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Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Titel: Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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ich, nie – und letztendlich sind Italiener eben auch nur Männer. Abers geht uns eben nicht primär um die Befriedigung unseres Geschlechtstriebs. Wir haben einfach einen Hang zur Ästhetik, für das Schöne und somit natürlich auch eine Vorliebe für die Gesellschaft attraktiver Frauen. Ist das verwunderlich? Wie sollte man im Land Michelangelos und Raffaels, Tizians und Dantes, Palladios und Brunelleschis nicht empfänglich für die Schönheit der Welt sein?«
    »Da hast du allerdings Recht«, antworte ich und verstumme dann, denn der Geiger, der die letzte Viertelstunde die Gäste im Restaurant mit schnulziger Musik beglückt hat, bewegt sich gerade, fiedelnderweise, in unsere Richtung. Kurz vor unserem Tisch bleibt er stehen und fängt leidenschaftlich an zu singen.
    »I found my love in portofino, perché nei sogni credo ancor, lo strano gioco del destino, a Portofino m’ ha preso il cuor.«
    Als ich am Ende des Abends versuche, meinen Teil des Essens zu bezahlen, winkt Fidelio ab und bedenkt mich mit einem vorwurfsvollen Blick. »Es gibt einfach Dinge, in denen die Italiener dann doch noch altmodisch sind«, erklärt er mir, während er dem Kellner ein paar Scheine reicht. »Was die Rechnung angeht, wird hier in Italien oft ein kompliziertes Spiel getrieben. Nie wird einfach geteilt oder nur der eigene Betrag gezahlt. Oft deutet einer der Gäste an, für alle bezahlen zu wollen, woraufhin alle Anwesenden ihn bestürmen und versuchen, ihm die Gastgeberpflicht abzuluchsen. Die Rechnung übernimmt am Ende jedenfalls meistens nicht der, der als Erstes geschrien hat. Frauen sind von diesem Geweihgerangel allerdings ausgenommen, was für sie den Vorteil hat, überhaupt nichts zahlen zu müssen.«
    Während in Deutschland die Rechnung meistens brav auseinanderdividiert wird – es sei denn, die männliche Begleitung hat eindeutig zweideutige Absichten –, wird kaum ein Italiener es dulden, dass seine weibliche Begleitung selbst für ihr Essen aufkommt. Während man sich bei uns im Zweifel sogar damit abfinden muss, dass der Begleiter einem großzügig vorschlägt, dieechnung zu halbieren, selbst wenn er doppelt so viel gegessen und getrunken hat wie man selbst, muss man im Süden, bei dem Versuch, seinen Kaffee zu zahlen, ganze Schlachten schlagen und wird dennoch meistens als Verliererin den Schauplatz verlassen.
    Obwohl ich mich als selbstständige Frau betrachte, die durchaus in der Lage ist, ihre Rechnung selbst zu begleichen, und das auch bevorzugt tut, wenn sabbernde Sugar-Daddys mit gezücktem Portemonnaie Drinks offerieren, fühlt es sich gut an, hier, bei blauem Meer, weißen Segelschiffen und blühenden Hängen, zur Abwechslung mal richtig hofiert zu werden. Daher lasse ich mich nach dem Essen auch widerstandslos von Fidelio in eine Bar führen, zu der ein Boot gehört, das im Hafenbecken vor Anker liegt und auf dem an kleinen Holztischen Getränke serviert werden.
    Etwas müde und stumm sitze ich wenig später mit einem Drink in der Hand auf einem der in Tiffany-Türkis bezogenen Stühle, deren edles Holz im Schein der Hafenlampen glänzt. Während ich mein Glas leere, beobachte ich aufmerksam die Gäste um uns herum. Sie sind teuer gekleidet, wirken vertraut miteinander und mit dem Ort, und ich werde das Gefühl nicht los, dass die meisten von ihnen seit Jahren hierherkommen. Das Mondäne ist in Portofino einfach nicht zu übersehen, es scheint, als hätte es sich tief in die Topographie des Ortes eingegraben. Wir beobachten das Treiben so lange, bis sich die Hafenpromenade leert, dann brechen wir Richtung Zoaglie auf. Als Fidelio mich in atemberaubendem Tempo die Küstenstraße hinauf zurück zu seiner Villa kutschiert, scheint der Mond hell über dem Meer.
    »Schau mal, dort wohnt Berlusconi. Wenn er mal hier ist.« Er deutet mit dem Finger auf eine beeindruckende Villa, die sich vor uns in der Dunkelheit erhebt.
    »Berlusconi. Gut, dass der weg ist, findest du nicht?«
    Fidelios Gesichtsausdruck nimmt einen ärgerlichen Zug an.Ich verabscheue diesen Hochstapler. Er hat nicht nur unser Land in den Ruin geführt, sondern auch noch unseren Ruf zerstört!«
    »Weißt du, was ich nicht verstehe? Egal wen ich in Italien gefragt habe, fast keiner gibt zu, dass er Berlusconi gewählt hat. Aber wie kann er dann so lange an der Macht gewesen sein?«
    »Ehrlich gesagt, eine Menge Leute haben Berlusconi seine Stimme gegeben. Es sind vielleicht nicht unbedingt die, denen du hier begegnest, aber halb

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