Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
Süditalien, viele einfache Leute, aber auch intelligente und mächtige Italiener. Er hat Wähler bestochen, er hat einfach alles gekauft, was seiner Macht dienen konnte, vor allem die Medien. Und hat dann versucht, mit seiner Propaganda unsere Gehirne zu verseuchen.«
Fidelio hat sich in Rage geredet und merkt offensichtlich nicht, dass er dabei kräftiger auf das Gaspedal getreten hat und immer schneller wird. Meine Hand wandert wieder zum Türgriff.
»Aber wie kann denn so jemand überhaupt je in so eine wichtige Position gekommen sein?« Über den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und seine Eskapaden haben wir uns in Deutschland bereits einige Male am heimischen Küchentisch die Köpfe heiß geredet.
»Weißt du, Italien ist in bestimmten Dingen ziemlich rückständig. Wenn du Karriere in der Politik machen willst, brauchst du zwei Dinge: die Unterstützung der Mafia und die Unterstützung der Kirche. Hat man beides, kann man sich ziemlich viel erlauben. Und Berlusconi hatte beides.«
»Vielleicht erklärt das, weshalb er an die Macht gekommen, aber doch nicht, warum er so lange an der Macht geblieben ist!« Ich schüttele unwillig den Kopf. »Aus deutscher Perspektive ist das, was er da getrieben hat, gelinde gesagt, ein unglaubliches Kasperletheater.«
» Giusto! Du sagst es! Berlusconi ist furchtbar peinlich. Er hat unsere ganze Nation lächerlich gemacht. Wie sollen wir denn bitte vom Rest der Welt noch ernst genommen werden, nachem wir jahrelang ein Staatsoberhaupt geduldet haben, dass einfach die Gesetze geändert hat, wenn es mal wieder einen Fehltritt beging?« In Rage hebt Fidelio beide Hände vom Steuer und faltet sie inbrünstig vor der Brust zusammen, als wolle er die Mutter Gottes um Hilfe bitten. Ich greife an das Lenkrad, um den Wagen ein wenig nach rechts und somit von der Gegenfahrbahn zu ziehen.
»Madonna«, seufzt Fidelio, ohne sich seiner unfreiwilligen Komik bewusst zu sein. »Dieses Land ist wirklich aus der Spur geraten. Es wird höchste Zeit, dass etwas passiert, wir haben uns nicht nur zum Gespött der Leute gemacht, sondern sind auch noch fast pleite!«
»Ach Fidelio, meinst du nicht, du malst jetzt etwas schwarz? Hier in deinem Haus bei Portofino, mit Pool und Meerblick, beklagst du den Untergang einer Nation, die für den Rest Europas ein Paradies ist.«
»Das ist es auch, solange man hier nur Ferien macht. Aber hier zu leben ist etwas ganz anderes. Italien ist einfach völlig korrupt. Die Mafia hat sich vom Süden bis in den Norden vorgearbeitet und hat das Land völlig im Griff. Jeder denkt nur an seinen eigenen Vorteil. Andere übers Ohr zu hauen gehört fast schon zum guten Ton. Was meinst du, weshalb es uns finanziell so schlecht geht? Nicht zuletzt deshalb, weil ein Großteil der Italiener keine Steuern zahlt. Und sie geben damit auch noch an! Sie sind stolz darauf! Warum verbringe ich wohl einen Großteil meiner Zeit im Ausland?! Ich bin heilfroh, dass ich meine Immobiliengeschäfte überall auf der Welt tätigen kann!«
»Aber wenn das alles so offensichtlich ist, weshalb hat es so lange gedauert, bis Berlusconi abdanken musste?«
» Cara , die Italiener haben eine große Schwäche: sie wollen unterhalten werden. Und sie wollen das Leben von der Sonnenseite sehen, Probleme werden ignoriert. Ich bin mir sicher, dass es gerade viele Männer gibt, die Berlusconi um seinen Lebensstil undie Frauen beneiden. Ich glaube, nirgendwo wird über nichts so viel geredet und das Leben so nach außen getragen wie hier. Darüber vergisst man einfach, dass ein Medienmogul und Entertainer nicht gleichzeitig prädestiniert dafür ist, ein ganzes Land zu führen!«
Mittlerweile sind wir in den Hügeln von Zoaglie angekommen. Um unsere sichere Ankunft nicht dadurch zu gefährden, dass ich Fidelio in noch größere Aufregung versetze, beschließe ich, das Thema nicht weiter zu vertiefen. So schweigen wir die letzten Meter, während wir im Dunkeln um die letzten Kurven rasen. Zurück im Haus, wünscht Fidelio mir, sichtlich erschöpft von der Diskussion, eine gute Nacht und zieht sich in sein Zimmer zurück.
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Do Italians better?
Oder ... warum in fast jedem Italiener ein kleiner Berlusconi steckt
Eine Kolumne von Dana Phillips
Liebe Komplizinnen! Der Italiener hat einen ausgeprägten Hang für das Schöne, das Drumherum und für alles, was etwas hermacht. Aus diesem Grund beurteilt er ein Produkt gern auch mal nach seiner Verpackung – nur so kann man es sich
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