AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
- ein verliebtes Paar, das in dem Irrgarten einen Moment ungestörter Zweisamkeit genoss. Ein heimlicher Lauscher aber hätte sich über ihr Gespräch gewundert.
»Gib acht, ich erzähle dir jetzt, was wir vorhaben, um den Vogel zu fangen. Isabeau hat ihm ein schmachtendes Briefchen geschrieben, in dem sie ihn nach Einbruch der Dunkelheit hierher bestellt. Wir werden ihn ein wenig zappeln lassen, dann komme ich, in Männerkleidung. Das fällt mir nicht leicht, glaube mir. Ich begreife nicht, wie sich die Schlampe darin wohlfühlt. Unverhüllte Beine, pfui. Er wird jedoch sofort glauben, dass ich sie bin. Natürlich trage ich eine Kapuze, die ich tief ins Gesicht ziehen werde. Isabeau hat ihn in dem Brief darauf vorbereitet, dass ich mich wie ein scheues Rehlein benehmen und ihm kaum mehr erlauben werde, als meine Hand zu küssen.
Und er, der Gimpel, in seiner törichten Ritterlichkeit wird sich daran halten, davon bin ich überzeugt. Sollte ihn jedoch die Leidenschaft übermannen, kommst du ins Spiel. Wie gut, dass es dir gelungen ist, dich in die Wache in diesem Teil des Schlosses einteilen zu lassen, Paul.«
Margeau kniff den jungen Mann zärtlich in die Wange. Er grinste und drückte sie fester an sich.
»Ja, bin selbst stolz darauf. Ich hab mir in der letzten Zeit ein paar kleinere Entgleisungen zu Schulden kommen lassen, nichts Ernstes: eine leichte Weinfahne, ein wenig Unpünktlichkeit, gerade soviel, dass unser guter Hauptmann den Eindruck bekam, er müsse mir eine Lehre erteilen. Also wurde ich von seiner herrlichen Feier ausgeschlossen und zum Wachdienst eingeteilt. Oh, wie war ich unglücklich, und großmütig wie er ist ließ er mich aussuchen, wo ich Wache schieben wollte.«
Er wies mit dem Kopf hinauf zu der Galerie, die sich auf der östlichen Seite des Palastes auf das Labyrinth hinaus öffnete. Sie wurde nachts selten besucht, da nur Amtsräume von ihr ausgingen, aber da sich immer wieder arme Teufel, die ihren Hunger nicht anders stillen konnten, hinaufschlichen, um die Liebespaare zu bespitzeln, hatte der Patriarch auf Verlangen seiner Edlen eine Wache hinaufbeordert.
Die Männer waren gehalten, nur flüchtige Blicke über das Labyrinth schweifen zu lassen und ihre Wachsamkeit auf die Galerie zu beschränken, aber wer wollte das kontrollieren? Der Posten war langweilig, aber es hatte schon saftige, kleine Skandale gegeben.
Margeau nickte zufrieden.
»Gut, ich werde ein weißes Tuch an mir tragen, damit du mich leichter erkennen kannst. Nachdem wir uns eine Weile angebalzt haben, werde ich ihn abwimmeln und mit dem Schleier zu Isabeau schleichen. Das ist der gefährliche Teil, genau wie der Weg ins Labyrinth. Sie würden schöne Augen machen, wenn sie eine Frau in Männerkleidung begegneten. Ich werde mir also das Mantelkleid überwerfen, das ich auf dem Herweg getragen und in irgendeiner Kammer abgelegt habe. Damen, in weiten Umhängen, die nachts durch diesen Palast streifen, erregen kein Aufsehen, wie ich aus Erfahrung weiß.«
Sie lächelte ihm verschwörerisch zu. »Ich werde meine Kusine mit ihrem Stoff-Fetzen glücklich machen und die Kleider wechseln. Dieses alberne Männerzeug müssen wir verschwinden lassen, ach ja, wie ist es mit diesen Händlern, von denen du gesprochen hast? Sind sie bereit, die Kleine wegzuschaffen, die die Briefe in Donovans Schlafzimmer geschmuggelt hat? Er ist wahrhaftig ein sonderbarer Tropf: Wochenlang hat er geglaubt, jemand klettere an seiner Mauer empor - als ob man nicht auch von innen etwas an das Gitter stecken könnte!«
Paul de Berengar nickte, ergriff ihre Hand und biss in ihren kleinen Finger.
»Lass das! Antworte, kann ich mich darauf verlassen, dass sie auf Nimmerwiedersehen verschwindet?«
»Ja, mein edles Fräulein«, erwiderte der junge Mann ergeben, »ich habe ihren Galan bestochen. Er wird mit ihr eine Schenke in der Nähe des Hafens aufsuchen und dort werden sie überfallen, so ein Pech. Er bekommt einen Schlag auf den Kopf, von dem er glaubt, dass er ihn überlebt, und sie wird, oh Schreck, geraubt, um in einem Bordell an den südlichen Küsten Seeleute zu beglücken.«
Margeau atmete auf und überließ ihm gnädig ihre Hand.
»Das ist gut, aber höre, das Geld bekomme ich.«
Paul hob die Brauen.
»Ach ja? Und was ist mit meinen Ausgaben? Mein Sold ist alles andere als üppig und der alte Ralf hält die Groschen fest beisammen.«
»Dann teilen wir. Treib den Preis in die Höhe. Das Mädchen ist sehr jung, gewiss ist sie noch
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