Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
weiterhin dafür, dass der Ruf ihrer Landsmänner erhalten bleibt. Der Italiener gilt allgemein immer noch als ausgesprochen gut aussehend, gepflegt, braungebrannt, geschmackvoll gekleidet, redegewandt und vor allem eins: hoffnungslos romantisch. Seine Sprache klingteich und sexy, er kann fantastisch flirten, macht uns originelle Komplimente, ist auffällig charmant, verständnisvoll, legt uns Italien von der Spitze bis zum Stiefel zu Füßen und bedenkt uns mit den schönsten Liebeserklärungen. Kurz: Er gibt uns das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Hält der moderne Italiener einmal nicht, was Giacomo Casanova einst versprach, dann unterstellen wir ihm in alter Treue einfach einen schlechten Tag.
Dennoch gilt: Nobody is perfect! Ein paar kleine Makel sagt man daher selbst dem italienischen uomo ideale nach: Wer etwas Ernstes will, bekommt nicht nur einen italienischen Mann, sondern gleich die ganze Sippe mit dazu – allen vorweg la mamma . Die wichtigste Frau im Leben eines italienischen Traummanns kommt natürlich nicht allein: Sie bringt diverse Geschwister, Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins mit. Aber dieses kleine Manko gleichen die Qualitäten Ihres Latin Lovers natürlich aus. Denn obwohl er seine Familie niemals für Sie fallen lässt, wird er Sie stets auf Händen tragen. Schließlich liebt der Italiener nichts so sehr wie la dolce vita , gutes Essen, guten Wein und guten Sex.
Sie sind skeptisch? Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Dann begleiten Sie mich einfach auf meiner Reise, und finden Sie gemeinsam mit mir heraus, was dran ist an diesem Bild des italienischen Traummanns. Alesha Dixon sang zu ihrer Zeit: »Italians do it better!« Ist das so? Do Italians better? Ich werde prüfen, ob der Italiener hält, was die Fassade verspricht, und ob er tatsächlich den deutschen Mann im internationalen Ranking auf einen der hinteren Plätze verweist.
Avanti Amore! Ihre Dana.
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1. M ilano
Getränk: Spritz to go statt Coffee to go
Freund des Tages: Luigi, der Parkwächter
Place to be: Der Imbiss am Dom
Erkenntnis: 12-cm-Highheels sind Pflicht
M eine erste Begegnung mit einem uomo italiano findet auf der Autobahn kurz hinter der italienischen Grenze statt. Ich beobachte in meinem Rückspiegel, wie sich ein Fiat-Fahrer mit seinem Wagen zwischen mich und einen gelben Porsche schiebt, der mir schon die ganze Zeit fast auf der Stoßstange klebt. Es ertönt ein lautes Hupen, ja ein regelrechtes Hupkonzert. Kaum befinde ich mich auf italienischem Boden, schon ist das Chaos auf den Straßen ausgebrochen. Es ist warm, das T-Shirt klebt an meinem Rücken. Ermattet tupfe ich mir den Schweiß von der Stirn. Hochsommer-Hitze wabert durch das heruntergekurbelte Fenster in den Innenraum meines Wagens, wo ich mutterseelenallein vor mich hinschwitze. Trotz des dichten Verkehrs fühle ich mich einsamer als Karadzic in seiner Einzelzelle. Am liebsten würde ich umkehren. Innerlich wehre ich mich noch immer gegen die Idee, alleine durch Italien zu reisen, aber ich habe einfach zu lange darauf gewartet, endlich eine große Reportage für unser Magazin zu schreiben, um diesem Impuls jetzt nachzugeben. Um mich selbst zu motivieren, habe ich mir einen männlichen Begleiter gesucht, zumindest einen imaginären. Gefunden habe ich ihn in meiner Erinnerung, in meiner Kindheit. Denn ich kenne ihn ja schon, den perfekten Mann. Er heißt Mario und ist Italiener. Ich war zwölf und Mario dreizehn, und wir haben die Sommerferien gemeinsam auf einem sizilianischen Ferienhof verbracht –nter Pinien, mit pasta und pomodori . Während Mario mich mit den schönsten braunen Augen der Welt ansah, spielte er mir auf seiner Gitarre italienische Schnulzen vor. Eigentlich stand ich damals eher auf Pop, aber beeindruckt hat es mich trotzdem, zumindest so sehr, dass er mir den ersten Kuss meines Lebens geben durfte – ein einschneidendes und nachhaltiges Erlebnis. Zum Abschied überreichte mir Mario eine Kassette, einen selbst zusammengestellten Mix seiner italienischen Lieblingssongs. Ich habe sie aufgehoben, bis heute. Jetzt dröhnen die Lieder digitalisiert auf CD aus meinem Radio: Jovanotti: Serenata rap , Eros Ramazotti: Se bastasse una canzone und Vasco Rossi: Gli spari sopra . Auf meinem Armaturenbrett klebt das einzige Foto, das ich von Mario besitze. Leicht verblasst zeigt es ihn auf einem Baumstumpf sitzend, eine Hand hat er in das Fell eines Hundes vergraben, der hechelnd neben ihm steht. Die Rasse ist selten, ein
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