Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
gehen«, flüsterte ich. »Ihr habt doch Azulamar. Was wollt Ihr noch?«
»Viel. Sehr viel. Und ich bin gewillt, alles zu bekommen, was ich will«, antwortete er ruhig.
»Warum lasst Ihr mich nicht frei?«
Ich würde nicht um meine Freiheit betteln. Nicht um mein Leben flehen …
Ich musste stark bleiben …
»Vielleicht will ich Euch ja auch«, erwiderte Alastair sanft. Jetzt war er wieder wie ein schwarzer Tiger, so unberechenbar sanft, so zärtlich und schmeichelnd, nur darauf wartend zuzubeißen.
Ich hatte seinen Griff um meinen Hals, die Schmerzen, die er mir zugefügt hatte, nicht vergessen.
»Das verstehe ich nicht«, murmelte ich. Mir wurde kälter, mit jedem Augenblick, den er in meiner Zelle verbrachte. Schützend umschlang ich meinen Oberkörper mit meinen Armen.
»Es ist nicht schwer zu verstehen, Ashlyn. Ihr seid anders als die Marianerinnen von Azulamar. Sogar anders als die drei Wasserflüsterinnen, die ich kenne. Oder kannte …«
»Das liegt an der Tatsache, dass ich ein Mensch bin«, antwortete ich sarkastisch. »Und vielleicht daran, dass ich eine einmalige DNS habe.«
»Lacht nur, wenn Ihr wollt. Auch das gehört dazu. Ihr seid unerschrocken. Oder nur leichtfertig? Nein, das glaube ich nicht. Euch liegt zu viel an Eurem Leben. Und doch … Schon bei unserer ersten Begegnung habe ich gemerkt, dass Ihr etwas Besonderes seid. Ihr habt der Königin nicht nach dem Mund geredet. Ihr wart beeindruckt, aber nicht verängstigt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Die Königin mochte hart und mir gegenüber negativ eingestellt gewesen sein, aber zumindest hat sie niemanden umgebracht. Im Gegensatz zu Euch, Großmeister.«
Alastair packte mich an den Schultern, zwang mich so, ihn anzusehen.
»Begreift Ihr nicht, Ashlyn? Ich töte, ich lüge, betrüge, verrate. Ich bin ein Sünder. Doch ich gebe dies alles zu. Es ist mein Schicksal, so zu sein. Meine schwarze Seele ist alles, was mich vor einiger Zeit vorm Tod retten konnte.
Die Königin war nicht minder unehrenhaft, nur heuchelte sie eine Unschuld und Unantastbarkeit vor, die sie nicht besitzen durfte!« Er schüttelte mich leicht.
»Was wollt Ihr mir eigentlich sagen? Soll ich Mitleid mit Euch empfinden, weil Ihr eben nicht zum Regenten Azulamars geboren wurdet, sondern Euch hocharbeiten musstet?«, fauchte ich ihn an. »Von mir habt Ihr kein Mitleid zu erwarten!«
»Ich will kein Mitleid!«, wütete er. »Ich will Euch! Ich will, dass Ihr versteht, dass das Königshaus im klassischen Sinne der Vergangenheit angehört, ebenso wie Prinz River. Mir hingegen liegt die Zukunft zu Füßen. Ich bin hier, um unter dem Meer Geschichte zu schreiben. Innerhalb von einem Jahr wird es mir möglich sein, Azulamars Einfluss so verstärkt zu haben, dass ich bald alle zwölf Städte des Meeres regieren kann! Versteht doch! Ich bin die Zukunft, und ich will Euch nicht an eine Vergangenheit ketten, die durch meine Hand sterben wird!«
Erschüttert blickte ich ihn an.
Ich begriff einfach nicht, worauf er hinauswollte.
»Ich liebe River«, widersprach ich und sagte diese Worte wie ein Stoßgebet, als könne das Bekenntnis meiner Liebe mich aus dieser Situation retten.
»Habt Ihr denn keine Ahnung, wer Ihr seid?« Alastairs Augen blitzten und glühten grün wie Smaragde. »Hat Euch nie jemand von der Legende erzählt?«
Er nahm meine Hand, drehte sie grob herum und öffnete die zur Faust verkrampften Finger, bis das schwarze Mal sichtbar wurde.
»Es besteht für mich gar kein Zweifel! Ihr müsst – ihr müsst die Auserwählte sein. Unser beider Schicksal ist so eng verknüpft, dass es ein Wunder wäre, wenn unsere Herzen nicht im gleichen Takt schlügen.«
Verständnislos starrte ich ihn an, bis er schließlich seufzend meine Hände losließ.
»Ihr wisst es wirklich nicht«, bemerkte er kopfschüttelnd. »Aber das soll nicht so bleiben. Kommt mit mir, Ashlyn.«
Zögerlich trat ich neben ihn, als er die Tür wieder öffnen ließ. Er verzichtete darauf, mich festzuhalten, als wir vorwärtsglitten, schließlich begleitete uns ein weiterer Wasserflüsterer, und ich war viel zu langsam, um zu entkommen.
Draußen bekam ich nun eine Möglichkeit zu sehen, was die Herrschaft von Alastair innerhalb weniger Stunden bewirkt hatte.
Die normalen Marianer schienen ihre Tätigkeit wieder aufgenommen zu haben, wenn auch unter der Kontrolle von einigen schwarzen Wächtern. Das Leben spielte sich in allen Straßen und Plätzen ab, vor allem aber auch um den Palast herum, wo
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