Ayesha - Sie kehrt zurück
wäre sie mir wahrscheinlich an die Kehle gesprungen.
Wir zerrten und zogen einander hin und her, der Mann und der Hund. Einmal blickte ich zu Leo hinüber und sah, daß er und der Khan ineinander verschlungen über den Boden rollten. Als ich das nächste Mal – wieviel Zeit inzwischen vergangen war, kann ich nicht sagen – hinübersah, saß der Khan an einen Stein gelehnt und blickte mich an, und ich war sicher, daß er Leo getötet hatte und nun zusah, wie der Hund mich erledigte.
Gerade, als mir schwarz vor Augen zu werden begann, sah ich etwas auf mich zuspringen, und im nächsten Augenblick wurde der Hund emporgerissen. Seine Kiefer öffneten sich, mein Arm war frei und fiel herab. Der riesige Hund wurde im Kreis gewirbelt. Leo hielt ihn an den Hinterläufen gepackt und wirbelte ihn herum.
Es krachte. Er hatte den Schädel der Bestie gegen einen Felsen geschmettert und ließ sie fallen. Das riesige Tier blieb reglos liegen.
Seltsamerweise verlor ich nicht das Bewußtsein. Ich nehme an, daß die Schmerzen und der Schock mich wach hielten. Ich hörte Leo keuchend nach Atem ringen, und dann sagte er: »Es ist vorbei und ich denke, daß ich die Prophezeiung des Schamanen erfüllt habe. Wir wollen nachsehen, ob es stimmt.«
Er führte mich zu einem der Felsen, und gegen ihn gelehnt saß der Khan. Er lebte noch, war aber vom Hals abwärts gelähmt. Der Glanz des Irrsinns war aus seinen Augen gewichen, und er sah uns mit einem melancholischen Blick an.
»Ihr seid tapfere Männer«, sagte er mühsam, »und sehr kräftig. Sonst wäre es euch nicht gelungen, diese Hunde zu töten und mir das Rückgrat zu brechen. Es ist also wirklich so gekommen, wie es diese alte Ratte vorausgesagt hat. Ich hätte Atene jagen sollen, und nicht euch. Doch jetzt lebt sie, um mich zu rächen, nicht um meinetweillen, natürlich. Sie jagt dich auch, Gelbbart, und mit tödlicheren Hunden als diesen, mit den Hunden ihrer verschmähten Liebe. Vergib mir und flieh zum Berg, Gelbbart, wo ich schon vor dir eintreffen werde, denn dort lebt eine, die mächtiger ist als Atene.«
Dann fiel sein Kiefer herab und er war tot.
12
Der Bote
»Er ist tot«, sagte ich, »und die Welt hat an ihm nicht viel verloren.«
»Sie hat ihm auch nicht viel gegeben, dem armen Teufel, also wollen wir nicht schlecht von ihm reden«, antwortete Leo, der sich völlig ausgepumpt zu Boden hatte fallen lassen. »Vielleicht war er gar nicht so schlecht, bevor sie ihn mit diesem Trank verrückt gemacht haben. Auf jeden Fall hatte er Mut, und ich möchte mich nicht noch einmal mit einem Mann wie ihm anlegen müssen.«
»Wie hast du es geschafft?« fragte ich.
»Ich habe sein Schwert unterlaufen, habe ihn umklammert und ihn mit dem Rücken auf den Felsen geworfen. Reine Kraft, nichts anderes. Eine ziemlich grausige Angelegenheit, aber es ging um mein Leben oder das seine. Es war ein Glück, daß ich rechtzeitig genug mit ihm fertig war, um dir helfen zu können, bevor der Köter dir an die Kehle ging. Hast du schon jemals so einen Hund gesehen? Er ist fast so groß wie ein Esel. Bist du schwer verletzt, Horace?«
»Mein Unterarm ist ziemlich zerkaut, aber sonst fehlt mir nichts, glaube ich. Wir wollen zum Fluß hinabgehen. Wenn ich nicht bald Wasser bekomme, kippe ich um. Außerdem ist der Rest der Meute noch irgendwo in der Gegend.«
»Ich glaube nicht, daß die Hunde uns noch belästigen werden. Sie haben die Pferde, die armen Tiere. Warte hier, ich bin gleich wieder zurück!«
Er stand auf, suchte das Schwert des Khan, eine sehr schöne, alte Waffe, und tötete mit einem scharfen Schlag den Hund, den ich verwundet hatte und der noch immer heulte und uns anknurrte. Danach sammelte er die beiden Speere und mein Messer ein, weil er meinte, daß wir sie vielleicht noch brauchen würden, und nahm das Pferd des Khan beim Halfter, das mit hängendem Kopf in der Nähe stand, so ausgepumpt, daß nicht einmal der Kampf es in die Flucht hatte schlagen können.
»So«, sagte er, »und jetzt sitz auf, alter Knabe. Du kannst nicht mehr zu Fuß gehen.« Mit seiner Hilfe kletterte ich in den Sattel.
Er schlang den Zügel um seinen Arm und führte das Pferd zum Ufer des Flusses, das nur etwa hundert Meter entfernt war, doch in meinem erbärmlichen Zustand, von rasenden Schmerzen gepeinigt und halb bewußtlos vor Erschöpfung, kam mir der Weg endlos vor.
Doch als wir das Ufer endlich erreichten, vergaß ich meine Schmerzen und meine Wunden, ließ mich vom Pferd
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