AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
nickte.
»Allerdings, besser als mir lieb ist, den eingebildeten Hund. He«, er starrte sie an, »sag nicht, dass du auch schon auf den getroffen bist?!«
»Doch, er hat mich einmal von einem Ausritt heimbegleitet. Hin und wieder bin ich ihm im Stadthaus begegnet.« Und ich fand ihn nicht eingebildet, wollte sie hinzufügen, aber seine finstere Miene hielt sie zurück.
»Er hat mich übrigens auf deine Spur gebracht«, sagte sie stattdessen, aber auch das gefiel ihm nicht.
»Ach nee, soll ich ihm jetzt auch noch dankbar sein? Ich will nicht, dass du was mit dem zu tun hast! Immer kommen mir die verdammten Patriarchenbengel in die Quere«, stieß er aufgebracht hervor. »Erst Donovan, der zwar ein Schwachkopf ist, aber immerhin einen Thron erbt und jetzt Duquesne, der selbsternannte Hüter der Stadt. Er versucht Donovan auszustechen und ist weder ein Schwächling noch ein Träumer. Nur ein Bastard – ein Bastard des Alten, aber das macht dir gewiss nichts aus, du gibst dich ja sogar mit Gassenlümmeln ab.«
Er ließ ihre Hand los und lief grimmig neben ihr her.
Ninian betrachtete verstohlen seine niedergeschlagene Miene und verschluckte die neckenden Worte, die ihr auf der Zunge lagen. Wieder einmal wunderte sie sich über seine lächerliche Eifersucht auf Donovan. Und Duquesne? Gewiss, er war ein angenehmerer Reitgenosse als Artos Sasskatchevan gewesen, aber das war auch alles. Sie konnte sich kaum daran erinnern, wie er aussah, sie war viel zu sehr mit diesem Gassenlümmel beschäftigt, der so rücksichtslos um sich schlug, wenn er verletzt war.
»Jermyn, du bist ein Esel, weißt du das?«
Er sah sie finster an, aber sie streckte ihm die Hand entgegen.
»Hilfst du mir? Ich habe keine Lust, mir die Knöchel in diesen Spalten zu brechen.«
Einen Augenblick lang schwieg er mürrisch, dann lachte er kurz auf.
»Du hast Recht, wahrscheinlich bin ich ein Esel. Komm, wir sind gleich da, da vorn hat die Hüpferei ein Ende. Unter dem ersten Bogen hat er seinen Laden.«
Wenig später standen sie im Schatten der Brücke und nachdem er sich versichert hatte, dass Vitalonga alleine war, betraten sie den kleinen Laden, dessen Dämmerlicht nach dem Gleißen des Flusses wie tiefe Dunkelheit schien.
Jermyn gähnte, dass ihm fast der Kiefer auseinander sprang. Die schlaflose Nacht forderte ihren Tribut, in Vitalongas stickigem Gewölbe hatte ihn grenzenlose Müdigkeit überfallen.
Vergeblich suchte er eine bequeme Stellung auf dem flachen Sitzkissen und schielte sehnsüchtig nach dem Messingkännchen, doch Vitalonga bemerkte weder den Blick noch das Gähnen. Es fiel ihm nicht ein, seinen Gästen etwas anzubieten.
Sobald er Jermyn erkannt hatte, war Leben in den Kunsthändler gekommen. Er hatte eine Tafel an die Ladentür gehängt, sie sorgfältig verriegelt und war vor den jungen Leuten ins Hinterzimmer geschlurft. Auch diese Tür hatte er verschlossen und gierig die Hände nach dem schwarzen Lederbeutel ausgestreckt. Ninian hatte er gar nicht beachtet. Für die vergängliche Schönheit einer jungen Frau schien er angesichts der einzigartigen Juwelen kein Auge zu haben.
Jetzt lagen die sagenhaften Schmuckstücke auf dem niedrigen Tisch ausgebreitet und seine Hände liebkosten verschlungene Metallarbeiten, glühende Juwelen und schimmernde Perlen. Unheimlich vergrößert blickte sein rechtes Auge durch eine geschliffene Kristallscheibe, die er aus den Tiefen seines speckigen Gewandes gezogen und in die Augenhöhle geklemmt hatte. Eines nach dem anderen nahm er die Kleinodien in die Hand und betrachtete sie ehrfürchtig, drehte und wendete sie mit einer Zartheit, mit der eine Frau ihr Erstgeborenes behandeln mochte. Dabei nickte er mit dem Kopf, spitzte die Lippen und brachte leise, anbetende Laute hervor. Es hätte Jermyn amüsiert, wäre er nicht so müde gewesen.
Ihn ließen die Juwelen kalt, weder ihre Schönheit noch ihre fabelhafte Geschichte beeindruckten ihn. Nachdem er sie errungen hatte, waren sie nur Beute, die er zu Geld machen wollte. Den Kopf in die Hand gestützt, beobachtete er statt dessen Ninian, die steif mit überwachen Augen auf ihrem Kissen saß. Ob sie die Juwelen wohl begehrte, wie die meisten Frauen? Er malte sich aus, wie sie, mit dem uralten Brautschatz der Castlerea geschmückt, in seinem Schlafgemach auf ihn wartete. Die Vorstellung gefiel ihm, bis er merkte, dass ihre Miene nicht verlangend, sondern ablehnend war.
Vitalonga hatte seine sorgfältige Prüfung beendet, er legte das
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