AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
von lärmenden Gruppen (Kindern) kann man innehalten, ruhig sitzen, schauen und hören, was es zu hören gibt: nichts – nur der Wind und mit viel Phantasie das Rauschen des Wassers ganz weit unten. Ich ging aufs Ganze und wanderte sogar dorthin, wo keine Fußwege mehr waren, doch kann man fast überall gut gehen, denn die Ebene ist sehr flach. An den Rändern des Canyon, wo morgens hin und wieder Nebel das Leben der Pflanzen ermöglicht, kann man Dornenbüsche mit interessanten klitzekleinen Blättern, staudenartige Sukkulenten mit meterlangen, dünnen Stielen sehen sowie eine Art Euphorbie: die afrikanische Version des amerikanischen Kaktus und auf dem ersten Blick recht ähnlich aussehend. Findet man in Afrika übrigens echte Kakteen, sich diese mit Sicherheit amerikanischer Abstammung.
Ich hatte, trotz meines weiten Wanderweges, noch viel Zeit und fuhr weiter. Hier, auf dem Plateau, findet man tatsächlich wieder savannenartige Vegetation: Gräser die nun blass gelb in der Sonne leuchten, größere Sträucher und kleine Dornbäumchen. Die Straßen sind gut erhalten und werden scheinbar ständig verbreitert – es könnten stellenweise fast vier Fahrzeuge nebeneinander passieren, sollte es je dazu kommen. Mein Bakkie , das leider den Drehkreis eines LkWs aufweist, konnte wenn ich mich mal verfahren hatte, in einem Durchgang umkehren. Laut Karte befindet sich unweit vor Keetmanshoop ein Staudamm und Erholungsgebiet, recreation area genannt, mit Campingplatz. Hierher begab ich mich und musste beim Anblick des verwitterten Wegweisers jedoch bereits feststellen, dass sich hier wohl nicht viele der üblichen Touristen verirren würden…
Am Ende einer noch sehr gut ausgebauten Straße, der nur eine Abzweigung in ein verschlossenes Wildreservat besitzt, fand ich dann auch den schönen, recht großen Damm der still und kalt, bevölkert von einigen Wasservögeln und umgeben von koppies, dalag. Einige Lichtungen, gepaart mit lange nicht geleerten Mülltonnen, bilden den Campingplatz unter Bäumen und wie erwartet: keine Menschenseele zu bekennen. Auch kein WC, Wasser, Strom. Eben ganz natürlich und dafür völlig gratis. Ich könnte hier nackt herumlaufen, wäre es nicht bereits so früh am abkühlen. Nun sitze ich hier unter dem schönsten Sternenhimmel und bin erleichtert, dass wenigstens der Sichelmond scheint; ich höre beunruhigende Geräusche aber wenn ich mit meine Taschenlampe herum leuchte, sehe ich zum Glück keine Tieraugen sondern nur eine Ratte am Mülleimer. Die Vögel rascheln im Schilf und ich bin froh, dass das Gelächter der Hyänen, dass ich noch vor Sonnuntergang hörte, offenbar vom angrenzenden Reservat kam und sich nicht, diesmal näher, wiederholt. Weit über dem Wasser hutet zudem eine Eule, sonst ist es still wie es nur tief in Afrika sein kann. Ich werde heute Nacht hervorragend schlafen!
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Ab der achten Klasse durfte ich an Montagen morgens schon um 4:00 Uhr aufstehen, um mich mit dem Bus auf einer zweistündigen Fahrt ins 120 Kilometer entfernte boarding school in Tzaneen zu begeben. Tzaneen – der Name bedeutet dem Sagen nach Körbchen voller Früchte - liegt an einem meist regenreichen Ort entlang des nördlichen Plateaurandes. Hier erntet man vor allem Tee, Kaffee, Bananen, Citrus und Avocados. Diese gehören meiner Meinung nach zu den besten der Welt. Der Ort an sich war Mittelpunkt einer Region mit 600.000 Einwohnern und zu allen Zeiten sehr geschäftig. Die Bauern der Region und diejenigen aus unserer Ecke, die etwas auf sich gaben, schickten ihre Kinder in eine rein weiße high school mit Internatsähnlichem Wochenquartier.
Diese Schule tat stets ihr Bestes, allem ein gesundes Stolzgefühl der Zugehörigkeit zur Elite einzuprägen. Sie warb mit Bestnoten und Sportliche Höchstleistungen bereits in den Grundschulen, damit es dem reinen Afrikaans sprechenden Status in Zeiten des damaligen Aufbruchs erhalten konnte. Ich war in der Tat stolz, ein Vossie zu sein und genoss es nach Anfangs leichten Schwierigkeiten, nicht mehr zu Hause zu wohnen. Ich war mit knapp dreizehn Jahren praktisch schon ausgezogen. Viele Erinnerungen bleiben aus dieser Zeit, von dem man damals immer sagte, dass es die schönste Zeit im Leben eines Jugendlichen sei und man es nicht wahr haben wollte. Soviel vorab: es kann lange dauern, bis man im wahren, erwachsenen Leben diesen so nahezu sorgenfreien Zustand wieder erlangt hat.
Die Aufteilung des Internats, wie ich es nenne, also die Quartiere
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