AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
sich auf, untrennbar verbunden mit der Erinnerung an Avas spöttische Worte, an die Zärtlichkeit, die sie ihrem Liebhaber gezeigt und an die Demütigungen, die sie ihm selbst als weißes Fräulein zugefügt hatte ...
Nein, entschlossen wies Donovan die aufkeimenden Zweifel zurück. Es waren die Einflüsterung des falschen Freundes, der sie zu seinesgleichen machen wollte - grausam und skrupellos.
Vor diesem Schicksal musste Donovan sie bewahren, koste es was es wolle. Er hatte die ganze Macht des Patriarchen auf seiner Seite, bewaffnete Truppen, selbst mächtige Gedankenlenker, wie Fortunagra angedeutet hatte.
Und Duquesne, Duquesne mit seiner kalten Brillanz. Sein Wille war stark, er stand dem Jermyns nicht nach und er konnte sich verschließen. Dass sein Halbbruder Jermyn mit der gleichen Inbrunst hasste wie er selbst, war Donovan in den Gewölben nicht entgangen.
Wenn Ava sich unter seinen Schutz gestellt hatte, würde er Duquesne auf ihren Verführer hetzen, es würde ihm schon gelingen, sie gegen alle Vorwürfe zu verteidigen. Hatte sie sich erst aus Jermyns Gaukelwerk befreit, so konnte sie auch ihre eigenen, außerordentlichen Kräfte gegen den Schuft richten, die beiden hatten sich nie miteinander gemessen ...
Donovans Herz klopfte heftig. Er würde es wagen, er würde sie befreien und zu sich emporheben und niemand würde mehr hinter seinem Rücken über ihn lachen. Sein Blick fiel auf die letzten Worte des Briefes.
Morgen nach Sonnenuntergang sehen wir uns im Mittelpunkt des Labyrinths im Palast des Patriarchen. Du hast mir die Hoffnung zurückgegeben - auf bald!
In wenigen Stunden war es soweit. Er würde ihr gegenüberstehen, seiner geliebten Ava, und wenn alles überstanden war, würde er sie seinem Vater zuführen, die Braut, die ihm von Anfang an zugedacht war und die er aus eigener Kraft errungen hatte. Und niemals brauchte der Vater zu erfahren, dass er ihr den Schleier der Herrscherin vor dem heiligen Ehegelöbnis gegeben hatte.
Viele Sagen weben sich um die Gründung der Großen Stadt Dea, getreulich von Generation zu Generation überliefert, aber an wenigen Geschichten hat sich die Phantasie der Nachgeborenen so entzündet wie an der Legende von dem großen Labyrinth, in dem der Held Ulissos beinahe einen schmählichen Tod gefunden hatte.
Murrend hatten sich die Völker der lathischen Halbinsel, an deren Küste die Göttin Demaris die Schiffe ihres Geliebten Ulissos geführt hatte, unter das Joch der hochgewachsenen Fremden gebeugt. Den stählernen Waffen der Eroberer konnten sie nichts entgegensetzen. Die Götter des Landes aber, dunkler und schwächer als die strahlende, aufbrausende Meeresgöttin, hatten auch nach der Niederlage des mächtigen Flussgeistes Neptos versucht, das Joch der Fremden abzuschütteln.
Sie schufen ein sinnverwirrendes Labyrinth aus Gestrüpp, trügerischen Sümpfen und Wasserläufen, über das sie betäubende Dünste legten. Dann lockten sie den Helden Ulissos mit dem Versprechen, ihm treue Gefolgschaft zu leisten, wenn es ihm gelang, zum Mittelpunkt des Labyrinths vorzudringen und den Stein zu heben, der über der Goldenen Quelle lag, dem Herzen der Halbinsel.
Vergeblich bat Demaris ihren Geliebten, der Verlockung zu widerstehen. Sie wusste, dass in den Wassern des Landes das Verderben auf ihn lauerte, aber Ulissos ließ sich nicht abbringen. Es drängte ihn, Frieden in seinem Land zu haben, und er gierte nach dem unerschöpflichen Reichtum der Goldenen Quelle. Er nahm die Herausforderung an und betrat mit seinen drei tapfersten Gefährten das Labyrinth. Er tat es, ohne Demaris davon zu sagen, denn manchmal empörte sich sein männlicher Stolz gegen die liebevolle Sorge der göttlichen Geliebten. Doch die lathischen Götter hatten viele tödliche Fallen und Hindernisse in dem Labyrinth versteckt, die den Helden zum Verhängnis wurden.
Schwarzer Schlamm verbarg sich unter trügerischen Rasensoden, harmlose kleine Teiche spien dem Durstigen, der sich über sie beugte, kochendes Wasser ins Gesicht, Lichtungen lockten, in denen es von giftigem Getier wimmelte. Und, schlimmer als, das waberte Nebel über allem, dessen verräterische Schwaden sich zu immer neuen Bildern zusammenballten, in denen den erschöpften Männern ihre schlimmsten Ängste begegneten. Der erste der Gefährten stürzte rücklings in einen Teich brodelnder Jauche, als er vor den langen Greifarmen des Kraken zurückwich, der ihn während ihrer langen Überfahrt in die Tiefe gerissen
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