Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
war sternenklar, doch jetzt, wo ich sie wieder sehen konnte, interessierten mich die Sterne nicht mehr.
Ich hatte nicht gehört, dass Elomir mir gefolgt war – doch nun stand er tatsächlich neben mir.
»Geht es Euch gut?«, fragte der Marianer mit sanfter Stimme.
Ich blickte ihn an, das rotblonde Haar, die weichen hellgrauen Augen. Er war noch sehr jung, aber sein Talent war unverkennbar. Er musste praktisch der nächste Anwärter auf das Amt des Großmeisters sein, sobald Alastair tot war – zumindest war es einst so geplant gewesen.
»Ja«, log ich sofort und nickte bekräftigend.
Elomir zog nur die Augenbrauen hoch und nahm neben mir auf dem Felsen Platz. »Nein …«, korrigierte ich mich leise, »um ehrlich zu sein, ging es mir nie schlechter.«
»Sprecht weiter. Ich höre Euch zu«, bot er an, und obwohl ich ihn nun erst zum zweiten Mal sah, weckte er sofort Vertrauen in mir. Sein Gesicht mit der hohen Stirn war jungenhaft und er wirkte insgesamt zerbrechlicher als River, Dracion oder Alastair. Er war sicherlich noch nicht viel älter als zwanzig oder einundzwanzig.
»Nun … zuerst waren da nur die Probleme hier an Land. Es hat sich herausgestellt, dass mein ganzes Leben mit dem von River verbunden ist. Als wäre es vorherbestimmt worden, dass wir einander lieben würden.«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, unterbrach er mich mit einem Anflug von einem Lächeln.
»Nein?«, fragte ich stirnrunzelnd nach.
»Nein, kein bisschen. Der Prinz und Ihr seid füreinander geschaffen. Das Schicksal, niedergeschrieben in der Prophezeiung, schließt sich da meiner Meinung an«, antwortete er auflachend.
Es tat gut, seinen Optimismus zu fühlen.
»Ribbon, vielleicht der einzige richtige Freund, den ich je auf der Erde hatte, ist tot. Ermordet von einem Mann, der einst die Aufgabe hatte, mich und meine Familie zu beschützen. Mein Stiefvater hat das Leben von River und mir zerstört – und meiner Mutter unter Garantie gesagt, dass ich bereits tot bin.« Ich hielt kurz inne, um Luft zu holen, »Und nun befinde ich mich in einem Märchen, in einem düsteren Märchen von Verrat und Hass und unerfüllter Liebe. Alastair hat … Ich … Er ist so
nahe,
Elomir, in jeder Sekunde. Ich habe das Gefühl, dass er meine Gedanken lesen kann.«
Ich hatte solche Angst. Angst, nicht mehr aus diesem Albtraum erwachen zu können. Angst, verrückt zu sein – denn diese Geschichte, meine Lebensgeschichte, war nun zu einem Mahlstrom der Unwirklichkeit geworden.
Menschen, die unter Wasser leben, magische Steine und eine uralte Prophezeiung. Das war der Stoff, aus dem Fantasyromane gemacht wurden – nicht die Realität.
Und doch war alles so, wie es war.
»Das kann selbst Alastair nicht«, beruhigte mich Elomir, »und das wird er auch nicht. Es ist schon spät – oder eher schon früh, Ashlyn. Wir sollten zu den anderen zurückgehen, und gerade Ihr habt richtigen Schlaf bitter nötig.«
Ich wusste, dass die Lüge, dass ich nicht müde war, mich der Lächerlichkeit preisgeben würde, also stimmte ich Elomir nur knapp zu.
Wir kehrten zu den anderen zurück und nutzten dann eine Strandhütte als Quartier. Eingehüllt in eine Decke und neben River, der sich von mir weggedreht hatte, schlief ich schließlich vor Übermüdung ein.
Als ich endlich erwachte, war die Sonne schon lange aufgegangen und der Tag bereits fortgeschritten. Doch nachdem ich in den vergangenen Tagen immer nur vor mich hingedämmert hatte, anstatt richtig zu schlafen, tat es mir nun unglaublich gut, einfach nur mit festem Grund unter meinem Körper Ruhe finden zu können.
Entferntes Stimmengewirr weckte mich. Ich erkannte Rivers raue Stimme und Paradise’ hohe, mädchenhafte. Und natürlich Dracions und Elomirs.
Vorsichtig stand ich auf, nach festem Tritt suchend – es war gar nicht so einfach zu laufen, wenn man es lange nicht getan hatte.
Langsam und sorgfältig tastete ich mich an den Fischernetzen entlang, bis ich zur offenen Eingangstür der Hütte kam. Sie waren draußen, in einem Abstand zur Fischerhütte, saßen im Sand, alte Wolldecken um die Schultern geschlungen.
»… Demeters Gold. Zwar ist eine räumliche Distanz vorhanden, aber niemand von uns weiß, wie stark er wirklich ist. Er könnte genauso gut in ihrer Seele sitzen und alles mithören, was wir sprechen«, sagte Elomir gerade besorgt.
Ich sog scharf die Luft ein. Instinktiv drückte ich mich in den Schatten des Eingangs, um zu hören, was sie weiterhin besprachen.
»Zumindest im
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