Axis
aufgenommen.«
»Und sie sind in diesem Moment zusammen«, fügte Sigmund hinzu. Er war ein Mann weniger, durchweg unangenehmer Worte. »Sie und er.«
»Tatsache ist aber auch«, sagte Weil, »dass wir sie gegenwärtig nicht orten können.«
Brian war sich nicht sicher, ob er das glauben sollte. Weil und Sigmund vertraten das Executive Action Committee des Ministeriums für Genomische Sicherheit. Etliches von dem, was diese Abteilung tat, war streng geheim und daher von Gerüchten und Legenden umgeben. In den USA konnte sie sich verfassungsrechtliche Ausnahmeregelungen auf den Leib schneidern, hier in Äquatoria – wo sich ihre Autorität mit der von den Vereinten Nationen eingesetzten Provisorischen Regierung überschnitt, wo konkurrierende nationale Interessen und mächtige Ölfirmen im Spiel waren – unterlag sie jedenfalls theoretisch größeren Beschränkungen.
Brian war nicht naiv. Er wusste, dass es Ränge und Ebenen in der Genomischen Sicherheit gab, zu denen er nie Zugang haben würde, einen Bereich, wo die Politik gemacht, wo die Regeln festgelegt wurden. Dennoch war er überzeugt, dass er nützliche, wenn auch wenig spektakuläre Arbeit leistete. Immer wieder flohen Kriminelle nach Äquatoria, Kriminelle, deren Vergehen in den Zuständigkeitsbereich der Genomischen Sicherheit fielen: Klonhändler, Verkäufer von gefälschten oder tödlichen Langlebigkeitspräparaten, Mitglieder radikaler Vierten-Sekten, Anbieter von »Enhancements« für Paare, die gewillt waren, für ein superbegabtes Kind tief in die Tasche zu greifen. Zwar verfolgte Brian diese Kriminellen nicht direkt, doch seine Tätigkeit – Pflege der Zusammenarbeit mit der Provisorischen Regierung, Glättung etwaiger Wogen im Falle, dass es zu bürokratischen Streitigkeiten kam – spielte eine entscheidende Rolle bei ihrer Festsetzung. Das Verhältnis zwischen einer mit polizeilichen Kompetenzen ausgestatteten, einem nationalen Konsulat zugeordneten Organisation und der von der UN gestützten lokalen Regierung war eine heikle Angelegenheit. Man musste höflich sein. Man musste sich auf gewisse Gesten verstehen, die das gemeinsame Interesse betonten. Man konnte die Leute nicht einfach vor den Kopf stoßen.
Obwohl es diese Typen offenbar doch konnten. Und das war enttäuschend, denn Brian glaubte fest an die unvollkommene, verwirrende, schmerzhaft ineffektive, mitunter korrupte, aber ganz und gar unentbehrliche Herrschaft des Gesetzes. Ohne die wir nicht mehr wären als Tiere und so weiter. In diesem Sinne hatte er stets sein Amt versehen: sauber, korrekt.
Aber nun erschienen diese Sigmunds und Weils auf der Bildfläche – der Große sauer wie ein Angostura, der Kleine ein mit Samt umwickelter Bowlingball –, um ihn daran zu erinnern, dass es gewisse Ebenen gab, auf denen sich das Gesetz je nach Bedarf zurechtschneidern ließ.
»Sie waren uns bereits eine große Hilfe, Mr. Gately«, sagte Weil.
»Das hoffe ich. Ich möchte ja helfen.«
»Sie haben uns mit den richtigen Leuten in der Provisorischen Regierung in Verbindung gebracht. Und dann natürlich die Sache mit Lise Adams. Dass Sie eine persönliche Beziehung zu dieser Frau hatten – das Wort ›unangenehm‹ reicht wohl kaum aus, um Ihre Situation zu beschreiben.«
»Danke, dass Sie’s bemerkt haben«, erwiderte Brian, der genau wusste, dass er zum Besten gehalten wurde.
»Und ich kann Ihnen nur noch einmal versichern, dass wir sie nicht verhaften oder überhaupt mit ihr direkt in Kontakt treten wollen. Lise ist nicht die Zielperson.«
»Sie suchen nach der Frau auf dem Foto.«
»Richtig. Und wir wollen nicht, dass Lise uns dabei in die Quere kommt. Wir hatten gehofft, Sie könnten ihr das klarmachen.«
»Ich habe es versucht.«
»Ja, und wir wissen das durchaus zu würdigen. Aber lassen Sie mich Ihnen noch einmal genauer erklären, was hier vor sich geht. Als Ihre Bildsuche bei uns auf dem Schirm erschien, da hat es einiges Stirnrunzeln gegeben. Sie sagten, Lise hätte Ihnen erklärt, warum sie an Sulean Moi interessiert ist…«
»Moi ist mit Lises Vater gesehen worden, bevor er verschwand, und sie hatte keine Verbindung zur Universität oder den gesellschaftlichen Kreisen, in denen die Familie sonst verkehrte. Angesichts des Interesses, das Lises Vater an Vierten hatte, liegt die Schlussfolgerung nahe. Lise vermutet, dass die Frau eine Anwerberin oder etwas Ähnliches war.«
»Tatsächlich ist der Fall noch ein wenig bizarrer. Sie haben ja regelmäßig mit Vierten zu
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