AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
hatten bei der Anzahl und dem Geschlecht ihrer Partner keine Scham gekannt und bald glühten Ninians Wangen vor Verlegenheit. Aber sie spürte auch ein vertrautes, sehnsüchtige Ziehen im Leib und lächelte verstohlen.
LaPrixa sah sowohl die Röte als auch das Lächeln. Die Narben über ihren Augen zogen sich finster zusammen. Sie hob die Lampe.
»Schau, die Kerle haben auch damals die Abwechslung geliebt.«
Das Licht fiel auf ein Knäuel verschlungener Menschenleiber, in dem man mit etwas Mühe einen Mann und zwei Frauen erkennen konnte.
Sie grinste hämisch und Ninians Lächeln verschwand wie weggewischt. Über ihren Kränkungen brütend, folgte sie LaPrixa, die eine schwere Holztür aufschloss.
Der Raum war größer als die anderen Baderäume und wohnlicher eingerichtet. Das hochgemauerte Becken bot drei oder vier Badenden auf marmornen Stufen Platz. Fische, vielarmige Kraken, Muscheln und Wasserpflanzen und buntgefiederte Wasservögel schienen ein geheimes Leben an den Wänden zu führen und aufs Neue gefesselt von der Kunstfertigkeit der Alten trat Ninian ein.
»Das ist mein eigenes Badegemach«, sagte LaPrixa und schloss sachte die Tür. Ninian nickte abwesend in die Betrachtung der Bilder versunken. Staunend berührte sie schimmernde Schuppen, eine schwellende Knospe und blieb endlich vor einer kleinen Nische stehen. Vor einer Votivtafel brannte süß duftendes Öl in einem gläsernen Lämpchen.
»Wer sind die beiden?«
LaPrixa kam zu ihr. »Das? Die Götter der Fruchtbarkeit und der Liebesraserei, Astareth und Priapos – es ist ratsam, sie günstig zu stimmen, diese beiden, das müsstest du doch wissen, oder?«
Ninian achtete nicht auf die Anzüglichkeit. Gebannt starrte sie auf die kleine männliche Gestalt, die das gewaltige Glied, das aus ihrer Leibesmitte ragte, kaum zu tragen vermochte.
»Die Rute des Priapos«, sagte sie langsam und LaPrixas Perlenbrauen schossen in die Höhe.
»Oho, Schätzchen, woher weiß denn ein kleines Mädchen vom Land von diesen verbotenen Dingen?«
Ninian ging nicht darauf ein. »Weißt du, was es damit auf sich hat?«
»Was soll es schon damit auf sich haben? Priapos ist der Hüter der Manneskraft, der Herr der Ausdauer, des Stehvermögens, was weiß ich. Die Kerle machen einen unglaublichen Wirbel darum. Frauen sollten nichts von ihm wissen, er ist einer der verborgenen Götter – tabu.«
»Und was bedeutet es, bei der Rute des Priapos zu schwören? Jermyn wollte mir nichts darüber sagen.«
LaPrixa pfiff durch die Zähne.
»Das glaub ich gern. Sie machen ein großes Geheimnis daraus, die armen Narren. Wer diesen Schwur bricht, der kriegt den Schwanz nicht mehr hoch – der Gott entzieht ihm seine Gunst und was Schlimmeres gibt's für die armen Schweine nicht. Wenn du also willst, dass ein Mann sein Wort hält, lass ihn bei der Rute des Priapos schwören, das gilt ihnen mehr als Leben oder Ehre. Wolltest du Jermyn dazu bringen, bei der Rute ...«
»Unsinn, ich bin doch nicht blöde!« LaPrixa brach in schallendes Gelächter aus. Ninian errötete und um ihre Verlegenheit zu verbergen, fauchte sie: »Was ist? Kann ich jetzt baden oder nicht?«
»Schon gut, schon gut, mein Täubchen«, beschwichtigte LaPrixa sie, »sicher kannst du baden. Dauert nur einen winzigen Augenblick.«
Sie klopfte an ein Rohr, das aus der Wand trat und sprach hinein.
»Öffnet die Röhren zu meinem Baderaum und bringt heiße Tücher. Ich bin für niemanden zu sprechen, hört ihr, für niemanden und wenn's der alte Cosmo selbst wäre. Sagt, ich bin nicht da. Und beeilt euch!«
»Ich kann auch alleine baden«, wandte Ninian ein, befremdet über die Dringlichkeit, mit der die Hautstecherin gesprochen hatte, »ich will dir nicht zur Last fallen.«
»Oh, mach dir keine Gedanken«, erwiderte LaPrixa hastig, »das war nur so dahergeredet, ich habe Zeit genug. Du würdest mit meinen kleinen Vorrichtungen nicht zurecht kommen und wie wäre es mit einer netten Abreibung?«
»Lass mich in Ruhe mit Abreibungen«, knurrte Ninian.
»Warum? Sie täte dir gut, du siehst aus, als seist du völlig verspannt.«
Die Hautstecherin hatte die Schuhe ausgezogen, ihre bloßen Füße klatschten auf dem schwarzweißen Steinboden, während sie sich in dem Baderaum zu schaffen machte.
Ninian stand immer noch unschlüssig in der Mitte des Raumes, als es klopfte. LaPrixa öffnete, nahm dem Bademädchen den großen, zugedeckten Weidenkorb aus der Hand und schlug ihr die Tür vor der Nase zu. Den Schlüssel
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