Azazel
gehört habe - auch an deinen Bücher erkennen kann.
Ich begann also meinen scharfsinnigen Geist anzustrengen und überlegte, wie ich ihm helfen könnte.
Ich habe nicht sofort an Azazel gedacht. Damals hatte ich mich noch nicht ganz an ihn gewöhnt - schließlich ist ein zwei Zentimeter großer Dämon alles andere als alltäglich.
Nach einiger Zeit kam mir jedoch in den Sinn, daß Azazel vielleicht etwas tun könnte, um jemandem mehr Zeit zum Schreiben zu verschaffen. Es erschien mir unwahrscheinlich, und vermutlich würde ich nur seine Zeit verschwenden, aber was bedeutete Zeit schon für ein übernatürliches Wesen?
Ich stimmte also die Folge von uralten Zaubersprüchen und Gesängen an, die nötig sind, um ihn von jenem unbekannten Ort herbeizurufen, den er seine Heimat nennen mag, und er erschien - in Schlaf versunken. Seine winzigen Augen waren fest geschlossen, und ein hohes Summen ging von ihm aus, das auf unregelmäßige und unangenehme Weise auf- und abschwoll. Es mag so etwas wie ein menschliches Schnarchen gewesen sein.
Ich wußte nicht, wie ich ihn am besten wecken sollte und beschloß schließlich, einen Tropfen Wasser auf seinen Bauch fallen zu lassen. Sein Unterleib ist kugelrund, weißt du, als hätte er eine Kugel aus einem Kugellager verschluckt. Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob das in seiner Welt die Norm ist, aber als ich es ihm gegenüber erwähnte, wollte er wissen, was ein Kugellager sei, und als ich es ihm erklärte, drohte er, mich zu zapulniklisieren. Ich wußte nicht, was das bedeutete, aber dem Klang seiner Stimme nach war es nichts Angenehmes.
Der Wassertropfen weckte ihn, und er war maßlos verärgert. Er redete davon, daß ich ihn beinahe ertränkt hätte und legte in ermüdenden Einzelheiten dar, aufweiche Weise man in seiner Welt jemanden aufzuwecken hätte. Es hatte irgendetwas mit Tanz zu tun, mit Blütenblättern, den sanften Klängen von Musikinstrumenten und den Berührungen reizender Tänzerinnen. Ich sagte ihm, daß auf unserer Welt ein Gartenschlauch den gleichen Zweck erfüllt, und nach ein paar Bemerkungen über unwissende Barbaren hatte er sich schließlich wieder so weit beruhigt, daß ich vernünftig mit ihm reden konnte.
Ich erklärte ihm die ganze Situation und hatte eigentlich erwartet, daß er ohne große Umschweife ein paar Worte Kauderwelsch sprechen würde und die Sache damit erledigt wäre.
Doch weit gefehlt. Stattdessen blickte er mich ernst an und sagte: »Nun, du bittest mich darum, in die Gesetze der Wahrscheinlichkeit einzugreifen.«
Ich war erfreut, daß er die Lage erkannt hatte. »Genau«, sagte ich.
»Aber das ist nicht ganz einfach«, sagte er.
»Natürlich nicht«, erwiderte ich. »Würde ich dich darum bitten, wenn es einfach wäre? Wenn es das wäre, würde ich es selbst tun. Nur in einem verzwickten Fall wie diesem, muß ich jemanden mit deinem überlegenen Intellekt um Hilfe bitten.«
Diese Schmeicheleien sind natürlich ziemlich widerwärtig, aber unvermeidlich, wenn man es mit einem Dämon zu tun hat, der ebenso empfindlich ist, was seine Größe anbelangt wie seinen Kugellagerbauch.
Meine Logik schien ihn zu überzeugen, und er sagte: »Nun, ich habe nicht behauptet, daß es unmöglich ist.«
»Gut.«
»Es würde ein paar Änderungen im Jinwhipper Kontinuum eurer Welt erfordern.«
»Richtig. Das wollte ich gerade vorschlagen.«
»Ich müßte einige Verknüpfungen an den Verbindungspunkten zwischen dem Kontinuum und deinem Freund herstellen - dem mit den Abgabeterminen. Was sind eigentlich Abgabetermine?«
Ich versuchte, es ihm zu erklären, und er sagte mit einem leisen Seufzer: »Ach ja, das ist Teil unserer eher ätherischen Liebesbezeigungen. Hat man mal einen Abgabetermin verpaßt, halten einem die lieben kleinen Geschöpfe das ewig vor. Ich erinnere mich noch, wie ich einmal .«
Aber ich will dir die unappetitlichen Einzelheiten seines belanglosen Liebeslebens ersparen.
»Allerdings«, sagte er schließlich, »werde ich die Verknüpfungen, wenn ich sie einmal hergestellt habe, nicht mehr lösen können.«
»Warum nicht?«
Azazel erwiderte mit betonter Lässigkeit: »Ich fürchte, daß ist theoretisch unmöglich.«
Ich habe ihm das natürlich nicht abgekauft. Der erbärmliche kleine Dilettant wußte nur nicht, wie es ging. Da er jedoch durchaus in der Lage war, mir das Leben zur Hölle zu machen, zeigte ich ihm nicht, daß ich sein Spiel durchschaut hatte, sondern sagte einfach nur: »Du mußt sie auch nicht mehr
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