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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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gleiten, warf mich flach in den Sand und trank, trank mehr, als ich je zuvor getrunken hatte, denke ich. In meinem ganzen Leben habe ich nichts getrunken, das so köstlich schmeckte wie dieses Wasser. Als mein Durst endlich gelöscht war, tauchte ich erst meinen Kopf in das frische Naß, und dann meinen verwundeten Arm, und seine Kühle schien die Schmerzen zu lindern.
    Schließlich sagte Leo, dem das Wasser aus Haar und Bart tropfte: »Was jetzt? Der Fluß scheint ziemlich breit zu sein, mehr als hundert Meter. Er ist zwar flach, aber es könnte in der Mitte ein paar tiefe Stellen geben. Sollen wir versuchen, ans andere Ufer zu kommen und dabei vielleicht ertrinken, oder bis zum Tagesanbruch hierbleiben und es darauf ankommen lassen, daß die Hunde doch noch zurückkommen?«
    »Ich kann nicht einen Schritt mehr gehen«, murmelte ich erschöpft, »und noch weniger einen unbekannten Fluß durchqueren.«
    Etwa dreißig Meter vor dem Ufer sahen wir eine kleine Insel, die mit Rohr und Gras bewachsen war.
    »Vielleicht können wir sie erreichen«, sagte Leo. »Komm, ich nehme dich auf den Rücken!«
    Ich tat es, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten, und er trug mich ins Wasser, wobei er den Boden des Flusses mit dem Speerschaft abtastete. Das Wasser er wies sich als recht flach, es reichte ihm kaum über die Knie, so daß wir die Insel ohne jede Schwierigkeit erreichten. Hier legte mich Leo auf das weiche Gras, kehrte zum Ufer zurück und holte das Pferd und den anderen Speer. Nachdem er das Tier abgesattelt hatte, legte es sich sofort auf den Boden, selbst zum Äsen zu erschöpft.
    Nun begann Leo meine Wunde zu versorgen. Es war gut, daß die Ärmel meiner Tunika aus einem so dicken, festen Stoff bestand, denn selbst durch ihn geschützt war mein Unterarm völlig zerfetzt und ein Knochen gebrochen worden. Leo riß zwei Handvoll Moos aus und band sie, nachdem er die Wunde ausgewaschen hatte, mit einem Tuch um den Arm. Mit einem zweiten Tuch und mit Stoffstreifen, die er von unserer Unterwäsche riß, band er zwei starke, gespaltene Rohrhalme an den Arm, die als behelfsmäßige Schienen dienen sollten. Als er damit fertig war, bin ich eingeschlafen oder bewußtlos geworden. Auf jeden Fall kann ich mich an nichts mehr erinnern.
     
    Im Laufe dieser Nacht hatte Leo einen seltsamen Traum, von dem er mir am nächsten Morgen berichtete. Es muß ein Traum gewesen sein, da ich von den Vorgängen nichts sah oder hörte.
    Er träumte – ich versuche, seine Worte so genau wie möglich wiederzugeben –, daß er wieder das Heulen und Bellen der Hunde des Todes hörte. Sie kamen näher und näher, als sie unserer Spur zum Flußufer folgten – die ganze Meute, die die Pferde gejagt hatte. Am Ufer des Flusses verhielten sie, und ihr Bellen verstummte. Plötzlich wehte eine Bö einem der Hunde unsere Witterung zu. Er hob den Kopf und knurrte, dann stürzte er sich ins Wasser und alle anderen folgten ihm.
    Leo konnte alles sehr deutlich sehen und hören. Er fühlte, daß unser Ende unmittelbar bevorstand, und doch, im Griff dieses Alptraums – wenn es ein Alptraum war – konnte er sich nicht rühren oder auch nur rufen, um mich zu warnen.
    Nun folgte das Wunderbare seiner Vision. Heulend und bellend sprangen und schwammen die Hunde auf die Insel zu, auf der wir schliefen. Und plötzlich sah Leo, daß wir nicht mehr allein waren. Vor uns, am Rand der kleinen Insel, stand eine Frauengestalt, die in ein dunkles Gewand gekleidet war. Ihr Gesicht oder ihre Erscheinung konnte er nicht beschreiben, denn sie stand mit dem Rücken zu ihm. Er sah sie dort stehen wie eine Wache, und sie hielt einen Gegenstand in ihrer emporgereckten Hand. Jetzt wurden die Hunde ihrer gewahr, und es war, als ob ihr Anblick sie paralysierte. Ihr drohendes Bellen wurde zu einem angstvollen Winseln. Zwei oder drei Hunde, die dem Ufer der Insel am nächsten waren, verloren den Boden unter den Füßen und wurden von der Strömung davongetragen. Die anderen flohen zum Ufer zurück und liefen davon wie von Dämonen gejagt.
    Sobald sie verschwunden waren, wandte sich die dunkle, majestätische Gestalt, die Leo für den Schutzgeist des Berges hielt, um und verschwand. Daß sie keine Fußspuren hinterließ, kann ich beschwören, denn Leo und ich haben am nächsten Morgen vergeblich danach gesucht.
     
    Als ich von den starken Schmerzen in meinem Arm aus dem Schlaf gerissen wurde, dämmerte es. Ein dünner Nebel hing über dem Flußtal. Leo lag schlafend neben mir, und das

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