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Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Titel: Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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erklären, warum gli italiani einen Mann wie Berlusconi akzeptiert, gemocht und bis zum bitteren Ende getragen haben. Berlusconi, der Mann mit dem strahlenden Lächeln, beeindruckte vor allem durch seinen Erfolg bei den Frauen und die Tatsache, dass er immer zu wissen schien, wie man das Leben genießt. Vor lauter Bewunderung hat man gern übersehen, dass er es dabei mit den Regeln nicht so genau nahm. Aus seinen großen Lügen wurden kleine Flunkereien und damit menschliche Schwächen, die Berlusconi vielen sympathisch macht. Denn in Italien werden Regeln und Vorschriften grundsätzlich nicht so genau genommen oder eigenwillig interpretiert. Vom Umgang mit der roten Ampel über das Steuerrecht bis hin zu Fragen der öffentlichen Moral stellen die Italiener im Gegensatz zu uns Deutschen die meisten Regeln oder Gesetze nicht nur in Frage, sondern überlegen auch, wie man sie zu ihren Gunsten auslegen kann. Ein System, das nicht zuletzt deswegen so gut funktioniert, weil auch die Ordnungshüter vom Polizisten bis zum Steuerbeamten eine ausgesprochen hohe Toleranzschwelle haben. Und so kommt es, dass Steuerhinterziehung hier nicht nur geduldet wird, sondern geadezu zum Volkssport geworden ist. Wirklich verdenken kann man es den Italienern allerdings nicht, schließlich hat Berlusconi ihnen jahrelang vorgelebt, wie erfolgreich man mit dieser Strategie sein kann. Dennoch bleibt die Frage: Wer war hier die Henne und wer das Ei?
    Avanti Amore! Ihre Dana.
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7. P ortofino

    Getränk:  Himbeer-Bellini
    Freund des Tages:  Fausto, der gute Geist des Hauses
    Place to be:  Das Splendido
    Erkenntnis:  Altes Huhn macht gute Brühe
    D er nächste Vormittag hält eine Überraschung bereit: Ich komme in den Genuss eines selbstgekochten Mittagessens, denn Fidelio bereitet Antipasti und verschiedene Hauptgerichte zu. Kleine Zucchini und frittierte Kürbisblüten, frische Tomaten mit Büffelmozzarella, Pasta mit selbst gemachtem Pesto und frischen Fisch. Im Gegensatz zum Großteil seiner männlichen Landesgenossen kann Fidelio kochen. Wahrscheinlich aber auch nur, weil er sich als eingefleischter Junggeselle selbst versorgen muss. Seit ich hier eingetroffen bin, schafft er es immer wieder, meine Erwartungen zu übertreffen und das vorgefertigte Bild, das ich von den Italienern habe, zu torpedieren. Ein Italiener, der zurückhaltend ist, der kocht, der sich Sorgen um die Umwelt macht, der die Sonne meidet und nur biologische Lebensmittel zu sich nimmt – wer hätte das gedacht?
    Während Fidelio mit einem Messer die Tomaten häutet, telefoniert er über ein Headset mit englischen Geschäftspartnern. Fidelio ist selbstständig und hat keine festen Arbeitszeiten. Was genau er macht, habe ich nicht so richtig verstanden, nur dass es irgendetwas mit dem An- und Verkauf von Immobilien zu tun hat. Nachdem er sein Gespräch beendet hat, wendet er sich mir zu.
    »Wir italienischen Männer ernähren uns grundsätzlich besser als die Deutschen, denke ich. Auch die unverheirateten«, sagt er und trägt die Schalen und Schüsseln zum Tisch. »Italiener und Jaaner haben die höchste Lebenserwartung. Das liegt mit Sicherheit daran, dass die italienische Küche generell gesund ist. Eigentlich komisch, denn im Gegensatz zu euch achten wir immer noch nicht darauf, dass die Zutaten biologisch sind. Da haben die Deutschen uns was voraus.«
    »Dafür habt ihr die Slow-Food-Bewegung.«
    »Stimmt! Ich sehe schon, du warst in Turin. Aber da liegt der Fokus auf dem regionalen Aspekt. Was typisch ist! Wir Italiener identifizieren uns sehr über unsere Region.« Fidelio schiebt mit seiner dünnen weißen Hand die Babyzucchini zu mir herüber. »Hier. Nimm welche, du musst dich stärken. Wir unternehmen gleich eine Wanderung! Und die dauert relativ lange. Zwei Stunden müssen wir laufen, um in die bezauberndste und abgelegendste Bucht der ganzen Küste zu kommen«, verkündet er dann noch, während er mir den Teller mit den geviertelten Tomaten reicht.
    Und so kommt es, dass ich wenig später an meinem letzten Tag in Portofino, ausgerüstet mit einem Stock, kurzer Hose und Turnschuhen, hinter ihm her durch die ligurischen Wälder Richtung San Fruttoso stolpere. Wir marschieren zweieinhalb Stunden, aber von der Bucht ist immer noch nichts zu sehen.
    »Fidelio, wie weit ist es noch?« Ich bemühe mich, nicht über die Baumwurzeln zu stolpern, die den Wanderweg durchkreuzen. Langsam werde ich müde, und mir fällt es zunehmend schwerer, die Füße zu

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