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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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doch als er sich dem Tier näherte, begann es ängstlich zu schnauben und bäumte sich auf. Als es wieder auf die Füße kam, versetzte die Gestalt ihm einen Schlag auf den Kopf, mit der gleichen, unbeteiligten, gleichgültigen Geste, mit der sie Leo geschlagen hatte. Das Pferd begann zu zittern und brach in Schweiß aus und machte keinen weiteren Versuch, sich zu widersetzen. Die Gestalt nahm einen Riemen des Zaumzeugs in seine bandagierte Hand, Leo den anderen, und so betraten wir den Tunnel.
    Unsere Situation war alles andere als erhebend, denn wir hatten keine Ahnung, wohin uns dieser unheimliche Führer bringen würde und befürchteten, in dem dunklen Tunnel den Tod zu finden. Außerdem ahnte ich, daß der Tunnel sich verengte und neben einer Art Schlucht verlief, denn als wir tiefer in ihn eindrangen, hörte ich Steine fallen, offensichtlich in eine immense Tiefe. Das arme Pferd setzte seine Hufe mit äußerster Vorsicht auf und schnaubte angstvoll. Schließlich sahen wir wieder Tageslicht, und nie war ich froher, es zu sehen, obwohl es uns zeigte, daß sich rechts von uns tatsächlich eine Schlucht befand, und daß der Pfad, auf dem wir uns bewegten, kaum zehn Fuß breit war.
    Jetzt lag der Tunnel, der uns offensichtlich einen weiten Umweg erspart hatte, hinter uns, und wir befanden uns nun am Fuß des Berghangs, der sich über uns bis zur Schneegrenze erhob. Hier sahen wir auch zum ersten Mal wieder Spuren menschlichen Lebens, denn der Boden war stellenweise kultiviert, und in einiger Entfernung sah ich Herden von Bergschafen und Rindern.
    Schließlich kamen wir in eine Schlucht und folgten einem unebenen Weg, der am Rand eines reißenden Bergbaches entlangführte. Es war eine wilde, öde Schlucht, etwa eine halbe Meile breit, an deren Hängen phantastisch geformte Lavablöcke lagen. Als wir etwa eine Meile tief in sie eingedrungen waren, hörte ich den schrillen Ton einer Pfeife, und plötzlich sprangen hinter den Lavablöcken Männer hervor, über fünfzig, schätzte ich. Alles, was wir in diesem Augenblick festhalten konnten, war, daß es wilde, grausam wirkende Burschen waren, die meisten von ihnen mit roten Haaren und rotem Bart. Ihre Hautfarbe war ziemlich dunkel, sie trugen Mäntel aus weißen Ziegenfellen und waren mit Speeren und Schilden bewaffnet. So ungefähr mußten die Pikten und Schotten den in England eindringenden Römern vorgekommen sein, stellte ich mir vor. Sie stürzten auf uns zu, stießen ihre schrillen, pfeifenden Schreie aus und schienen entschlossen, uns an Ort und Stelle aufzuspießen.
    »Jetzt ist es soweit«, sagte Leo und zog sein Schwert, denn an ein Entkommen war nicht zu denken. »Lebewohl, Horace.«
    »Lebewohl«, antwortete ich mit belegter Stimme, da ich jetzt begriff, was die Khania und der alte Schamane gemeint hatten, als sie uns sagten, daß wir getötet werden würden, noch bevor wir den Berg erreichten.
    Unser unheimlicher Führer hatte sich hinter einem großen Lavabrocken verkrochen, und ich erkannte, daß er seine Rolle in diesem Drama gespielt hatte und sich nun zurückzog, während wir unserem Schicksal entgegengingen. Aber mit diesem Verdacht tat ich ihm Unrecht, denn er war gekommen, um uns vor eben diesem Schicksal zu bewahren, das wir ohne seine Hilfe ohne jeden Zweifel erlitten hätten. Als die Wilden nur noch wenige Meter von uns entfernt waren, erschien er plötzlich auf der Spitze des Lavabrockens und streckte beide Arme aus. Er sprach nicht ein einziges Wort, sondern streckte nur seine umwickelten Arme aus, doch die Wirkung dieser Geste war unglaublich.
    Beim Anblick der Gestalt warfen sich die Wilden sofort zu Boden, als ob sie vom Blitz getroffen worden wären. Jetzt ließ die Gestalt einen Arm sinken und winkte mit dem anderen, worauf ein großer Mann, der Häuptling der Bande, nehme ich an, sich auf Hände und Knie erhob und so auf sie zukroch, mit hängendem Kopf, wie ein geprügelter Hund. Sie gab ihm Zeichen, indem sie zuerst auf uns, dann auf den Gipfel deutete, ihre Arme mehrmals übereinanderlegte, jedoch, so weit ich hören konnte, nicht ein einziges Wort sprach. Ich erkannte, daß der Häuptling ihre Gesten verstand, denn er sagte etwas in einer gutturalen Sprache. Dann stieß er seinen schrillen, pfeifenden Schrei aus, woraufhin seine Männer aufsprangen und in alle Richtungen davonliefen und so rasch verschwanden, wie sie aufgetaucht waren.
    Jetzt gab unser Führer uns ein Zeichen, weiterzugehen und ging so ruhig vor uns her, als ob

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