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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Kabinett, wo sind die? Willst du mich noch weiter ausquetschen? Es waren private Papiere, die niemanden etwas angingen, sie waren mir anvertraut.«
    »Anvertraut nennst du das? Ich weiß, wofür du diese Schriftstücke gebraucht hast, aber ich will dir gerne zeigen, wo sie sind, du brauchst nicht einmal dafür zu zahlen. Auch meine Geldgier hat schließlich Grenzen.«
    Ein Hoffnungsschimmer flog über das hagere Gesicht und als Jermyn aufstand, folgte der Edelmann eilfertig.
    »Wenn du sie mir zurückgibst, will ich noch etwas drauflegen«, sagte er gönnerhaft, aber der ängstliche Unterton war nicht zu überhören.
    »Du kannst gerne mitnehmen, was du davon noch brauchen kannst«, warf Jermyn lässig über die Schulter.
    »Wir können auch teilen«, plapperte Fortunagra, sichtlich erleichtert, »die Stadt ist groß genug für uns beide, ich will dir ein paar der Schriftstücke überlassen, nur die wichtigsten nehme ich für mich ...«
    Seine Stimme erstarb, mit aufgerissenen Augen starrte er auf das Häuflein Asche am Boden. Jermyn stocherte mit der Stiefelspitze in der fast erloschenen Glut.
    »Du ... du hast sie verbrannt, meine Papiere, die Arbeit von Jahrzehnten, alles verbrannt ...« Bisher hatte Fortunagra Haltung bewahrt, nun fiel er in sich zusammen, die Haut spannte sich über seinem Gesicht wie über einem Totenschädel. Schweratmend beugte er sich zu dem Aschenhaufen hinunter, berührte die grauweißen Flocken und zuckte zurück, als die heiße Asche seine Finger verbrannte. Mühsam richtete er sich auf, als spüre er mit einem Mal die Last seiner Jahre.
    »Warum hast du das getan?«, fragte er fassungslos, »hast du die Schriftstücke nicht angesehen? Sie hätten dich zum mächtigsten Mann der Stadt gemacht, du hättest meine Nachfolge antreten können und herrschen können über die Niedrigen und über die Vornehmen. Ich habe diese Papiere über viele Jahre zusammengetragen, sie haben mich zum wahren Herrscher dieser Stadt gemacht. Und du hast sie einfach verbrannt. Wahrhaftig, ich habe mich in dir getäuscht – ich dachte, du hättest Weitblick, eine Vision, wie ich sie in deinem Alter hatte. Aber nein, du bist tatsächlich nichts weiter als ein Dieb, ein kleiner, schäbiger Dieb.«
    Er hatte mit wachsender Verachtung gesprochen und mit den letzten Worten spuckte er Jermyn vor die Füße, dass die Speicheltropfen aufzischten, wo sie in die Glut trafen. Jermyn rührte sich nicht.
    »Da hast du wohl recht«, erwiderte er kalt, »ich bin keine Kanalratte, die von der Scheiße der anderen lebt. Ich habe nicht den Ehrgeiz, diese Stadt zu beherrschen, ich nehme mir nur, was ich will, genau wie du. Aber jetzt hab ich genug von deiner Fresse, verschwinde hier und schaff das Gold vor Sonnenuntergang her, sonst hetze ich dir Duquesne auf den Hals.«
    Der Ehrenwerte Fortunagra antwortete nicht. Er starrte immer noch auf den Haufen Asche. »Hast du alles verbrannt?«, fragte er beiläufig, »oder hast du doch etwas zurückgehalten?«
    »Alles, was ich mitgenommen habe«, erwiderte Jermyn misstrauisch, »warum?«
    »Alles, was du mitgenommen hast«, wiederholte Fortunagra mechanisch, ohne auf die Frage einzugehen. Lauernd fügte er hinzu:
    »Hast du die Schriftstücke durchgelesen?«
    Jermyn machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Nein, ich wollte mir nicht den Magen verderben. Einige hab' ich mir angesehen, um zu wissen, wen du alles an der Angel hattest. Solltest du irgendwelche Teufeleien versuchen, wird etwa der Bulle erfahren, dass du kein Druckmittel mehr gegen ihn in der Hand hast. Was glaubst du wohl, wie lange es dauern würde, bis der dir den Schädel eingeschlagen hätte?«
    Der Ehrenwerte zog zischend den Atem ein.
    »Wer ist das?«, flüsterte Ninian Wag zu.
    »'n berühmter Gladiator, stark wie'n Stier, hat lange in den Farben des Ehrenwerten gekämpft. Hab mich oft gefragt, warum. Er is eigentlich 'n guter Kerl ...«
    Er schwieg, denn Jermyn sprach weiter.
    »Auch Guy d'Aquinas wird nicht gut auf dich zu sprechen sein, nachdem du ihn jahrelang unter Druck gesetzt hast, von der edlen Gemahlin des Patriarchen ganz zu schweigen. Sie alle können dir das Leben verdammt schwer machen. Spar dir also deine Rachegedanken, sieh lieber ein, dass du diesmal den Kürzeren gezogen hast und sei froh, dass ich mich mit dem Gold zufrieden gebe.«
    Eine Weile stand der Ältere unbeweglich und starrte seinen jungen Herausforderer abwägend an, bevor er sich mit einem Schulterzucken abwandte. »Ich lasse das Gold

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