AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
kostet dich nicht mehr, ist schließlich mein Fehler gewesen. Jetzt verschwinde.«
Dangast schwieg. Er war ein stiernackiger Mann, mit schwerem vorspringendem Kinn und kein Mann hätte so mit ihm gesprochen, ohne es zu bereuen. Nach einem Blick in das dunkle, furchterregende Gesicht der Hautstecherin, senkte er die zornigen Augen und zog sich an, ächzend, als das Hemd die wunde Haut berührte.
»Wann soll ich kommen? Morgen?«, knurrte er und hielt den rechten Arm ängstlich von sich gestreckt. LaPrixa zögerte, dann schüttelte sie den Kopf.
»Nein, ich weiß nicht ... kann sein, dass es etwas dauert, bis ich einen neuen Farbenstab auftreiben kann. Ich lass dich wissen, wann es soweit ist.« Sie nickte ihm zu und verschwand mit schwingenden Röcken und klirrenden Zöpfen.
Als Ninian zögernd das Spiegelzimmer betrat, saß LaPrixa vor einem aufgeschlagenen Buch und trug mit einer angespitzten Rabenfeder Zahlen ein. Vor ihr stand eine Karaffe mit bernsteinfarbenem Wein. Sie hatte eine Weile warten müssen und zu ihrem Ärger hatte das Glas in ihrer Hand gezittert. Jetzt wirkte sie ruhig, nur Cheroot hätte ihr die Erregung angesehen.
Ninian blieb an der Tür stehen. »Oi, LaPrixa, du wolltest mich sehen?«
Die Hautstecherin überhörte den abweisenden Ton und lehnte sich gelassen in ihrem Stuhl zurück.
»Oi, mein Schatz, wo hast du deinen Schatten gelassen, den hochgeschätzten Jermyn?«
Ninians Augen wurden schmal, rote Flecken erschienen auf ihren Wangen. »Er ist nicht mein Schatten, und woher soll ich wissen, wo er ist? Bin ich sein Kindermädchen?«
LaPrixas Augenbrauen schossen in die Höhe.
»Oho, ein Streit unter Liebenden, wie rührend! Was hat er angestellt, unser großspuriger Freund, hä? Aber setz dich doch, Mädchen.«
Ninian kam näher, ihre Hände umklammerten die Stuhllehne, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Großspurig, ja, da hast du recht, das ist er und eingebildet und immer im Recht und selbstverständlich bin ich schuld an allem und niemals«, sie stieß den Stuhl gegen den Tisch, dass der Wein aus dem Glas schwappte, »niemals gibt er zu, dass er was falsch gemacht hat und ich darf keinen anderen Mann ansehen, aber er ...«
Atemlos hielt sie inne und LaPrixa sah zornige Tränen in den hellen Augen. Wütend wischte Ninian sie weg und beugte sich vor.
»Er hatte eines von deinen Mädchen«, sagte sie mit harter Stimme. »Wusstest du davon? Wer ist sie?«
Das war es also. Sie hatte Jermyns Tändelei mit Bysshe herausgefunden und sie nahm es schwer. LaPrixa frohlockte innerlich, aber sie zögerte mit der Antwort. Wenn sie es geschickt anstellte, konnte sie Jermyn großen Schaden zufügen. Gelang es ihr, ihm die kleine Hübsche zu entfremden, einen Keil zwischen diese beiden Unzertrennlichen zu treiben, würde ihn das härter treffen als alles andere, was sie ihm antun konnte. Das Mädchen war die eine schwache Stelle dieses überheblichen Jünglings.
Seit ihrer ersten Begegnung hatte LaPrixa sich über ihn geärgert. Geschickt hatte er sie für seine Zwecke eingespannt und sie deutlich spüren lassen, dass sie ihm nichts anhaben konnte.
Aber er hatte ihr auch einen großen Dienst erwiesen, in dem er ihr die Freiheit zurückgegeben hatte, selbst wenn es unwissentlich geschehen war. Sie stand in seiner Schuld und so hielt sie sich an die Wahrheit.
»Ja, ich wusste davon, Bysshe hat es mir erzählt. Aber es ist lange her, er hatte schon eine ganze Weile aufgehört sie zu besuchen, als du hier aufgetaucht bist. Für sie war es ernst, sie ist von Dea weggegangen, als er sie verlassen hat.«
Ninians Hände lösten sich ein wenig von der Stuhllehne und sie tat einen tiefen Atemzug. »Bysshe«, flüsterte sie, »wie sah sie aus? Wie ... wie ich?«
LaPrixa schüttelte den Kopf.
»Nein, sie ist größer und rundlicher als du und sie hat rotes Haar.«
»Rote Haare – hat er sie deshalb ausgewählt?« Sie biss sich auf die Lippen, als schämte sie sich, danach zu fragen.
» Sie hat ihn ausgewählt!«, erwiderte LaPrixa ärgerlich, »er hat ihr gefallen, ja, nicht zuletzt wegen der Haare. Sie meinte, wenn sie ein Kind hätten, würde es ein richtiger Feuerbrand.«
Ninian zuckte bei dieser gezielten Grausamkeit zusammen, aber das ließ LaPrixa kalt. Bysshe war eines ihrer Mädchen gewesen und dass sie unter der unerwiderten Liebe zu Jermyn gelitten hatte, war nicht zuletzt die Schuld dieser kostbaren kleinen Schönheit.
Ninian ließ sich auf den Stuhl fallen und vergrub die
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