt durch die Stadt zu stürmen, so dass die schläfrigen Bürger, die ihr Tagwerk aus den Federn zwang, sich erschrocken an die Häuserwände drückten.
    Wie erfrischend war das gewesen! Oft war ihm, als bedürfe es nur einer Willensanstrengung, aber zwischen Wollen und Können herrschte ein gewaltiger Unterschied. Kaum rührte er sich, erinnerte ihn der alte, verbrauchte Leib, in dem er gefangen war, schmerzhaft daran.
    Er bewegte die dicken, mit Ringen geschmückten Finger, die so steif waren, dass er Mühe hatte, den Stift zu halten, mit dem er seine Erlasse unterschrieb. Früher waren sie flink und geschickt gewesen, an der Kehle eines Mannes ebenso wie auf dem Leib einer schönen Frau. Auch das war lange vorbei, er war seiner süßen Isabeau ein braver Ehemann und das Töten musste er anderen überlassen. Das Leben hatte seine Würze verloren ...
    Den Tod fürchtete er nicht, hatte ihn nie gefürchtet. Wie hätte er sich auch sonst in all die tollkühnen Abenteuer stürzen können, wie den häufigen Anschlägen auf seinen Thron so kaltblütig begegnen können? Niemals war er vor einem Kampf zurückgewichen, sei es mit blankem Stahl oder mit wohlgesetzten, vergifteten Worten und auch jetzt bangte ihm nicht davor.
    Nur dieses lange, allmähliche Sterben hatte er fürchten gelernt. Bei dem Leben, das hinter ihm lag, hatte er einen schnellen, gewaltsamen Tod erwartet, aber die Götter in ihrer Weisheit und Rachsucht hatten beschlossen, ihn die Last des Alters um seiner Sünden willen bis zur Neige auskosten zu lassen. Es war nicht schön, zu erleben, wie sein Körper sich auflöste und ein Glied nach dem anderen seinen Dienst aufkündigte. Seine Beine, die Finger, die Ausscheidungsorgane, von seiner Männlichkeit ganz zu schweigen - arme Isabeau. Dazu das hüpfende Ding in seiner Brust, das manchmal für einen schreckenerregenden Augenblick still wurde. Die Beklemmung, die ihm den kalten Schweiß auf die Stirne trieb und den Leibarzt mit besorgtem Gesicht und bitteren Tropfen herbeieilen ließ. Der Patriarch seufzte leise, manches Mal wünschte er den Tod herbei, der dieser unwürdigen Qual ein Ende machte.
    Doch noch war es nicht soweit. Er griff nach dem Kelch neben sich und spürte das geschliffene Glas tröstlich unter seinen Fingern. Der schwere, samtige Wein rollte schmeichelnd durch seine Kehle, er musste nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben, denn der Arzt hatte ihm erlaubt, das anregende Getränk in Maßen zu sich zu nehmen. In Maßen - früher hatte er nichts in Maßen getan. Immerhin, dieser Genuss war ihm geblieben, er half ihm, noch ein Weilchen auszuharren.
    Das Glas knirschte, als er es hart auf die Marmorplatte des Tischchens zurückstellte. Noch durfte er nicht gehen, sein Haus war nicht bestellt, die Nachfolge nicht geregelt.
    Er runzelte die Stirn, als er an Donovan dachte, seinen Sohn und Erben, den einzigen Menschen, an dem er wirklich hing. Und doch betrachtete er ihn stets mit Ungeduld, ja Gereiztheit. Warum musste dieser Sohn so ganz und gar nach seiner schwächlichen Mutter geraten?
    Was hatte er selbst in Donovans Alter nicht schon erlebt: Seit drei Jahren in einen blutigen Machtkampf verstrickt gegen den Onkel, der die Regentschaft nach dem frühen Tod des Vaters an sich reißen konnte, weil der Vater weder in allen Ehren geheiratet noch einen Nachfolger unter den zahlreichen Bastardsöhnen bestimmt hatte.
    Auch Cosmo hatte seinen Anspruch auf nichts anderes gegründet als auf Stärke und Skrupellosigkeit. Er hatte dafür gesorgt, dass die anderen Söhne und Töchter - auch Frauen konnten verdammt ehrgeizig sein - auf ihre Ansprüche verzichteten, gutwillig oder anders, und er war in der Wahl seiner Mittel nie zimperlich gewesen. Zuletzt hatte er die Großen Siegel und Prägestöcke, die Herrschaftsinsignien, an sich gebracht und der Onkel war, nun ja,

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