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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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schwarze Pferd war aufgestanden und graste. Ich blieb eine Weile reglos liegen und rief mir alles, was wir in der vergangenen Nacht erlebt hatten, in Erinnerung zurück. Ich wunderte mich, daß ich noch am Leben war, und plötzlich hörte ich durch das Rauschen des Wassers Laute, die mir einen Schauer über den Rücken jagten: die Stimmen von Menschen. Ich setzte mich auf und spähte durch das Röhricht, und dort, am Ufer, in den ziehenden Nebelschwaden, entdeckte ich zwei Reiter, eine Frau und einen Mann.
    Sie deuteten auf den Boden, als ob sie Spuren im Ufersand entdeckt hätten. Ich hörte den Mann sagen, daß die Hunde es nicht wagen würden, das Territorium des Berges zu betreten, eine Bemerkung, die mir wieder einfiel, nachdem Leo mir seinen Traum erzählt hatte. Dann dachte ich daran, in welcher Lage wir uns befanden.
    »Wach auf!« flüsterte ich Leo zu. »Wach auf! Wir werden verfolgt!«
    Er sprang auf die Füße, rieb sich die Augen und ergriff einen Speer. Jetzt sahen ihn die beiden Reiter am Ufer, und eine liebliche Stimme sagte aus dem Nebel: »Leg deine Waffe nieder, mein Gast, denn wir sind nicht gekommen, um euch Leid zuzufügen.«
    Es war die Stimme der Khania Atene, und der Mann neben ihr war der alte Schamane Simbri.
    »Was sollen wir jetzt tun, Horace?« fragte Leo mit einem gequälten Stöhnen, denn auf der ganzen Welt gab es keine zwei Menschen, die ihm weniger willkommen wären.
    »Nichts«, sagte ich. »Sie sollen sagen, was sie wollen.«
    »Kommt zu uns!« rief die Khania über das Wasser. »Ich schwöre, daß wir euch nichts tun werden. Seht ihr nicht, daß wir allein sind?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Leo, »doch es erscheint mir unwahrscheinlich. Wir bleiben, wo wir sind, bis wir wieder weiterziehen können.«
    Atene sagte etwas zu Simbri. Ich konnte ihre Worte nicht verstehen, doch schien sie von ihm zu verlangen, uns mit einem Fluch zu belegen, was er aber ablehnte. Plötzlich setzten beide ihre Pferde in Bewegung und ritten durch das flache Wasser auf unsere Insel zu. Als sie sie erreicht hatten, stiegen sie ab, und wir standen einander gegenüber. Der alte Mann schien körperlich erschöpft und seelisch niedergedrückt, doch die Khania war kräftig und schön wie immer. Die Ereignisse und Strapazen hatten nicht die geringsten Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Sie war es auch, die schließlich das Schweigen brach.
    »Ihr seid schnell und weit geritten, seit wir uns zuletzt sahen, meine Gäste«, sagte sie, »und ein böses Memento markiert den Weg, den ihr nahmt. Drüben, zwischen den Felsen, liegt ein Toter. Sagt, wie ist er gestorben, da er ohne Wunde ist?«
    »Durch meine Hände«, sagte Leo und streckte sie ihr entgegen.
    »Ich habe es gewußt«, antwortete sie, »und mache dir keinen Vorwurf, denn das Schicksal hat diesen Tod für ihn bereitgehalten, und nun hat sich das Schicksal erfüllt. Doch mußt du dich vor anderen für sein Blut verantworten, und nur ich kann dich vor ihnen schützen.«
    »Oder mich ihnen ausliefern«, sagte Leo. »Khania, warum bist du hergekommen?«
    »Um mir die Antwort zu holen, die du mir vor zwölf Stunden hättest geben sollen. Bedenke, bevor du sprichst, daß ich allein die Macht habe, dein Leben zu retten, und ich will es retten und dir die Krone jenes Verrückten auf das Haupt setzen.«
    »Du sollst deine Antwort auf jenem Berg bekommen, wo ich auch die meine zu erhalten hoffe.«
    Sie wurde ein wenig blaß und erwiderte: »Dort eine Antwort zu suchen, bedeutet den Tod, denn, wie ich euch bereits gesagt habe, wird das Land am Fuß des Berges von Wilden bewohnt, die keine Gnade kennen.«
    »Dann ist der Tod die Antwort, die wir suchen. Komm, Horace, laß uns gehen!«
    »Ich schwöre dir«, sagte Khania, »daß dort nicht die Frau deiner Träume wohnt. Ich bin diese Frau – ja, ich, so wie du der Mann der meinen bist.«
    »Dann, Lady, beweise deine Worte auf jenem Berg«, sagte Leo.
    »Es gibt dort keine Frau«, sagte Atene noch einmal. »Der Berg ist das Heim des Feuers und – einer Stimme.«
    »Was für einer Stimme?«
    »Der Stimme des Orakels, das aus dem Feuer spricht. Die Stimme des Geistes, den noch kein Mensch gesehen hat, und den kein Mensch jemals sehen wird.«
    »Komm, Horace!« sagte Leo und ging auf das Pferd zu.
    »Männer«, versuchte nun der alte Schamane, uns aufzuhalten, »wollt ihr mit Gewalt in euer Verderben rennen? Hört mich an: ich habe den verfluchten Berg besucht, denn ich war es, der nach hergebrachtem Brauch den

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