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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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ihrer Hand. »Komm, wir schaffen das, nicht mehr weit, nur noch bis zur Tür.«
    Sie zog die Brauen zusammen, schnitt eine Grimasse, die ein Lächeln sein sollte, und drückte wortlos seine Hand.
    Ein zorniger Ausruf setzte der kurzen Atempause ein Ende, die Verfolger hatten sie entdeckt und es gab keine hohen Türme mehr, hinter denen man sich verstecken konnte. Geduckt rannten sie los. Die harten Kanten der Häute stießen ihnen die Knöchel wund. Jermyn stolperte über einen vorstehenden Holzsockel, Ninians Hand bewahrte ihn vor dem Sturz, aber die Verfolger holten auf.
    Ihre Beine bewegten sich mechanisch auf und ab, wie in einem Alptraum traten sie auf der Stelle, die Tür schien nicht näherzukommen.
    Dann wurde der Alptraum Wirklichkeit. Scharen von Männern quollen durch die rettende Öffnung, Fackellicht tanzte über bunte Uniformen, funkelte auf blank gezogenen Waffen. Allen voran, wie eine Speerspitze aus schwarzem Stahl, lief ein dunkel gekleideter, dunkelhäutiger Mann.
    Die Enttäuschung traf Jermyn wie ein Faustschlag. Zum ersten Mal verließ ihn die Zuversicht, aber ihm blieb nicht viel Zeit, um zu verzweifeln - Duquesne entdeckte sie und kam mit tödlicher Zielstrebigkeit auf sie zu. Jermyn zögerte nicht.
    »Nach vorne, in die letzte Halle. Wenn er uns haben will, muss er uns fangen - und kämpfen. Renn!«, schrie er und Ninian rannte, obwohl sie nicht mehr laufen konnte und das Spiel verloren war.
    Duquesnes Stimme dröhnte durch die Halle.
    »Schneidet ihnen den Weg ab und ihr dahinten, schließt auf, falls sie kehrt machen!«
    Er sprang auf die Stapel und setzte den Flüchtenden nach. Von zwei Seiten verfolgt rasten sie über die schwingenden Holzbohlen. Es stank erbärmlich. In den großen Hallen hatte der herbe Ledergeruch die Ammoniakdünste überlagert, jetzt trug ihnen ein kalter Luftzug den Gestank der Gerberlohe zu, der ihnen fast den Atem nahm.
    Jermyns Augen irrten durch den Raum, er konnte keine Tür entdecken, nur eine Treppe, die zu einer Plattform hoch über ihren Köpfen führte. Und dort, hart unter den Deckenbalken, war ein Fenster in der Wand.
    »Los, hoch da«, keuchte er.
    »Und dann?«, schluchzte Ninian. »Willst du fliegen?«
    Aber sie folgte ihm blindlings, Panik hatte sie erfasst, sie konnte nicht mehr denken.
     
    Duquesne triumphierte. Sie saßen in der Falle, von dort oben gab es kein Entkommen, es sei denn, sie stürzten sich in die Tiefe. Aber selbst wenn sie den Sturz überstanden, hatte er sein Ziel erreicht. Wer in die Jauchebottiche der Gerber fiel, hatte Glück, wenn ihn die giftigen Dämpfe erstickten, bevor er ertrank.
    Der roten Ratte gönnte er ein solches Ende. Um die Kleine war es schade, aber sie hatte ihre Wahl getroffen - wer Pech berührte, blieb daran kleben.
     
    Meister Crespin traf beinahe der Schlag, als er sah, was sie seiner Ware antaten. Die Kerle trampelten über die wertvollen Häute, die Spitzen der Hellebarden hatten tiefe Schrammen in die obersten gerissen, Pfeile steckten in den hauchdünn geschabten Pergamentbögen, die mit Gold aufgewogen wurden. Und da, ein schwarzer Handabdruck auf dem Hirschleder, schneeweiß und weich wie Seide war es und ein Vermögen wert. Sie schwenkten ihre Fackeln so wild, die Banausen, dass das Feuer über die Lederstapel strich. Jetzt rannten sie in die hintere Halle, in der es keinen Ausgang gab, sie würden zurückkommen und weiteres Unheil anrichten ...
    Er erkannte die geachteten Palastgarden, aber auch Stadtwächter, die unter der Fuchtel des Bastards standen. Das war ihm gleich, er würde ihrem Treiben ein Ende machen, so wahr er Zunftmeister der Gerber war, und bei der nächsten Ratssitzung würden die Herren was zu hören bekommen! Da war er ja höchstselbst, der Herr Bastard.
    »Mit Verlaub, Hauptmann ...«
    Duquesne, der gerade den Fuß auf die erste Treppenstufe setzte, fühlte sich unsanft am Arm gepackt und fand sich einem aufgebrachten Mann mit roten Augen und zerzaustem Haar gegenüber.
    Meister Crespin zog seinen Mantel um sich und richtete sich zu seiner ganzen Größe auf. »Was fällt Euch ein«, keifte er, übermannt von seiner Empörung, »hier einzudringen, ohne mich um Erlaubnis zu fragen, he? Sagt mir das! Erledigt Eure finstren Geschäfte anderswo. Ich brauche Eure Dienste nicht, ich habe meine eigene Wachtruppe, bessere Leute, als Ihr sie je zu Gesicht bekommt.« Er warf einen verächtlichen Blick auf einen keuchenden Stadtwächter, über dessen feistem Bauch sich das blaurot

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