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Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst

Titel: Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Mishani
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betrauten Kollegen in Kenntnis gesetzt. Insgesamt lässt sich sagen, dass bisher relativ wenige Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen sind, vielleicht, weil im Fernsehen noch nicht darüber berichtet wurde. Unter den Hinweisen, die sowohl unter der allgemeinen Polizeirufnummer als auch in der Bereichs- und der Distriktzentrale eingegangen sind, waren noch keine konkreten Informationen, die die Ermittlungen hätten voranbringen können …«
    »Abgesehen von einem anonymen Anruf, wegen dem wir am Sabbat den halben Tag auf den Beinen waren und die Dünen gesäubert haben«, unterbrach ihn Schärfstein erneut.
    Eliyahu Maalul sah Avraham verwirrt an. Offenbar hatte er bemerkt, dass da etwas an ihm vorbeigegangen war. »Welche Dünen?«, fragte er.
    »Ich wollte noch darauf kommen …«, erwiderte Avraham. »Gut, dann erzähle ich es eben jetzt gleich. Am Freitagabend ist in der Bereichszentrale ein anonymer Anruf eingegangen, in dem behauptet wurde, die Leiche des Vermissten liege im Dünenabschnitt H300. Obwohl ich keine Möglichkeit hatte, diese Information zu überprüfen, habe ich entschieden, in dem besagten Gebiet gestern Morgen eine begrenzte Suchaktion durchführen zu lassen. Einerseits hätte der Hinweis der Wahrheit entsprechen können, aber ich wollte zum anderen auch die äußerst geringe Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der Vermisste dort vielleicht verletzt liegt, bewegungsunfähig oder bewusstlos.«
    »Wenn eine derartige Befürchtung bestand, erscheint es nicht eben plausibel, von Freitagabend bis zum nächsten Morgen mit der Suche zu warten«, sagte Schärfstein.
    »Du hast recht, aber eine derartige Aktion bei Nacht erfordert ganz andere Ausrüstung und Etatmittel, und ihr wisst, wie kompliziert die zu bekommen sind.«
    »Avi hatte für die Entscheidung Rückendeckung von mir«, sagte Ilana.
    Eliyahu Maalul fragte: »Und hast du das Gefühl, ihr könnt diese Möglichkeit nach der Suchaktion vollständig ausschließen?«
    Maaluls Ernsthaftigkeit und Schweigsamkeit erinnerten Avraham Avraham an seinen eigenen Vater vor dem Schlaganfall. Maalul war schmächtig, sehr hager und dunkel. Seine ein wenig tief liegenden Augen waren groß und blickten sein Gegenüber geduldig an. Und seine Fragen, die immer ehrlich und niemals doppelsinnig gemeint waren, ermutigten die Menschen, sich Maalul anzuvertrauen, auch wenn er nur fragte, wie es einem ging. Sein Entschluss, sich auf Jugendkriminalität zu spezialisieren, den er vor nun schon mehr als fünfundzwanzig Jahren getroffen hatte, war seinerzeit dem ehrlichen Wunsch entsprungen, Halbwüchsigen zu helfen, deren Leben sich noch zum Besseren wenden ließ. Tief in seinem Inneren war Maalul mehr Sozialarbeiter denn Polizeibeamter, aber für Avraham Avraham war es ein Vergnügen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Maalul galt zwar nicht als brillant, aber er leistete gründliche Arbeit, bescheiden und im Stillen. »Nicht mit hundertprozentiger Gewissheit, aber ich denke schon«, antwortete er Maalul. »Wir haben nicht mit schwerem Gerät gegraben, aber das Gelände gründlich durchkämmt. Immerhin haben wir einige Kleidungsstücke gefunden und mithilfe der Familie sichergestellt, dass sie nicht dem Vermissten gehören.«
    Maalul nickte.
    »Und in der öffentlichen Telefonzelle, von der aus der Anruf bei der Polizei getätigt wurde, haben wir keine verwertbaren Spuren gefunden, oder?«, fragte Ilana.
    »Bis jetzt nicht die geringste«, bestätigte Avraham.
    Er verteilte die Seiten, die er aus der Ermittlungsakte entnommen hatte, und erklärte: »Ich habe die Ergebnisse der Befragungen kopiert. Ilana hat sie schon gesehen, da ist nichts von Belang dabei. Außerdem ist der Vermisste kein besonders aktiver Computernutzer. Er hat nur eine einzige E-Mail-Adresse bei einem Provider und sehr wenige Kontakte. In seiner Mailbox findet sich vorwiegend Werbung, und das letzte Mal, dass er selbst eine E-Mail verschickt hat, war vor ungefähr einer Woche. Eine Facebook-Seite hat er nicht.«
    »Pornoseiten? Glücksspielseiten?«, fragte Schärfstein.
    In den letzten Jahren wurde diese Frage bei so gut wie jeder Ermittlung gestellt. Als sei das Surfen im Internet die Wurzel aller Verbrechen und die Chronik der Suchvorgänge der Königsweg, diese zu entschlüsseln.
    »Auf dem Rechner finden sich allem Anschein nach alte Spuren, die auf Pornoseiten hinweisen, aber nichts Wildes. In der Wohnung gibt es nur den einen Computer, der im Zimmer des Vermissten und seines jüngeren Bruders

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