AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
Siebeneinhalb Tonnen LKW durch die Einbahnstraßen der Stadt bugsierte, wie man einem stinkreichen Kunden im fernen Berlin ein 2 Quadratmeter-Bad für DM 50.000,00 einrichtet und vielem mehr.
Es war e ine sehr vielseitige Firma mit jungen, engagierten und Chefs nette Mitarbeiter. Onkel Max war einer davon, ein wenig homophob der Gute: „sage mal Junge du bist doch net schwul oder?“ – „na klar bin ich das Onkel Max!“ – „Muhaaaaa nee iss klar!!“. Die Sache war gegessen – er glaubte mir es nicht, dass ich mich outen würde also war ich bestimmt hetero.
Die Berufsschule war ein echter Spaß: ich war mit lauter netten hübschen Jungs in einer Klasse, hatte bei weitem die besten Noten und war ein Vorbild der Integration, kam mit allen parat und unternahm etwa Ausflüge ins Eishockeystadium oder ging zusammen Karneval feiern, war vollkommen geoutet und doch beliebt.
Ein neuer Meister in der Firma öffnete mir endlich die Augen. Nachdem wir von einem hoffnungslos verstopften dreckigen Altbau-Abwasserrohr in einer hoffnungslos verkorksten Neuinstallation in einem Industriegebäude wechselten und wir ganztägig aneinander rieben, hieß es: „werde doch Koch oder geh‘ ins Hotel, du bist hier fehl am Platz!“. Fand ich langsam auch, obwohl ich mich immer sehr bemüht hatte und gar nicht eine Lehre schmeißen wollte, mit Allem, was dies beinhaltete. Doch tat ich es. Schmach und Schande in der Familie: „Aus dir wird nie etwas werden!“; „Ich wette, du schmeißt auch die nächste Lehre“ und in der Chefetage der familiengeführten Firma: „wozu haben wir dich einem Jahr beschäftigt? Einen besseren hätte deinen Ausbildungsplatz verdient!“ Ich setzte mich jedoch, wie immer, durch.
Schon fast zu spät bewarb ich mich bei mehreren Hotels als Azubi zum Hotelfachmann und konnte mich, ungeachtet meines damaligen Niveaus, in einem vier-Sterne-Hotel einer bekannten Kette prima verkaufen. Männlicher Nachwuchs, der auch anpacken konnte, war immerhin gefragt und man würde schon etwas aus mir machen. Nun hatte ich einen Monat frei und konnte mich auf einem sauberen Job in schicken Klamotten freuen.
Unterdessen hatte ich einige festen Bekanntschaften („fuckbuddies“) in Köln, bei denen ich als jungen, muskulösen Macho immer gern gesehen war. Dort ging es nicht immer keusch zu und vor allem nicht immer safe. Es gab viele Höhen und Tiefen der Gefühle, meist hormonbeladen. Eine erste, annähernde Beziehung mit einem Ratinger ging nach drei Monaten in die Brüche, als er zu sehr für meinen Geschmack seine feminine Seite zuschaustellen pflegte. Ich wollte einen Gleichgesinnten als Freund und bekam bald mehr, als ich erhofft hatte („be careful what you wish for!“).
In einem Trink- und Tanzlokal mit einfachem Niveau, das ich sehr bevorzugte ich heute noch besuche, ging ich mittlerweile wöchentlich ein und aus. Nach einem durchzechten Tag auf dem Christopher Street Day (später nur noch „Pride“ genannt), landete ich als o wieder im „Clique“ und lernte meinen vermeintlichen Traumkerl kennen. Kevin war jung wie ich, schlank, sportlich, lustig, sexy, freigiebig, präsentabel, guter Tänzer, hatte eine eigene „Wohnung“. In dieser Nacht, dort auf der Tanzfläche aus Spanplatten, gab es nur uns beiden. Sofort verliebten wir uns unsterblich! „Du kannst aber nicht mit zu mir – ist etwas unaufgeräumt“ – „komm‘ bitte, ist mir egal, ich kann auch nicht mehr nach Hause“. Hätte ich besser nachgegeben. Mit dem Taxi (freigiebig oder sinnlos?) fuhren wir also nach Neuehrenfeld in sein 20 Quadratmeter Apartment in einem großen Reihenhaus. Hätte ich da besser kehrt gemacht – es war ein Saustall doch, ich war geblendet von dem Hormonen-Alkohol-Cocktail und sah es außerdem als Herausforderung, Ordnung dort hinein zu bringen. Phantastischer Sex? Ja durchaus, sofern das auf einer billigen Ausziehcouch möglich ist. Wir verpennten fast den CSD-Umzug, der Mittags am Sonntag starten sollte.
Nach noch einem alkoholreichen Tag und eine schlaflose Nacht mussten wir uns zunächst verabschieden, denn für mich ging es in den Urlaub/Familienbesuch nach Südafrika. Diese Reisen rang ich meinem kleinen Budget übrigens in jede der sechzehn Jahre meines Exils ab, bis auf einem Mal. Immer beinhalteten sie einen ein-bis dreiwöchigen Besuch bei den Eltern, denen ich alle möglichen Leckereien aus der Heimat brachte und meist eine Woche am Strand oder später, in Kapstadt. Wegen der Ausbildungsfreie
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