AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
flachen, schmutzig weißen Trockensee hinausfahren und dort sogar aussteigen durfte (kein Löwe würde sich bis dorthin bemühen!). Die Aussicht ist unvergesslich obwohl man eigentlich nichts sieht als einer Salzwüste, die sich bis zum Horizont erstreckt. Ich hatte so etwas noch nie gesehen und war zum längeren Verweilen unter der erbarmungslosen S onne begeistert. Hier und dort waren sogar Wirbelwinde zu sehen, ansonsten nichts und perfekte Stille.
Auf dem Weg, ganz nah am Pan, trafen meine Mitreisende und ich dann zur Krönung auf einer recht gro ßen Gruppe Elefantenmütter und. -Kälber, die ganz gemächlich am Wegesrand grasten und uns dabei zum Warten zwangen. Sie kreuzten immer wieder den Weg, als ob sie sich der Aufmerksamkeit halber freuten und schauten uns im Großen und Ganzen recht freundlich an. Dabei wurde unterwegs alles verspeist, was dort so wuchs: Gräser, Sträucher, ganze Zweige komplett mit 3-Zentimeter-lange, weiße Dornen. Letztendlich musste man seinen Mut zusammen nehmen, um im Schleichtempo an den Kolossen vorbei zu fahren nachdem man alles auf Speicherkarten gebannt hatte und vorsichtig zusah, dass man die Kühe und Kälber nicht trennte. Oft bereits sah ich die riesigen Dickhäuter, doch jedesmal fühle ich mich dabei in meinem Auto klein wie ein Gartenzwerg.
Nachdem ich als Bonus noch einigen Gnus und Kudus beobachten durfte (die ersteren schauten streng-nervös drein, die letzteren nur nervös), verließ ich nach genau 24 Stunden den Park und öffnete erst einmal die Fenster auf der segenreichen Asphaltstraße. Da ich beim Herumfahren im Park diese ständig öffnete und schloss, war das Innere des Autos nun auch mit einer dünnen Staubschicht bedeckt. Die neunzig Kilometerlange Strecke nach Tsumeb, entlang dessen nichts Besonderes zu sehen war außer viel Gebüsch und riesige Termitenhügel, hatte ich schnell hinter mir. In Tsumeb angekommen fand ich gleich ein Hinweisschild auf einem Campingplatz, dass sich als Glücksgriff entpuppte: unter einem deutschen Namen befindet sich hier ein sehr modernes Resort, mit Konferenzsälen, schicken Chalets, einem Restaurant, ein Freibad nach olympischem Standard und ganz erschwingliche Campingplätze unter Bäumen und – endlich wieder – auf Rasen. Inmitten dieser Oase unter Trauerweiden einen schönen Teich, an dem eine Vielzahl Frösche ihren lauten Gesangswettbewerb veranstalten. Im saisonal kaltem Pool schwamm ich alleine erst einmal einige Runden – wann würde ich wieder die Gelegenheit dazu haben? – bevor ich mich auf die Vollmondnacht vorbereitete.
* * *
Ab meinem ersten Aschermittwoch in Deutschland war ich gezwungener Maße erst einmal für drei lange Monate außer Gefecht gesetzt. So hatte ich mir, nach ausgelassenem Feiern über Karneval, die Fastenzeit nicht vorgestellt: In einem bizarren Unfall mit einer großen Maschine im Fabrik, wo ich als Zeitarbeiter eingesetzt wurde, brachte ich es fertig mir von allen Knochen den Oberschenkelhals mittendurch zu brechen. Tatüü tataa und ab ins nächste Krankenhaus. Besuch des besorgten Chefs und später der Familie. Schmerzen, für die Morphin längst nicht ausreichte. Eine edelstählerne Schiene mit drei Schrauben befestigt – mitten durchs Mark in den Knochen getrieben (dafür bin ich heute, als Freizeitsportler, immens dankbar!). Wieder das Laufen lernen, mit Krücken. Täglich per Taxi in die Physiotherapie. Schwimmen mit Senioren. An der Supermarktkasse vorgelassen werden. Unfallrente. Eine Lektion fürs Leben.
Ich hatte viel Zeit, mich um zu orientieren, doch ich nutze sie schlecht. Auf Anraten meiner Familie („du musst doch einen Beruf erlernen“) bewarb ich mich als Lehrling beim Gas-, Wasser-, Heizungsinstallateur und verkaufte mich, Krücken und all, gut genug um dort ab dem neuen Lehrjahr aufgenommen zu werden. Obwohl ich anfangs nur als billige Arbeitskraft alles Mögliche erledigen sollte, bekam ich im Laufe des Jahres nach und nach vieles gezeigt, das sich immerhin fürs Leben als nützlich erweisen sollte: wie man ein verstopftes Rohr reinigt, dass ein Abwasserrohr ein Gefälle haben muss (meine erste Installation dieser Art war perfekt waagerecht!), wie man Rohre zusammen lötet ohne einen Springbrunnen zu kreieren, wie man Gasrohre zusammen lötet ohne eine Feuersbrunst zu riskieren, wie man eine komplette Neumontage richtig macht, wie man eine komplette Ne umontage falsch macht, wie man Fliesen legt, wie man Trockenwände Baut, wie man einen
Weitere Kostenlose Bücher