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Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Titel: Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Janina Hannemann
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hatte nie daran gedacht zu sterben, jetzt lag diese Alternative verlockend vor mir.
    Ach, das war Unsinn.
    Ich wollte nicht sterben. Ich wollte leben, aber nicht alleine, sondern an Rivers Seite. Das Rauschen der Wellen hielt mich davon ab, in der Kälte einzuschlafen. Widerwillig setzte ich mich auf und sah auf das spiegelglänzende Meer hinaus. Irgendwo dort draußen war River. Und ich verstand, dass er wollte, dass wir uns nicht mehr wiedersahen. Aber das konnte er doch nicht wollen! Das konnte er nicht von mir verlangen!
    Ein bitteres Lächeln stahl sich auf meine Lippen – er hatte es bereits getan, als er mir Viorev weggenommen hatte.
    Ich fühlte mich schwach, als ich mich langsam erhob. Ich konnte nicht hier am Strand bleiben. Ich hatte Hunger, nagenden Hunger, und irgendwann würde ich etwas essen müssen, wenn ich nicht verhungern wollte. Doch wenn ich nun wegging, und River doch zurückkehrte … Dann würde er glauben, ich hätte ihn aufgegeben.
    Ein paar Glieder der Kette hatte er fallen lassen, als er sie mir so grob abgerissen hatte. Lächelnd machte ich ein paar Schritte in Richtung trockener Sand und legte mit ihnen ein Herz aus Gold, bevor ich mich ein letztes Mal zum Meer herumdrehte und ging.
    Wohin ich ging, wusste ich nicht. Meine Füße waren nackt, und ich fror immer noch ein wenig, obwohl ich über meinem dünnen Kleid eine Wolldecke trug.
    Ohne lange nachzudenken, wählte ich einen Weg, der mich an einen ruhigen, sicheren Ort führen würde – zum Friedhof von Melbour.
    Der Friedhof war alt, seine Grundmauern hatte man seit der Stadtgründung vor einigen Jahrhunderten nicht mehr verändert. Die Atmosphäre vergangener Jahrhunderte war hinter den bröckelnden, halbhohen Mauern verborgen. Sie steckte in den verblichenen Lettern auf uralten Denkmählern von Menschen, deren Namen längst nicht mehr bekannt waren und deren Enkel und Urenkel selbst schon unter der Erde ruhten.
    Das gusseiserne schwarze Tor quietschte leicht, als ich es aufdrückte. Im gleichen Moment verfing sich die Decke in den scharfkantigen, schnörkeligen Ornamenten des Tores, und anstatt frustriert daran zu ziehen, ließ ich sie einfach von meinen Schultern gleiten. Der Weg unter meinen Füßen war weich und feucht und Gott sei Dank nicht mit Kies ausgelegt.
    Der Mond über mir tauchte einen hellgrauen Marmorengel in sein blasses Licht, und mir wurde meine Ähnlichkeit zu diesem Engel schmerzlich bewusst.
    Auch er war hier gefangen, und um ihn herum war alles tot. Auch er war kälter als der kälteste Stein.
    Es war eine sehr schöne Frau, dieser Engel, mit lockigem, verspieltem Haar, das von einem losen Band gehalten wurde. Sie verbarg ihr halbes Gesicht in den verkrampften Händen, während ihre Augen sich kummervoll gen Himmel wandten. So in etwa musste ich ausgesehen haben, als einige Kilometer Wasser mich noch von River getrennt hatten – nun war ich weit verzweifelter.
    Mit meinem Fuß berührte ich versehentlich den Anfang eines Meeres aus Blumen. Sie schimmerten bläulich und bewegten sich leicht im kühlen Wind, sodass es ein wenig so aussah, als kletterten die feinen Blüten über die Grablichter und über die Grabsteine hinweg. Es war ein frisches Grab, ein neues Grab.
    Ich erkannte es daran, dass eine Spur von aufgeworfener Erde noch darumlag und dass es noch zwei frische Trauerkränze gab.
    Einer Eingebung folgend, bückte ich mich und zog einen Kranz behutsam weiter weg, doch was ich nun sah, ließ mich zurückzucken.
    G REGORY C HRISTOBAL A AMES
    21.11.1946 – 29.11.2006
    I N L IEBE
    G OTT MÖGE DICH BEHÜTEN
    Ich stand vor Gregorys Grab. Meine Augen weiteten sich vor Unverständnis.
    Wie war das möglich? Gregory … tot? Hatte er sich selbst umgebracht? Oder war der Todesschrei, den River gehört hatte, in Wahrheit der von Gregory gewesen? Hatte es Ribbon geschafft, Skelter und ihn umzubringen und selbst zu fliehen?
    Oh, Ribbon …
    Fieberhaft wandte ich mich um. Direkt daneben gab es noch zwei weitere Gräber – das direkt neben dem von Gregory war bedeutend kleiner, doch mit nicht minder vielen Blumen geschmückt.
    Ein winziges rotes Licht flackerte beharrlich gegen den Nachtwind an.
    War das – Ribbons Grab? Oder das von Skelter?
    Atemlos schob ich eine Blume beiseite – und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen.
    Denn auf der Grabplatte, die merkwürdigerweise direkt in den Boden eingelassen war, stand mein eigener Name.
    Ich stand vor meinem eigenen Grab. Vor dem Grab, das mir gehören

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