AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
man für relativ kleines Geld die neuesten Filme anschauen konnte, ging ich mindestens einmal pro Woche dorthin. Das Kino war in einer Mall etwa 2 Kilometer von der Schule und nach längeren Filmen musste ich mich sehr beeilen, um rechtzeitig zum Abendbrot wieder dort zu sein. Sonst musste man hungern! Einmal schlug der Aufsichtslehrer gerade noch die Tür in mein Gesicht zu, als ich wieder mal zu spät kam. Das war zu viel für mich und ich zeigte ihn vom ganzen Herzen den Stinkefinger – großer Fehler natürlich! Ich durfte mir danach anhören, dass ich beim nächsten Mal von der Schule fliegen würde (was man aufgrund meiner sehr guten Noten nie tun würde und das war mir nur unterbewusst klar).
Ich musste dann den blanken Hintern für ses van die beste , also sechs Schlägen mit dem Bambusstock, herhalten. Damals war man recht stolz, wenn man eine solche Strafe mit Bravour überstanden hatte und die parallel verlaufenden, rochroten Striemen den Kameraden im Duschraum zeigen konnte. „…perfek gesny, soos die spore van twee treine“
Der gleiche Lehrer, ein kleiner dürrer Mann italienischer Abstammung, erwischte mich im letzten Jahr an einem Mittwoch in der Stadt, mit Zigarette im Mund und Ohrring. Letzteres kam damals gerade in Mode und irritierte ihn dermaßen, dass er mich fragte ob ich denn schwul sei oder was sei los? Ich konnte nur innerlich lachen, denn das war damals schon ein offenes Geheimnis, aber mehr dazu später.
Mit knapp sechzehn nahm mich meine Mutter mit auf meine erste Reise nach Europa – Amsterdam, London, Düsseldorf in fünf Wochen. Dieser Einblick in eine für mich bislang unbekannte Welt, mit ungeahnten Möglichkeiten, würde mein Leben fortan radikal ändern.
Hell has gone and heaven’s here there’s nothing left for you to fear
Shake your ass come over here now scream
I’m a burning effigy of everything I used to be you’re my rock of empathy my dear
So come on let me entertain you
-Maltahöhe-
Bitterkalt war die Nacht beim Nautedamm und geräuschvoll, sogar das schwappen des Wassers hatte irgendwie etwas Beunruhigendes, denn wo ich aufwuchs, gibt es Nilpferde die nachts gern aufs Land gehen. Ich konnte denn Sonnaufgang kaum erwarten, doch es gibt keine Nacht die nicht durch eine gute, starke Tasse Boeretroos (Kaffee) rasch in Vergessenheit geraten kann. Für mein frühes Aufstehen wurde ich belohnt durch den Anblick dreier Pelikane, die ruhig-majestätisch auf dem Wasser schwammen. Als Toilette musste der Busch dienen und vom Waschen im eiskalten, schlammigen Damm konnte nicht die Rede sein. So begab ich mich, einigermaßen zurechtgemacht, ins unweit liegende Städtchen Keetmanshoop.
Das Plateau hier flacht immer weiter ab und gewinnt in nördlicher Richtung gleichzeitig sehr langsam an Höhe. Es präsentiert sich geradezu überwuchert im Vergleich zu den Landesteilen Namibias, die ich bereits zu Gesicht bekam. Kniehohe Gräser bedecken das Feld komplett wie eine blass gelbe Decke und schimmern silbern in der Morgensonne, unterbrochen nur von einigen grau-grünen Büschen und in den Senken auch niedrigen Bäumen. Nur einige ganz niedrigen Berge unterbrechen den Horizont, eines davon ein erloschener Vulkan, stiller Zeuge eines lange vergangenen Äras. Die Flüsschen haben enigmatische Namen wie Löwen (voller Wasser und zum Glück nicht Raubtiere), Diep (trocken und ziemlich untief) und Wasser (ganz und gar trocken).
Keetmanshoop, das Zentrum dieser Region, ist eine Ansammlung einstöckiger Geschäftshäuser, locker um einen zentralen Park gruppiert und ziemlich zweckmäßig. Nur etwa die Hälfte der Straßen ist asphaltiert. Es gibt genauso viele Tankstellen als Supermärkte und Banken sowie einige Hotels und anderen Geschäften. Man kann hier also finden, was man so braucht und ich nutzte die Gelegenheit, mein spärliches Proviant sowie meinen Benzintank aufzufüllen. Allerdings gab es an einer der großen Tankstellen heute kein Benzin sondern nur Diesel. Für die Internet-Generation ist sogar auch gesorgt: im Canyon Hotel steht ein ganzer Raum dafür zur Verfügung. Endlich hatte ich wieder Kontakt zur Außenwelt, nachdem mein Handy in den vergangenen Tagen kein Empfang hatte und der Akku heute ohnehin leer wie der Geldbeutel eines Bettlers war.
Der Tag war noch jung und so machte ich mich auf dem Weg ins nächste Ziel: Sesriem am Namib Naukluft Park. Da dies fast 500 Kilometer entfernt lag, war mir klar, dass ich es heute in meinem
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