Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Brutalität – aufbrachte, würde er sie verlassen.
     
    Es ist Kommunikation, dachte Avram Dvali.
    Kein Zweifel. Sie waren von den Hypothetischen umgeben, einem Teil des Netzwerks, aus dem ihre Intelligenz bestand. Das alles sei nur ein Prozess, behauptete die Marsianerin, nichts anderes als das Blühen einer Blume, Evolution… Sie hatte unrecht! Das fühlte er. Zwar verstand er nicht, wie diese Organismen wachsen konnten, welche Nährstoffe sie aus der verdorrten Erde zogen, aber dass es Kommunikation zwischen ihnen gab, dessen war er sich sicher. Sie waren nicht zufällig gewachsen, sondern auf ein Signal hin.
    Er hatte das Dach des Waldes genau studiert. Die in Trauben hängenden Kugeln wechselten ständig die Farbe, und es schien, als ob die jeweilige Farbe einer Kugel von den Veränderungen ihrer unmittelbaren Nachbarn beeinflusst wurde, wodurch sich die Muster durch den Wald bewegten wie ein Schwarm Vögel. Es war Kommunikation – so wie die Zellen im menschlichen Gehirn miteinander kommunizierten und dadurch Bewusstsein erzeugten. Womöglich spazierte er also gerade durch die physische Manifestation eines Gedankens – eines Gedankens, den er niemals verstehen würde.
    Aber vielleicht würde Isaac ihn verstehen. Falls er noch am Leben war. Und falls er Sinn und Zweck des Geschenks begriff, das Avram Dvali ihm gemacht hatte.

 
29
     
     
    Es war warm in dem Lagerraum, und wenn sich auch der Staub größtenteils gelegt hatte – von den Trümmern gleichsam absorbiert worden war –, kam doch keine frische Luft herein. Früher oder später, dachte Sulean Moi, würde das problematisch werden – denn da war nun auch noch die Leiche von Diane Dupree.
    Ein weiteres Mal suchte die Marsianerin alle zugänglichen Ränder des Raums ab, tastete nach einem Hoffnungszeichen – einem Luftzug oder einem lockeren Schutthaufen. Ein weiteres Mal fand sie nichts.
    Inzwischen hielt sie es für durchaus möglich, dass sie hier auf diesem fürchterlichen Planeten sterben würde. Heimgesucht von Eshs Geist. Heimgesucht von den Hypothetischen.
    An die sie gar nicht glaubte, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie Avram Dvali an sie glaubte. Die Hypothetischen waren ein im All entstandenes Netzwerk selbstreplizierender Maschinen. Eine vor langer Zeit ausgestorbene Zivilisation musste diese Maschinen einst ausgesät haben, ja womöglich war das auch mehr als einmal geschehen, eine mehrfache Genesis über viele Millionen von Jahren hinweg. Wie auch immer, sobald die Selbstreplikation erst einmal begonnen hatte, nahm der Prozess der Evolution seinen Lauf – und ebenso wie die organische Evolution brachte er seltsame komplexe Strukturen hervor. Selbst offenkundig »gebaute« Vorrichtungen wie die Spin-Barriere, die die Erde umgeben hatte, oder die Torbögen, die weit voneinander entfernte Planeten verbanden, waren letzten Endes nicht intelligenter als biologische Konstruktionen wie ein Korallenriff oder ein Termitenhügel.
    Die Regelmäßigkeit des Ascheregens und die nicht lebensfähigen Produkte, die er hervorbrachte, waren ebenfalls Beweis dafür. Was man Esh – und Isaac – eingepflanzt hatte, war nicht mehr als eine Empfänglichkeit für fremdartige Tropismen. Esh konnte gar kein »Kommunikant« sein – weil es niemanden gab, mit dem er hätte kommunizieren können.
    Die Evolution schuf Bewusstsein, und Sulean hielt es durchaus für möglich, dass die lange interstellare Evolution der Hypothetischen Maschinen-Bewusstsein geschaffen hatte, örtlich und zeitlich begrenzt. Aber dieses Bewusstsein, so es denn existierte, war ein Nebenprodukt, nicht der Prozess an sich. Es war nicht »die Hypothetischen«.
    Allein die Tatsache, dass Isaac sich an Esh erinnerte, der viele Jahre vor Isaacs Geburt gestorben war, ließ sie weiterhin staunen. Wenn Esh zu einer Erinnerung in der vernetzten Ökologie der Hypothetischen geworden war, konnte dann eine derartige Erinnerung so etwas wie einen Willen besitzen? Und wer war der Erinnerer?
    »Sulean…«
    Das war Anna Rebka, die nicht von Isaacs Seite wich. Ihre Stimme kam wie aus unendlicher Entfernung.
    »Ja?«
    »Hören Sie das?«
    Sulean lauschte. Ein Scharren. Dann das Klopfen von etwas Festem auf Stein. Gefolgt von weiterem Scharren und Kratzen.
    »Sie graben uns aus. Avram und die anderen – sie wissen, dass wir hier sind.«
    Klopfen. Kratzen. Klopfen… Ja, vielleicht, dachte Sulean.
    Doch plötzlich sagte Isaac: »Nein, Mrs. Rebka. Das sind nicht die anderen, die reinwollen. Das sind

Weitere Kostenlose Bücher