AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
dort zeigte sich zwar winterlich kahl und trocken, doch waren die Wanderwege reizvoll ausgelegt, die Infotafeln sehr interessant und man konnte von mehreren Stellen noch einmal schön über die Stadt blicken. Ich lernte dort zum Beispiel, dass einige der sukkulenten, dickstämmigen und –blättrigen Pflanzen direkt mit den Weintrauben verwandt sind, auch wenn sie überhaupt nicht so ausschauen. Und, dass fast alle Wildpflanzen von den Einheimischen seit Jahrtausenden auf jede erdenkliche Art als Heilmittel verwendet werden. Am Abend kochte mein Gastgeber dann entzückender Weise ein sehr leckeres Essen mit unter Anderem Gnu-Fleisch. Später gab es, gerade so als ob ich auftanken musste, noch einmal phantastischem Sex.
* * *
Vom Sex, ob phantastisch oder weniger, wusste ich mit knapp neunzehn noch rein gar nichts. Auch nichts von Alledem, was für gewöhnlich dazu gehört: Beziehung, Fürsorge, gar Liebe. Meine Vorstellungen waren vom Hörensagen geprägt: nicht einmal einen Pornofilm hatte ich je gesehen, um mich ein wenig vorbereiten zu können. So stürzte ich mich blauäugig in das Abenteuer und ging, meinem ganzen Mut zusammen kratzend, gleich in den Nabel des schwulen Kölns: die riesige und moderne Discothek Lulu. Mit einer großen Tanzfläche aus rostfreien Stahlplatten, mehrere Lounges, Theken, einem Erotikbereich und Drag- sowie Stripshows war dies ein Magnet für alle, die etwas auf sich hielten. Man kam sogar aus den Nachbarländern angereist und so trafen sich hier viele Nationalitäten.
Die Musik war ohrenbetäubender House, Techno und so weiter und getanzt wurde bis zum Morgengrauen. In den letzten Stunden wurde abgeschleppt (wenn ich das einmal so nennen darf), was da Zeug hielt und nachdem ich heraus hatte, wie das so lief, war ich des Öfteren der abgeschleppte. Der unter zwanzigjährig ist in dieser Welt, in dem Man versucht, sich mit Schönheit und Jugend zu umgeben, immer eine beliebte Beute. Dafür kann der Jugendliche Erfahrungen sammeln, in einer fremden Stadt eine Gratisübernachtung ergattern, sich auf Kosten der Interessenten volllaufen lassen und sich generell als Krone der Schöpfung fühlen. Nachdem ich also immer eine, meiner Meinung nach, heiße und möglichst auffällige Show auf der Tanzfläche hinlegte, sprach man mich fast immer an und die Dinge nahmen ihren Lauf.
Man zeigte mich indes schnell, wo es lang ging in verschiedenen Hotelzimmern und Privatwohnungen der Stadt und auswärts, bis nach Baden-Württemberg (beim ersten Mal tat’s noch weh, beim zweiten nicht mehr so sehr…). Nachdem ich die ersten Male peinlicher Weise sehr früh und / oder unkontrolliert ejakulierte und auch nicht viel Feingefühl zeigte, hatte ich dies recht bald – mit viel Übung – bestens im Griff. Mein Ruf war damit schnell hinüber aber das scheint vielen sogar erstrebenswert: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert ist seitdem auch mein Motto. Was kümmert es mich, was die Szene über mich denkt. Immerhin habe ich Spaß und das ganz ohne Drogen. Denn diese waren damals nicht schwer zu bekommen und Viele konnten und wollten nicht ohne deren Wirkung eine Nacht um die Ohren schlagen. Mir reichte indes immer der Alkohol. Apropos Suff und Drogenrausch: im zwielichtigen Darkroom (dessen Zweck kann man sich vorstellen) des Lulu wurde dem Hörensagen nach eines frühen Morgens einem Gast von einem anderen Gast der Penis beim Oralverkehr abgebissen. Tatüü Tataaaa und der Laden war für eine Woche geschlossen. An Kommentar fällt mir dazu bis zum heutigen Tag nichts ein außer: AUTSCH!!
Some of us fall by the wayside
And some of us reach for the stars
And s ome of us sail through our troubles
And s ome have to live with the scars
There’s far too much to take in here
More to find that can ever be found
But the sun rolling high through the sapphire sky
Keeps great and small on the endless round
-Etosha-
Endlich, nach zwei in vielerlei Hinsicht erholsamen Tagen, verließ ich Windhoek und fuhr noch einmal gen Norden. Der Weg ins Etosha National Park führt über die hervorragend ausgebaute B1, wo man mit 120 Stundenkilometer über lange, gerade Strecken durch die nordnamibische Savanne segeln kann. Hier ändert sich die Landschaft entlang des Weges wenig, ist dafür umso reizvoller. Dicht bewachsenes Buschland, wo man am gemähten Straßenrand immer wieder Warzenschweingrüppchen beobachten kann, wird nur von einigen Bergen unterbrochen. Am Fuße des Waterberges,
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