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Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst

Titel: Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Mishani
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Hefte mitgeschleppt, als wollte er zurück in die Schule?«
    Avraham Avraham lauschte Maalul, aber seine Gedanken führten ihn in andere Richtungen. »Möglich, dass der Rucksack zwei Wochen irgendwo anders gelegen hat und ihn jemand gefunden und in den Container geworfen hat.«
    »Möglich, aber unwahrscheinlich. Kannst du dir jemanden vorstellen, der eine Tasche aufhebt, die irgendwo herumliegt, nur um sie dann woanders wegzuwerfen?«
    War Maalul etwa ungehalten? Vielleicht war er es leid, den Leiter der Ermittlung telefonisch auf dem Laufenden zu halten, während der auf einem anderen Kontinent weilte? Avraham Avraham wollte den Rucksack zu seiner Sache machen, andererseits sollte Maalul nicht das Gefühl haben, er würde ausgebootet.
    »Also, was macht ihr mit dem Rucksack?«, fragte er.
    »Schärfstein ist losgefahren, ihn holen. Wir schicken ihn zur Spurensicherung. Obwohl nicht klar ist, was sich da finden lässt, in puncto Fingerabdrücke zum Beispiel. Ich habe ihn noch nicht gesehen. Kann sein, dass nichts mehr zu machen ist.«
    »Auch wenn sich Fingerabdrücke feststellen lassen, wird uns das nicht viel bringen.«
    »Warum?«, fragte Maalul.
    Avraham Avraham erklärte: »Weißt du, wie viele Fingerabdrücke darauf sein werden? Von Ofer, seinen Eltern, vielleicht seinen Geschwistern, vielleicht von all seinen Freunden aus der Klasse. Gibt es Blutflecke oder irgendetwas anderes, das nicht von Ofer stammt?«
    »Bücher und Hefte, der Personalausweis, ein paar Blätter und ein Stift. Das ist alles. Ach ja, und zwei Zwanzig-Schekel-Scheine und einige Münzen. Keine Schlüssel, kein Portemonnaie. Nichts weiter sonst.«
    »Und Flecken?«
    »Ich habe den Rucksack noch nicht gesehen, Avi, das hab ich dir doch schon gesagt. Aber ich glaube, nicht.«
    »Und habt ihr Ofers Eltern angerufen, damit sie den Rucksack und den Inhalt identifizieren?«
    »Wichtiger ist doch, ihn zur Spurensicherung zu schicken. Es ist ja zweifelsfrei seiner. Der Personalausweis lag darin, und er sieht genau so aus wie das Teil, das wir gesucht haben.«
    An dem Abend, an dem die Mutter erschienen war, um Anzeige zu erstatten, hatte er dem diensthabenden Kollegen vor Verlassen des Reviers eine Beschreibung der Tasche dagelassen: ein schwarzer Rucksack mit weißen Streifen, eine Adidas-Imitation. Mit einem großen Hauptfach, zwei Seitentaschen und einer aufgesetzten Fronttasche, alle mit Reißverschluss versehen. Nicht neu.
    Maalul schwieg.
    Die Verzweiflung über diese jämmerliche Woche in Brüssel schnürte Avraham förmlich die Kehle zu. Fünf Tage war er schon hier. Verfolgte, ohne auch nur ein Wort zu verstehen, die Aufklärung des Mordes an einer jungen Frau, mit der ihn nicht das Geringste verband. Und gleichzeitig wurde seine eigene Ermittlung – noch war es seine – in Cholon ohne ihn fortgesetzt, entglitt ihm der Fall zusehends. Auf einen solchen Durchbruch hatten sie all die Tage gewartet, und er hatte nicht vor, jetzt irgendjemand anderen die Sache in die Hand nehmen zu lassen. Er bemühte sich, nüchtern und sachlich zu klingen, als er fragte: »Habt ihr den Bauunternehmer für eine Aussage einbestellt?«
    »Ja, er dürfte in etwa einer Stunde hier sein.«
    »Und habt ihr der Spurensicherung gesagt, sie sollen überprüfen, ob noch etwas in dem Container ist?«
    »Haben wir, Avi, haben wir.«
    »Aber kein Wort über den Rucksack an die Presse, okay? Wenn nötig, beantragt eine Pressesperre.«
    Maalul entgegnete nichts.
    »Was macht ihr noch?«
    »Wir werden von Haus zu Haus gehen und Anwohner befragen. Vielleicht hat in der Straße jemand die Person gesehen, die den Rucksack in den Container geworfen hat.«
    Eine solche Maßnahme erforderte zusätzliche Beamte. Ilana war also im Bilde.
    »Gute Idee. Vielleicht gibt es in der Gegend ja auch Überwachungskameras?«
    »Was denn für Überwachungskameras, Avi? Wir sprechen nicht über Herzeliya Pituach, wir reden vom Yad-Eliyahu!«
    »Überprüft das. Vielleicht haben ja die Kollegen vom Verkehrsdezernat Kameras dort«, beharrte er.
    Maalul seufzte und sagte: »In Ordnung. Und du, Kopf hoch, du klingst gar nicht gut. Versuch, dich zu entspannen. Ich sage dir, wir sind nahe dran. Der Rucksack muss uns irgendeine Richtung weisen. Wir nehmen ihn uns so lange vor, bis er etwas rausrückt.«
    Nahe dran? Er saß in einem Subway in Brüssel. Das am nächsten gelegene Telefon, das er erreichen konnte, war das im Hotelzimmer 307. Er nahm an, dass der Rucksack gegen Abend bei der

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