AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
eine Angelegenheit von außerordentlichem Gewicht, der ich mich dringend widmen muss. Ich wünsche Euch einen schönen Ehrentag.«
Er verneigte sich, die Hand auf dem Herzen, und wandte sich zum Gehen. Hinter Battiste zischte es:
»Angelegenheit von Gewicht? Hab ich es nicht gesagt - ihm fehlt noch ein Reim in seinem letzten Sonett!«
Auch der Hauptmann hatte dem Sohn seines Herrn halb mitleidig, halb verächtlich nachgesehen, aber er verwies dem Sprecher die Frechheit mit einer unwilligen Handbewegung - der junge Mann war kaum außer Hörweite gewesen.
Battiste hätte unbesorgt sein können. Donovan hatte ihn und die ganze Gesellschaft vergessen, kaum, dass er ihr den Rücken zugekehrt hatte.
Aus dem gleißenden Sonnenschein des Gartens trat er in das kühle Halbdunkel des Palastes und eilte in seine Gemächer. Es war nicht mehr nötig, Bonventura einen Wink zu geben, der Kammerherr blieb schon von selbst im Vorzimmer zurück und machte sich mit beleidigter Geschäftigkeit daran, die Blenden vor die Fenster zu legen.
Donovan verschloss, wie es seine Gewohnheit geworden war, die Tür zu seinen inneren Räumen. Mit großen Schritten wanderte er durch das sonnendurchflutete Arbeitszimmer, griff hier nach einer Figur, dort nach einer Schale. Am Instrumententisch fuhr er über die Saiten der Laute, nahm ein Notenblatt und starrte es abwesend an. Er legte das Blatt zurück, trat zum Kamin und klopfte an das kleine Uhrwerk auf dem Marmorsims. Aber das Ding schnurrte ungerührt im gleichen Takt weiter und er nahm seine Wanderung wieder auf.
Schließlich konnte er sich nicht länger beherrschen. Zitternd wie ein Trunksüchtiger löste er die Schnüre seines Wamses und zog ein zusammengefaltetes Papier aus dem Hemd. Er hatte es schon so oft gelesen, dass der dichtbeschriebene Bogen an den Falzstellen brüchig wurde, und aus Angst, das kostbare Schriftstück könne zerreißen, zwang er sich, es nur jede zweite Stunde hervorzuholen.
Sachte glättete er es und las.
Es rührt mein Herz zutiefst, dass du mir den Schleier der Kaiserinnen schenken willst und so habe ich mich entschlossen, den Schritt zu wagen, den ich so lange gefürchtet habe. Ich werde den Schleier als Unterpfand deiner Treue aus deinen Händen entgegennehmen, aber noch darf ich nicht bleiben, erst muss ich mich aus jenen anderen Banden befreien. Wundere dich nicht, wenn ich dir scheu und wortkarg erscheine, der andere hält mich mit starken Fesseln. Der Schleier und das Wissen um deine Liebe werden mir die Kraft geben, sie zu zerreißen.
Morgen feiert der Hauptmann der Palastwache seinen Jahrestag, es wird nur eine geringe Wache im Palast zurückbleiben. Das ist günstig für uns, denn noch bin ich eine Vogelfreie. Nicht um mich ist mir bange, sondern um dich.
Donovan hielt inne, um sich die Augen zu wischen, diese Stelle rührte ihn jedes Mal zu Tränen.
Du gehst ein großes Wagnis ein, es bräche mir das Herz, littest du Schaden durch mich. Kleide dich wie ein Bediensteter und verbirg dein liebes Antlitz unter einer Kapuze. Auch ich werde mich verhüllen, aber ich werde ein Band tragen wie jenes, das du mir einst geraubt hast ...
Das Band - sie hatte also doch erraten, wohin es verschwunden war. Er erinnerte sich noch gut, wie sie im Garten danach gesucht hatte, an Jermyns hämische Worte.
»Gut, dass es weg ist, von dem Geschnörkel kriegt man doch Kreise in den Augen.«
Es war ihr aus dem Haar geglitten, als sie Überschläge auf dem Rasen gemacht hatte. Heimlich hatte er es aufgehoben und an seinem Herzen geborgen, voller Angst, dass Jermyn es sehen und ihn bloßstellen würde. Aber sein Peiniger war zu sehr damit beschäftigt gewesen, das Mädchen zu ärgern.
Donovan ballte die Hand zur Faust. Warum hatte er nicht damals schon erkannt, dass die vermeintliche Abneigung nur Täuschung war! Jermyn hatte seine Netze nach dem ahnungslosen Mädchen ausgeworfen und sie hatte sich darin verfangen, wie die bedauernswerten Zugvögel auf ihrer Reise an den Leimruten der Vogelfänger hängenblieben. Wäre er, Donovan, aufmerksamer gewesen, hätte er die Guten Väter warnen können. Er hatte sie im Stich gelassen, aber er würde seinen Fehler gutmachen und ihr helfen, sich aus der verhängnisvollen Verstrickung zu befreien!
Wie ein ungebetener Gast schlich sich die Frage in sein Hirn, auf welche Weise er sie wohl schützen sollte. Noch nie war es ihm gelungen, Jermyns Kräften zu widerstehen. Die beschämende Begegnung vor der Schatzkammer drängte
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