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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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geteilt haben – besonders gut siehst du nicht aus. Solche dunklen Schatten unter den Augen ... und ich weiß ja, dass hohe Wangenknochen schön sind, aber man muss ja nicht übertreiben. Und dieses Kleid – es ist wirklich ganz reizend, aber warum trägst du ein Reitkleid, wenn du zu Fuß gehst? Das ist schlechter Stil, meine Liebe!«
    Ninian hatte es zunächst die Sprache verschlagen, aber nachdem er sein fachmännisches Urteil beendet hatte, fuhr sie ihn an:
    »Nicht so wie deine prächtige Sabeena, was? Wenn du fertig bist mit deinen Beobachtungen, halt bitte an und lass mich absteigen!«
    »Obacht, festhalten!«
    Ein aufgeschreckter Vogel war vor der Nase des Braunen aufgeflattert und eine ganze Weile konnte sie nichts anderes tun, als sich an die Griffe zu klammern, während Kaye versuchte, das aufgescheuchte Pferd in die Gewalt zu bekommen. Als sie, alle drei schwer atmend, endlich zum Stehen kamen und Kaye den Wagen unter dem wütenden Schimpfen der anderen Reiter an den Wegrand gelenkt hatte, sagte er reuevoll:
    »Verzeih mir, Ninian, ich hatte kein Recht, so zu reden. Aber manchmal geht es mit mir durch, dann kann ich nicht mehr an mich halten. Der Fürstin hat das auch schon nicht gefallen.«
    Über sein verstörtes Gesicht lief ein breiter Schmutzstreifen und wider Willen musste sie lachen.
    »So? Na, da bin ich ja in guter Gesellschaft. Aber wahrscheinlich hast du recht, ich hab mich etwas, hm, vergessen in der letzten Zeit. Ich werde dich besuchen und wir wollen sehen, ob ich nicht doch an Sabeena heranreiche.«
    »Ach, lass doch Sabeena«, schmollte er, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und verteilte den Schmutz noch gründlicher, dann hellte sich seine Miene auf.
    »Komm bitte, ich freu mich. Mein Laden ist in der Tuchmachergasse, sehr klein zwar, aber an der richtigen Stelle. Ein, äh, Freund hat mir ein Schild gemalt mit meinem Namen, keine alberne Schere oder so was.«
    Kaye setzte sie am Rande des Ruinenfeldes ab. Seine Einladung, mit ihm zu essen, lehnte sie freundlich ab und seine neugierige Frage, was sie an diesem traurigen Ort wolle, überhörte sie. Er warf ihr eine Kusshand zu und brauste mit seinem Braunen davon.
     
    Niedergeschlagen machte sie sich auf den Weg zum Palast. Über der Begegnung mit Kaye hatte sich der Aufruhr in ihrem Innern ein wenig gelegt und mit klopfendem Herzen kletterte sie den Treppenpfeiler hinauf, nicht sicher, ob sie wünschte oder fürchtete, dass Jermyn zurück war.
    Doch die Räume lagen still und verlassen. Im schwindenden Licht wirkte ihr Schlafgemach düster und sie bückte sich abwesend, um ein Hemd aufzuheben.
    Ein einzelner Stiefel lag daneben, über der Lehne des einzigen Stuhls hingen Beinlinge und ein Busenband, auf seinem Sitz standen leere und halbvolle Becher. Einer war umgefallen und sein Inhalt hatte einen hässlichen, fahlen Fleck hinterlassen. Das Kaminsims zierte eine ganze Sammlung von Kerzenstummeln, ihr Wachs war über die Halter geronnen und erstarrt. Teller mit angetrockneten Speiseresten bedeckten den Boden, ebenso wie Kleidungsstücke, zerknittert und feucht, nachdem Jermyn den Wasserkrug umgestoßen hatte. Ninian schüttelte sich. In diesem Saustall hatten sie wochenlang gehaust?
    Der Anblick des zerwühlten Betts widerte sie an. In den vergangenen Nächten war es unvermindert heiß gewesen, Decken und Laken waren fleckig, sie mussten von Schweiß durchtränkt sein, von Schweiß und anderem ... sie ließ das Hemd fallen, plötzlich fühlte sie sich besudelt. Die abgestandene Luft stank, sie musste würgen. Tränen traten ihr in die Augen und sie stürzte aus dem Zimmer, ohne zu überlegen, ob sie gegen sich oder Jermyn wütete.
    Waschen wollte sie sich, tief und lange ins Wasser eintauchen, um Schweiß und Schmutz loszuwerden und sich von Jermyns Geruch zu befreien, der seit ihrer ersten Umarmung an ihr haftete. Wie an der anderen gehaftet haben musste, mit der er das gleiche getan hatte.
    Sie kletterte den Pfeiler hinunter und rannte blindlings durch die Trümmer des Innenhofs, über die zerborstenen Steinplatten der alten Straßen, gehetzt von der Wut, die sie schüren musste, um dem Entsetzen zu entfliehen, das in dem dunklen Zimmer lauerte. Etwas Süßes und Kostbares hatte sich in ein falsches, widerwärtiges Spiel verwandelt, vor dem es sie ekelte.
     
    Der Mann lag auf der Seite, die Augen geschlossen, das Gesicht auf den ausgestreckten Arm gepresst. Es war grau und seine Stirn glänzte von Schweiß. In den Augenwinkeln

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