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Axis

Axis

Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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dieser Jahreszeit nicht hundertprozentig verlässlich. Es gibt zwar einen Bus, aber der ist immer überfüllt und rutscht auch öfter mal in einen Graben.«
    Er fragte sie, was sie in einem Provinzkaff wie Kubelick’s Grave wolle, und sie erklärte ihm, dass sie einen ehemaligen Kollegen ihres Vaters suche, einen Mann namens Dvali. Näher ließ sie sich nicht darüber aus. Und das war’s dann wohl, dachte Turk – Fremde in der Nacht, zwei Schiffe, die aneinander vorbeifahren, und so weiter –, doch einige Tage später rief sie tatsächlich an und buchte einen Flug.
    Er war damals nicht unbedingt auf der Suche nach einer Freundin, nicht mehr als sonst jedenfalls. Er mochte einfach die Art, wie sie lächelte, und wie es sich anfühlte, wenn er zurücklächelte, und als sie dann gezwungen waren, den so gar nicht in die Jahreszeit passenden Sturm am Ufer eines Bergsees auszusitzen, war es, als hätte ihm Gott persönlich eine Freikarte ausgestellt.
    Die dann aber offenbar wieder ungültig wurde.
     
    Im La Rive Gauche waren sämtliche Tische leer, und die Kellnerin, die Turk die Speisekarte brachte, schien alles andere als erfreut – sie hätte offenkundig lieber Feierabend gemacht.
    Lise kam einige Minuten später. Turk wollte ihr unverzüglich von Tomas’ Verschwinden erzählen und erörtern, was das bedeuten konnte – nämlich dass es möglicherweise seine Verbindung zu ihr war, die für Tomas böse Folgen gehabt hatte –, aber er hatte sich die Worte noch gar nicht richtig zurechtgelegt, da berichtete sie schon von dem Treffen mit ihrem Exmann.
    Turk war Brian Gately einige Male begegnet. Das war das Interessante an hafennahen Lokalen wie dem La Rive Gauche: Amerikanische Geschäftsleute saßen dort neben Matrosen der Handelsflotte, saudische Ölmanager plauderten mit chinesischen Angestellten oder Künstlern aus den Arrondissements. Brian Gately schien einer von jenen zu sein, die es nur zeitweilig hierher verschlagen hatte, ein Mann, der rund um die Welt – um zwei Welten – reisen konnte, ohne jemals den Ort, an dem er aufgewachsen war – er mochte Dubuque heißen oder sonstwie –, zu verlassen. Ein netter Kerl, solange man seine Vorurteile nicht in Frage stellte.
    Nun jedoch sagte Lise, dass Brian ihr gedroht hätte. Sie beschrieb kurz, was geschehen war, und schloss: »Also, ich würde schon sagen, dass es eine Drohung war. Nicht von Brian direkt, aber er hat übermittelt, was man ihm gesagt hat, und das läuft auf eine Drohung hinaus.«
    »Es sind also MfGS-Leute in der Stadt, die ein großes Interesse an Vierten haben. Vor allem an der Frau auf dem Foto.«
    »Ja. Und sie wissen, wo ich war und mit wem ich gesprochen habe. Was das bedeutet, ist ziemlich offensichtlich. Es könnte sein, dass mir jemand hierhergefolgt ist.
    Oder vielleicht haben sie mir einen Sender ans Auto gesteckt oder so was.«
    »Es könnte sogar noch schlimmer sein.«
    »Schlimmer?«
    »Ich habe einen Freund, den ich schon lange kenne. Er heißt Tomas Ginn. Er ist ein Vierter. Er hängt das nicht an die große Glocke, aber er macht auch keinen Hehl daraus gegenüber Leuten, denen er vertraut. Ich dachte mir, dass du dich vielleicht gerne mal mit ihm unterhalten würdest, und wollte das mit ihm absprechen. Also habe ich ihn heute Morgen besucht, und er hat versprochen, es sich zu überlegen. Aber heute Abend habe ich ihn telefonisch nicht erreicht, und als ich dann zu ihm gefahren bin, war er verschwunden. Irgendwelche Leute in einem weißen Transporter haben ihn offenbar mitgenommen.«
    Lise sah Turk mit großen Augen an und schüttelte den Kopf. »Wie, sie haben ihn verhaftet?«
    »Jedenfalls nicht offiziell. Nur die Provisorische Regierung kann Verhaftungen vornehmen, und die kommt nicht in Zivil und ohne Haftbefehl – davon habe ich noch nie gehört.«
    »Dann wurde er also gekidnappt. Das ist ein Verbrechen, das wir melden müssen.«
    »Wir sollten da sehr vorsichtig sein. Tomas’ Situation ist ausgesprochen heikel. Ein Bluttest etwa würde nachweisen, dass er ein Vierter ist, und das wäre ein Grund, um ihn zurück in die Staaten zu schicken und ihn auf Dauer unter Beobachtung zu stellen oder Schlimmeres. Eine Nachbarin von ihm hat mir von den Männern im Lieferwagen erzählt, aber gegenüber einem Regierungsbeamten würde sie das nie tun. Dort, wo Tomas wohnt, verdienen die meisten Leute ihren Lebensunterhalt mit Dingen, die nach dem UN-Abkommen verboten sind, und sie siedeln auf Land, das sie gar nicht

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