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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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spüren.
    Als er sich herumdrehte, hatte sich Sendig auf Hände und Knie erhoben, und Mark hatte seinen Vater fast erreicht. Er hob die Arme und streckte sie in seine Richtung aus (um ihn zu umarmen oder zu erwürgen?), und in Sillmanns Augen erschienen Tränen.
    »Mark«, sagte er. »Komm her. Ich kann dir helfen.«
    Mark ging weiter. Seine Hände berührten das Gesicht seines Vaters, strichen fast liebkosend darüber und schmiegten sich um seinen Hals. Bremer sah, wie sich seine Finger mit gnadenlose r Kraft um Sillmanns Kehle schlo ssen und zudrückten.
    Sillmann versteifte sich. Er versuchte nicht, sich zu wehren. Er stand einfach da und sah Mark in die Augen. Auf seinem Gesicht erschien ein schwaches Echo des körperlichen Schmerzes, den er spüren mochte, aber kein Entsetzen oder Zorn. Vielleicht war er aus diesem einzigen Grund hierhergekommen, dachte Bremer - um zu bezahlen.
    Sekunden verstrichen. Sillmanns Gesicht färbte sich blau, und er begann zu zittern, Marks Hände schlössen sich immer fester um seine Kehle, und der große Mann begann ganz langsam in die Knie zu sinken. Das Buch, das er in der Hand hielt, polterte zu Boden und klappte auf.
    Plötzlich schoß Sillmanns Hand aus der Manteltasche. Sie hielt etwas Kleines, Silbernes, das er mit aller Kraft von unten gegen Marks Arm rammte. Mark taumelte. Seine Arme begannen zu zittern. Vielleicht noch eine halbe Sekunde lang blieben seine Hände um den Hals seines Vaters gelegt, dann öffnete sich sein Griff. Er wankte. Mit einem Ausdruck vollkommener Verblüffung sah er auf seinen linken Arm herab, aus dem eine winzige, verchromte Spritze ragte. Zitternd hob er die andere Hand, zog die Nadel aus seinem Arm und sah seinen Vater an, der keuchend und mühsam nach Luft ringend vor ihm kniete. Seine Lippen bewegten sich, aber er brachte keinen Laut hervor.
    Mark taumelte. Er ließ die Spritze fallen, die klirrend zerbrach.
    Dann erlosch das Leben in seinen Augen, und er stürzte. Sein Vater versuchte ihn aufzufangen, aber er war noch zu schwach, um ihn zu halten. Mark begrub ihn unter sich.
    53. Kapitel
    H intereinander stürmten sie die Treppe hinab. Weiter oben war das Haus noch eine Mischung aus Büro und altem Bauernhof gewesen, aber hier unten bot sich ihnen ein gänzlich anderes Bild: Der Gang, der sich an die steile Holztreppe anschloß, trennte ein halbes Dutzend ultramodern eingerichteter Laborräume voneinander, in die große Scheiben aus entspiegeltem Sicherheitsglas einen fast vollkommenen Einblick gewährten. Obwohl sie menschenleer waren, schienen sie nicht wirklich verlassen: Hier und da arbeitete ein fleißiger Computer, drehte sich eine Zentrifuge oder hüpften grün leuchtende Lichtpunkte über Bildschirme, und in der Luft lag ein geschäftiges Raunen und Wispern, wie das Flüstern unsichtbarer Kinder, fast wie Gelächter. Darunter, noch leiser, aber deutlich hörbar, schien etwas wie ein Herzschlag zu pochen: das Geräusch größerer Maschinen, die irgendwo in einem anderen Teil der Fabrik arbeiteten.
    Aber das war nicht alles.
    Außer ihm und den beiden anderen Agenten war kein Mensch hier, und trotzdem war etwas da. Etwas war mit ihnen hereingekommen, etwas Tödliches und Gewaltiges, und Haymar konnte fast körperlich spüren, wie sich eine düstere Kraft rings um sie herum zusammenballte, wie unsichtbare Energielinien, die Luft durchzogen und ein Netz bildeten, dessen Maschen immer enger wurden. Es war dasselbe Etwas, das Brauss getötet und den Wagen zum Explodieren gebracht hatte. Es war vielleicht nicht mächtig genug, sie alle auf einmal zu erwischen, aber es holte sie einen nach dem anderen, und es war schnell. Vielleicht spielte es sogar nur mit ihnen.
    Haymar war nicht der einzige, der es spürte. Auch Andres und Lech sahen sich öfter um, und Lechs Zeigefinger strich immer nervöser über den Abzug seiner UZI, was Haymar instinktiv dazu brachte, etwas weiter hinter ihn zurückzufallen. Er hatte wenig Lust, vor dem Lauf seiner Waffe zu stehen, wenn dem Kerl die Nerven durchgingen.
    »Was... was ist das hier?« fragte Andres nervös.
    Im ersten Moment kam Haymar die Frage ziemlich dumm vor, dann fiel ihm ein, daß er und Berger ja die einzigen waren, die damals dabei gewesen waren - die einzigen, die noch lebten, hieß das. Vielleicht galt das sogar nur noch für ihn. »Sillmanns Labor«, sagte er knapp. »Das meine ich nicht«, sagte Andres nervös. »Irgend etwas... geht hier vor.«
    Sie spürten es also auch, dachte Haymar. Er

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