AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
von etwas anderem. Besonders reizvoll ist es, einen Mondenschleier von einem Verehrer zu bekommen, das ist doch einmal ein Liebesbeweis, nicht immer diese albernen Liebesknoten und Blumensträußchen.«
Kaye sah, wie Paola nach einem der geschmähten Liebespfänder an ihrem Busen tastete, aber ohne das betretene Schweigen zu beachten, fuhr Thalia fort:
»Selbst die Fürstin sehnt sich danach. Margeau hat mir erzählt, wie sehr es sie kränkt, dass der Patriarch ihr den Mondenschleier von Donovans Mutter vorenthält. Man kann es nicht begreifen - wen würde er besser kleiden als sie? Donovans Mutter gewiss nicht, sie muss eine vertrocknete alte Schachtel gewesen sein und so ein Mondenschleier ...«
»... ist nichts, worüber man leichtfertig spricht!«, fiel ihr Sabeena ins Wort und Kaye hörte überrascht Stahl in der sanften Stimme. »Auch über den Klatsch bei Hofe sollte man kein Wort verlieren! Kaye, ich glaube, wir müssen die Anprobe beenden, ich spüre, dass Felicia bald nach ihrer nächsten Mahlzeit verlangt. Wenn es recht ist, machen wir morgen weiter, es fehlt ja nicht mehr viel.«
Sabeena hatte ruhig gesprochen und hielt gelassen still, während Kaye und ihre Jungfer, die auf einem Stuhl in der Ecke gesessen hatte, ihr das Kleid abstreiften. In der Tat hatte die überfließende Milch das Hemd unter dem Mieder schon dunkel durchtränkt, und Kaye, der um die kostbaren Gewebe fürchtete, dachte, dass eine Amme doch etwas für sich hatte. Die stoffbespannte Tür zum Nebengemach öffnete sich und wütendes Säuglingsgeschrei drang hervor.
»Herrin, sie lässt sich nicht mehr beruhigen ...«
Beim Anblick des krebsrot angelaufenen, winzigen Geschöpfs auf den Armen der Kinderfrau, das sein ohrenbetäubendes Weinen nur unterbrach, um verzweifelt an seiner kleinen Faust zu saugen, verschwand der strenge Ausdruck auf Sabeenas Gesicht. Ungeduldig streckte sie die Arme aus und ließ sich das Morgenkleid überziehen. Dann küsste sie rasch Paola auf die Wangen und völlig ungerührt auch ihre Schwägerin, die wie versteinert da saß, nickte Kaye freundlich zu und verschwand im Nebenraum.
Als Kaye später seinen Wagen vom Stadthaus der Sasskatchevan zurück in seine Werkstatt lenkte, dachte er an das, was er gerade gehört hatte. Die Fürstin begehrte also den Mondenschleier - er hoffte, dass der Patriarch ihn nicht herausrücken würde. Margeau mit der Lästerzunge aber würde bald selbst eine alte Schachtel sein, dürr und vertrocknet ...
Er war auf den Kosten für ihre Kleider sitzengeblieben, bis auf den weißen Traum, den Ninian ihm bezahlt hatte. Er hatte empört abgewunken.
»Nein, nein, ich verdanke deinem Herrn Dieb mein Leben ...«
»Damit hab ich nichts zu tun, das musst du mit ihm selbst klären«, hatte sie erklärt, »aber das Kleid ist zerstört und ich will dir den Schaden ersetzen. Ich hatte viel Spaß darin!«
»So? Erzähl, wie ist es dir gelungen, es in einer Nacht zu ruinieren?«
Sie hatte nur gegrinst.
»Es ist hoch hergegangen in der letzten Wilden Nacht, frag Margeau.«
Aber seit den Wilden Nächten war Margeau nicht mehr seine Kundin. Selbst wenn sie wieder zu ihm gekommen wäre, hätte er einen Vorwand gefunden, um ihre Aufträge abzulehnen. Er wollte mit dieser Hexe nichts mehr zu tun haben. Leider hatte sie einige der Damen aus dem inneren Zirkel der Fürstin mitgezogen, die auch offene Rechnungen bei ihm hatten, so dass es einiger böser Briefe an verschiedene Ehemänner bedurft hatte, um wenigstens einen Teil seines Geldes zu sehen.
Kaye zügelte den Braunen, um einen langen Zug Fuhrwerke vorbeizulassen, hochbeladen mit Balken, Mörtelsäcken und anderem Baumaterial. Der Braune tänzelte ungeduldig und sein Herr schnalzte ärgerlich mit der Zunge. Seit die Bauarbeiten an dem Zirkus begonnen hatten, gab es kein Durchkommen mehr in dieser Stadt!
Als es weiterging, ließ Kaye seinem Ross die Zügel, eine Menge Arbeit erwartete ihn. Es hatten sich andere Kundinnen gefunden, nicht zuletzt durch Sabeenas und Paola d’Estes’ Vermittlung. Trotzdem war er froh gewesen, dass es als letztes Druckmittel den Schuldenpfeiler im Hauptgewölbe der Handelshallen gab und dass die meisten vornehmen Herrschaften es doch nicht schätzten, ihre säumigen Zahlungen dort angeprangert zu sehen.
Auch Ninians Großzügigkeit hatte ihn insgeheim erleichtert. Das Material für das weiße Kleid hatte ihn ein Heidengeld gekostet.
Während er sein Gefährt durch die enger werdenden Gassen lenkte,
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