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Azazel

Titel: Azazel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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daß Vissarion erschossen worden war. Irgendein psychopathischer Heckenschütze hatte ihm mit einer Waffe unbekannten Kalibers direkt durchs Herz geschossen. Der Heckenschütze wurde nie gefaßt, und auch die Kugel wurde nicht gefunden. Zum Glück gab es Zeugen, die bestätigen konnten, daß ich zur fraglichen Zeit einen Brief in Händen gehalten hatte und eindeutig unschuldig war. Sonst hätte es für mich unangenehm werden können.
    Der arme Vissarion! Er war genau ein Jahr Vorsitzender gewesen - wie er befürchtet hatte -, und dennoch traf Azazel keine Schuld. Er hatte gesagt, daß Vissarion keine irdische Macht etwas anhaben konnte, aber wie Hamlet schon so weise gesagt hat: >Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, als eure Weisheit sich erträumt, Horatio.< Bevor der Notarzt und die Polizei eintrafen, war mir ein kleines Loch in der Rückenlehne der Bank aufgefallen, auf der Vissarion lag. Mit meinem Taschenmesser holte ich den kleinen dunklen Gegenstand heraus, der darin steckte. Er fühlte sich immer noch warm an. Einige Monate später brachte ich ihn insgeheim zu einem Museum und ließ ihn untersuchen. Ich hatte recht gehabt: Es war ein Meteorit.
    Kurz gesagt, Vissarion war nicht von etwas Irdischem getötet worden. Er ist der erste Mensch in der Geschichte, der von einem Meteoriten getötet wurde. Das behielt ich natürlich für mich, denn Vissarion war ein sehr zurückhaltender Mensch. Es hätte ihm nicht gefallen, auf diese Weise zu Berühmtheit zu gelangen. Das hätte seine großen Leistungen als Wirtschaftswissenschaftler vollkommen überschattet, und das konnte ich nicht zulassen.
    Aber an jedem Jahrestag seines Aufstiegs und Todes -so wie heute - sitze ich da und denke: Armer, armer Vissarion!
    George wischte sich mit einem Taschentuch die Augen, und ich sagte: »Was ist mit demjenigen geschehen, der als nächster Vorsitzender des KFP wurde? Er kann den Posten nur für ein halbes Jahr innegehabt haben, und der nächste für drei Monate und der nächste ... «
    George sagte: »Du mußt mir deine mathematischen Fähigkeiten nicht beweisen, mein alter Freund. Ich bin nicht einer deiner bemitleidenswerten Leser. Gar nichts ist passiert. Die Ironie des Ganzen ist, daß der Klub selbst das Naturgesetz verändert hat.«
    »Ach? Und wie haben sie das gemacht?«
    »Sie kamen auf den Gedanken, daß der Name des Klubs - Klub der Fallenden Profitrate - ein schlechtes Vorzeichen wäre, das einen Einfluß auf die Amtszeit des Vorsitzenden haben könnte. Deshalb haben sie ihren Namen geändert und nannten sich fortan KZV.«
    »Was bedeutet KZV?«
    »Klub der Zufälligen Verteilung natürlich«, sagte George. »Ihr Präsident ist jetzt seit zehn Jahren im Amt, und ihm geht es blendend.«
    Als der Kellner mit meinem Wechselgeld zurückkam, legte George zufällig sein Taschentuch darüber und ließ mit einer schwungvollen Geste Taschentuch und Geldscheine in seiner Brusttasche verschwinden. Dann stand er auf, winkte mir noch einmal zu und verließ das Restaurant.

Spiegel der Seele
    An jenem Morgen war mir nach philosophischen Äußerungen zumute. In trauriger Erinnerung schüttelte ich den Kopf und sagte: »Kein Wissen gibt's, der Seele Bildung im Gesicht zu lesen. Er war ein Mann, auf den ich gründete ein unbedingt Vertraun.«
    Es war ein ziemlich kühler Sonntagmorgen, und George und ich saßen an einem Tisch in einem Bagel-Cafe. Ich erinnere mich, daß George gerade seinen zweiten Sesam-Bagel aufgegessen hatte, der großzügig mit Frischkäse und Weißfisch belegt war.
    Er sagte: »Stammt das aus einer der Geschichten, die du regelmäßig für weniger anspruchsvolle Magazine zusammenzimmerst?«
    »Zufälligerweise ist das ein Shakespeare-Zitat«, erwiderte ich. »Aus Macbeth.«
    »Ach ja, deine Vorliebe für Plagiate habe ich ganz vergessen.«
    »Wenn man ein passendes Zitat benutzt, ist das kein Plagiat. Was ich sagen wollte - ich hatte einmal einen Freund, den ich für einen Mann mit scharfem Verstand und gutem Geschmack hielt. Ich habe ihn zum Essen eingeladen. Mitunter habe ich ihm sogar Geld geliehen. In den überschwenglichsten Tönen habe ich sein Aussehen und seinen Charakter gelobt. Und stell dir vor, all das habe ich getan, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, daß er von Beruf Literaturkritiker war -wenn man das denn einen Beruf nennen will.«
    George sagte: »Und trotz all deiner selbstlosen Taten, hat dein Freund einmal eines deiner Bücher besprochen und es gnadenlos

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