AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
wie so oft versank Donovan in der rosigen Welt eines köstlichen Tagtraumes.
Jermyn erwachte mit schmerzendem Schädel und brennenden Augen. Die Sonne stand schon hoch im Mittag, seine ganze Zelle war in Licht getaucht. Er blinzelte geblendet, trotz des langen Schlafes fühlte er sich elend und zerschlagen. Er verfluchte die Schlaftropfen, während er sich mühsam aufrichtete. Sein Mund war trocken und der Hals schmerzte, aber als er nach dem Wasserkrug angelte, war kein Tropfen darin.
Jermyn stöhnte. Er hatte nicht die geringste Lust, unter Menschen zu gehen, aber der Durst quälte ihn. Mit dem Krug schlich er die Treppe hinunter.
Vom Küchentrakt scholl Topfgeklapper und das Lachen der Helfer. Unschlüssig blieb er stehen.
Im Kreuzgang auf der anderen Seite gab es auch einen Brunnen. Man musste nur den Innenhof überqueren und der war menschenleer.
Der Kiesweg glitzerte weiß im Sonnenlicht, als Jermyn aus dem kühlen Schatten trat und halb blind durch das Gras tappte. Er hatte die große Zeder fast erreicht, als er in dem flirrenden Licht Ninian vor sich sah, weißgekleidet und schimmernd wie in der Nacht.
Jermyn erstarrte. Einen Augenblick lang dachte er, sie tanze in Fleisch und Blut vor ihm, dann merkte er, dass seine Lider geschlossen waren und ehe er wusste, was geschah, entrollte sich eine Schau vor seinem inneren Auge.
Sie war nicht allein, Donovan war bei ihr und viele andere Tänzer. Das Bild änderte sich. Eine große, buntgekleidete, jubelnde Menschenmenge, sie bildete eine Gasse und Ninian schritt hindurch, mit blitzenden Juwelen geschmückt, neben ihr ein Mann in prächtigen Kleidern – Donovan. Zu zweit standen sie in einem hohen Raum, vor ihnen ein Priester in goldenem Gewand. Jetzt wirbelte eine festliche Gesellschaft in wildem Tanz durcheinander, Ninian strahlte Donovan verliebt an, ließ es zu, dass er sie an sich zog, sie lang und innig küsste.
Jermyns Magen drehte sich um.
Er sah Donovans Gedanken. Der Trottel konnte sich nicht verschließen, er war wie ein offenes Buch und er träumte von einer Hochzeit. Von seiner Hochzeit mit Ninian ...
Die Sperren, die Jermyn errichten konnte, um sich vor den Gedanken der anderen zu schützen, waren nach dem langen, betäubten Schlaf schwach und durchlässig. Wie gelähmt musste er mit ansehen, was Donovans Herz und Hirn erfüllte. Die Bilder waberten in rötlichem Schein, dunkler und dunkler, je weiter Donovans Phantasien ihn mit sich fortrissen. Das nächste Bild flackerte, dann setzten sich die Fetzen zu einem Ganzen zusammen, deutlich in allen Einzelheiten und gestochen scharf. Jermyns geschlossene Lider brannten, als sei Sand darunter geraten.
Ein prächtiges Gemach, die festlichen Kleider lagen am Boden, ein großes, bräutlich geschmücktes Bett und darin ein Paar, nackt, in leidenschaftlicher Umarmung. Donovan hatte das Ziel seiner Wünsche erreicht.
Mit einem Wutschrei befreite Jermyn sich von der Vision, das Bild in seinem Kopf zersprang. Er fuhr herum, Donovan musste ganz in der Nähe sein, sonst wären die Bilder nicht so klar gewesen ... dort, unter der großen Zeder, saß der Träumer.
Aufgeschreckt aus seinen süßen Träumen starrte er geradewegs in die lodernden, schwarzen Augen. Rasend vor Zorn stürzte Jermyn sich in den ungeschützten Geist des anderen, riss die Traumbilder in Stücke, zerfetzte, zerstampfte sie und wütete mit der ganzen Kraft seines Hasses in Donovans Gemüt.
Donovan heulte auf. Die Hände vors Gesicht geschlagen, bäumte er sich auf und fiel vornüber. Wimmernd blieb er liegen, die langen Glieder zuckten, während Jermyn sich erbarmungslos in sein innerstes Wesen wühlte, um die unerträglichen Bilder auszulöschen, und wenn er den verhassten Geist dabei zerstörte.
Ava hatte Jermyn über den Rasen kommen sehen und war reglos im Schatten stehen geblieben. Sie verzog das Gesicht. Wenn sie in den Garten hinaustrat, musste sie ihm begegnen. Ihr Herz hämmerte. Als sie sich zuletzt gesehen hatten, war er grob gewesen und auch jetzt war seine Miene finster. Sie wollte nicht mit ihm zusammentreffen, um sich höhnische Bemerkungen über den Ball anhören zu müssen.
Er trug einen Wasserkrug, also wollte er zum Brunnen, der zu ihrer Linken lag. Wenn sie sich still verhielt, würde er sie, geblendet vom Sonnenlicht, in dem dunklen Kreuzgang nicht sehen.
Auf einmal blieb er stehen und drehte den Kopf mit geschlossenen Augen, als lausche er. Sein Gesicht veränderte sich und Ava erschrak, so
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