AZRAEL
war sehr beunruhigend, aber er wußte nicht, warum.
Als es ihm wieder einfiel, war es zu spät. Die Tür wurde aufgerissen, und Bremer fühlte sich brutal gepackt und aus d em Wagen gezerrt. Sein rechtes Knie prallte mit solcher Wucht gegen die Lenksäule, daß er aufschrie und ihm der Schmerz die Tränen in die Augen trieb. Trotzdem versuchte er, nach seiner Waffe zu greifen.
Es blieb bei dem Versuch. Bremer wurde roh in die Höhe gerissen und so brutal gegen den Wagen geschleudert, daß ihm die Luft wegblieb. Die Pistole entglitt seinen Fingern und klapperte zu Boden. Vor seinen Augen tanzten schon wieder dunkelrote Glühwürmchen, und die Straße schwankte vor ihm auf und ab wie das Deck eines Schiffes, das in einen Orkan geraten war. Er versuchte, die Arme in die Höhe zu reißen, um sein Gesicht zu schützen, und der andere nutzte diesen Fehler entweder gnadenlos aus, oder er deutete die Bewegung falsch, als Angriff, denn seine Faust landete mit solcher Wucht in Bremers Magengrube, daß er stöhnend zusammenbrach und dann vornüber aufs Straßenpflaster sank. Bitterer Speichel sammelte sich unter seiner Zunge. Ihm war furchtbar übel, und für einen Moment war seine größte Angst, daß er sich übergeben mußte und mit dem Gesicht in seinem eigenen Erbrochenen liegen würde. Bremer schluckte ein dutzendmal hintereinander und sehr hektisch, bis seine Mundhöhle damit aufhörte, bittere Galle gleich literweise zu produzieren. Dafür breitete sich in seinem Magen ein leichtes Übelkeitsgefühl aus, aber damit konnte er fertig werden.
Das erste, was er sah, als er die Augen öffnete, war ein Paar auf Hochglanz polierter teurer Schuhe, das unmittelbar vor seinem Gesicht in die Höhe ragte und scheinbar nahtlos in die Beine eines mindestens ebenso kostspieligen Maßanzuges überging. Bremer drehte sich mühsam auf die Seite, sah den Mann, der ihn niedergeschlagen hatte, einen Moment lang aus immer noch leicht umnebelten Augen an und setzte sich dann auf. Sein Blick streifte dabei die Pistole, die ihm aus den Fingern geglitten war. Sie lag allerhöchstens anderthalb Meter von ihm entfernt, noch dazu in einer so günstigen Position, daß er sich nur nach rechts fallen zu lassen brauchte, um sie zu erreichen.
»Versuchen Sie es lieber erst gar nicht. Ich möchte Sie nicht verletzen.«
Bremer sah hoch und blickte in ein kräftiges, aber noch erstaunlich junges Gesicht. Der Bursche war höchstens Mitte Zwanzig.
»Aber ich wette, Sie würden keine Sekunde zögern, es zu tun, wenn ich Sie dazu zwinge«, sagte er.
Statt zu antworten, beugte sich der Bursche zu ihm herab und zog ihn ohne sichtliche Anstrengung in die Höhe. Bremer verzog das Gesicht, als sein geprelltes Knie mit einem stechenden Schmerz auf die Belastung reagierte, verbiß sich aber jeden Laut. Aber der andere hatte es wohl trotzdem bemerkt. Das erste Mal hatte er ihn mit aller Gewalt gegen den Wagen geschmettert, jetzt stellte er ihn beinahe sacht dagegen; und er überzeugte sich auch aufmerksam davon, daß Bremer tatsächlich aus eigener Kraft stehen konnte. Erst danach trat er zwei Schritte zurück und bückte sich nach Bremers Waffe.
Währenddessen hatten zwei weitere Männer den BMW verlassen. Beide ähnelten in Statur und Kleidung dem Burschen, der ihn niedergeschlagen hatte, und vor allem: Alle drei gehörten dem gleichen Typ an. Sehr groß, sehr kräftig und mit ziemlicher Sicherheit ebenso gut ausgebildet wie intelligent. Und wahrscheinlich vollkommen skrupellos. Bremer hatte Männer wie diese zwar schon gesehen, aber noch niemals mit ihnen zu tun gehabt. Bisher kannte er sie nur aus - zumeist amerikanischen - Kriminalfilmen. Wie es aussah, gab es sie auch hier, in Berlin.
»Wer zum Teufel seid ihr?« fragte er mühsam. Ihm war noch immer übel.
»Wahrscheinlich ist es besser, wenn Sie das nicht wissen, Herr Bremer«, sagte einer der beiden. Es mußte der Fahrer des Wagens sein, denn Bremer identifizierte den anderen ohne Probleme als den, der auf der Rückbank gesessen hatte - er humpelte stark.
»Sie.. kennen meinen Namen?« fragte Bremer überrascht.
Der junge Bursche in dem dunkelblauen Maßanzug lächelte kühl. »Ich weiß sogar noch viel mehr«, sagte er. »Sie würden sich wundern, wenn Sie wüßten, wie viel, Bremer. Ich weiß zum Beispiel, daß Sie dabei sind, sich in etwas einzumischen, das Sie überhaupt nichts angeht, Bremer.«
»Und Sie glauben. Sie könnten beurteilen, was mich etwas angeht und was nicht?« fragte
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