Azathoth - Vermischte Schriften
ihnen begrüßte mich auf merkwürdige Weise, so als kenne er mich. Ich konnte sehr wenig von der Gegend sehen - bloß ein winziges, sumpfiges Tal mit braunen Schilfgewächsen und toten Schwämmen, umgeben von knorrigen, drohend verkrüppelten Bäumen mit blätterlosen Ästen. Hinter dem Dorf jedoch liegt ein trist aussehender Hügel, auf dessen Kuppel sich ein Kreis großer Steine mit einem weiteren Stein im Mittelpunkt befindet.
Das ist zweifellos jenes abgefeimte Urschlammwesen, von dem mir V-- erzählt hat, die N--st-Fledermaus.
Das große Haus liegt inmitten eines Parks, der zur Gänze mit merkwürdig aussehenden Dornbüschen bedeckt ist. Ich konnte mir kaum einen Weg bahnen, und als es mir gelungen war, hielten mich das enorme Alter und die Verlotterung des Gebäudes beinahe davon ab einzutreten. Der Ort sah schmutzig und entartet aus, und ich fragte mich, wie ein so lepröser Haufen zusammenhalten mochte. Es besteht aus Holz, und obwohl die ursprünglichen Konturen in einer verwirrenden Vielzahl von Gebäudeflügeln verborgen sind, die zu verschiedenen Zeiten hinzugefügt wurden, glaube ich, daß es ursprünglich in dem geometrischen Kolonialstil Neu-Englands erbaut wurde. Das war vermutlich einfacher zu bauen als ein holländisches Steinhaus - und außerdem erinnere ich mich, daß Dirck van der Heyls Frau aus Salem stammte, sie war eine Tochter des unsäglichen Abaddon Corey. Das Haus hatte eine kleine Säulenveranda, die ich gerade erreichte, als der Sturm losbrach.
Es war wirklich ein teuflischer Sturm - schwarz wie Mitternacht, es regnete in Strömen, Donner und Blitz wie am Tag des Weltuntergangs, und ein Wind, der im wahrsten Sinn des Wortes an mir zerrte.
Die Tür war nicht verschlossen, daher holte ich meine elektrische Taschenlampe hervor und ging hinein. Auf Boden und Möbeln lag zentimeterdick Staub, und der Platz stank wie ein vermoderndes Grab. Ein Flur erstreckte sich bis nach hinten, und rechts führte eine geschwungene Treppe nach oben.
Ich kämpfte mich mühsam dorthin durch und wählte mir dieses Vorderzimmer als Unterkunft. Alles scheint möbliert zu sein, doch fallen die meisten Möbel schon auseinander. Ich schreibe dies um acht Uhr, nach einer kalten Mahlzeit aus meiner Reisetasche. Später werden mir die Dorfbewohner Nachschub bringen, auch wenn sie sich vorerst (wie sie sagen) nicht bereit erklärt haben, weiter als bis zu den Ruinen des Parktores zu kommen. Ich wünschte, ich könnte ein
unangenehmes Gefühl der Vertrautheit mit dieser Stätte loswerden.
Später Ich bin mir sicher, daß mehrere Wesen sich in diesem Haus aufhalten. Eines davon ist mir entschieden feindlich gesinnt - ein bösartiger Wille, der danach strebt, meinen eigenen zu bezwingen und mich zu überwältigen. Ich darf das keinen Augenblick lang zulassen, sondern muß meine ganze Kraft aufbieten, um Widerstand zu leisten. Es ist entsetzlich böse und entschieden nichtmenschlich. Ich glaube, es muß mit Mächten außerhalb der Erde in Verbindung stehen - Mächten in den Räumen hinter der Zeit und außerhalb des Universums. Es ragt wie ein Koloß in die Höhe und bestätigt damit, was in den Aklo-Schriften behauptet wird. Mit ihm ist eine Empfindung solch ungeheurer Größe verbunden, daß ich mich frage, wie diese Kammern seine Masse aufnehmen können - und doch hat es keine sichtbare Ausdehnung. Sein Alter muß unaussprechlich hoch sein - schockierend, nicht zu beschreiben.
18. April Schlief sehr wenig letzte Nacht. Um drei Uhr morgens begann ein seltsamer, schleichender Wind das ganze Gebiet zu durchziehen, der immer heftiger wurde, bis das Haus schwankte, als stünde es in einem Taifun. Als ich die Treppe hinunterging, um nach der klappernden Eingangstür zu sehen, nahm die Dunkelheit in meiner Phantasie halb sichtbare Formen an. Gerade unter dem Verandaabsatz erhielt ich einen heftigen Stoß von hinten - vom Wind, nehme ich an, wiewohl ich hätte schwören mögen, daß ich die sich auflösenden Umrisse einer riesigen schwarzen Pfote erblickte, als ich mich rasch umwandte. Ich verlor den Halt nicht, sondern beendete den Abstieg sicher und schob den schweren Bolzen an der gefährlich rüttelnden Tür vor.
Ich hatte nicht vorgehabt, das Haus vor der
Morgendämmerung zu erkunden. Jetzt aber - nicht imstande, wieder einzuschlafen, und beflügelt von einer Mischung aus Grauen und Neugier spürte ich kein Verlangen, meine Suche aufzuschieben. Mit meiner starken Taschenlampe kämpfte ich mich durch den Staub
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