Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
mich so zweifelnd an, dass ich am liebsten aufgegeben hätte, doch ich konnte es nicht. Ein letztes Mal saugte ich den Anblick seiner wunderschönen Augen und seines hinreißenden Gesichtes in mich auf, dann riss ich mich los, wirbelte herum und stürzte mich in die Fluten.
Es war leichter, sich wieder zur Welle zurücktragen zu lassen, als vor ihr zu fliehen. Doch mir stellte sich nun eine neue Schwierigkeit: Ich durfte keinesfalls den richtigen Zeitpunkt verpassen, damit ich mich noch aus dem Meer schwingen und selbst auf einer Welle nach oben heben lassen konnte.
Ich sandte ein Stoßgebet gen Himmel, ballte meine Hände zu Fäusten, streckte meinen ganzen Körper und drückte mich dann nach oben. Mein Kopf durchstieß die Oberfläche und Zentimeter für Zentimeter hob mich das Meer an. Es umspülte mich, trug mich, wie ein sanftmütiges Tier inmitten des Fegefeuers. Ich war früher mal gesurft, aber nichts war mit diesem Gefühl nun vergleichbar.
Alastair rückte für mich in immer greifbarere Nähe.
»Nur keine Angst …«, flüsterte ich mir selbst zu. Ich musste mutig sein, durfte jetzt keine Schwäche zeigen.
Ohne Vorwarnung schoss jedoch plötzlich eine schwarzgewandete Gestalt nur wenige Meter vor mir aus dem Wasser.
»Lykos!«, entfuhr es mir überrascht.
Seine grauen Augen blitzten. »Damit hättest du wohl nicht gerechnet, Ashlyn, oder?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich dachte eigentlich, dass ich dich schon einmal getötet hätte. Das war wohl ein Fehler.« Ich biss mir hasserfüllt auf die Unterlippe. »Ein Fehler, den ich schnellstens korrigieren werde.«
»Hochmütig bis zum Ende, oder wie?«, spottete Lykos.
»Oh, Lykos, du solltest dieses Image deinem Heren, Alastair, überlassen. Zu ihm passt dieser Hohn besser«, stichelte ich und griff an.
Meine erste Attacke war nicht direkt das, was er wohl erwartet hatte, denn ich schleuderte ihm einfach nur eine Menge flüssiges Wasser ins Gesicht, um ihn abzulenken, und setzte dann mit einem wohlplatzierten Stich nach.
Sein Herz, da wollte ich ihn treffen.
Ihn endlich für immer aus dem Weg räumen.
Doch Lykos war Jahre lang von Alastair ausgebildet worden, und dieses Training wurde nun spürbar. Er wich blitzschnell aus, duckte sich unter meinem Hieb weg und konterte mit einem ähnlich gesetzten Angriff mit einem sehr ähnlichen Eisschwert. »Du bist schnell!«, bemerkte ich ausatmend und mich unter der Klinge wegdrehend. »Nicht schnell genug, fürchte ich!« Ein-, zwei-, dreimal schlug ich zu, von oben, von rechts und von links. Er gab meinen Angriffen nach, ließ sich ein wenig zurückfallen, parierte sie jedoch mühelos. Mein Arm wurde schwer wie Blei, und immer mehr meiner Waffe zerfiel zu Wasser – meine Konzentration ließ einfach nach.
So würde ich niemals gewinnen können.
Und Lykos spürte meine aufkommende Schwäche. Er trieb mich vor sich her, bis ich einen wagemutigen Plan zu verfolgen begann: Ich ließ mit einem Schlag die Kräfte des Wasser los und glitt ins Meer hinab.
Lykos drehte sich, das konnte ich von unten sehen, verwirrt herum, um zu sehen, ob ich hinter ihm wieder auftauchte, doch das tat ich nicht. Er schien zu warten, fasste sein Schwert fester und war höchst angespannt.
Gebt mir Kraft …
, flehte ich innerlich und begann dann, mit mentaler Energie seine Gedankenverbindung zu der Welle, die ihn trug, zu unterbrechen. Er sank ein ganzes Stück tiefer, bis er bemerkte, was ich versuchte. Anstatt freiwillig unter Wasser zu gleiten und dort weiterzukämpfen, stach er von oben zu, versuchend, mich zu treffen, doch das Wasser, das nun meinem Willen gehorchte, wurde ein undurchbrechlicher Schild.
Mit einem Ruck, den ich durch meine Arme symbolisierte, riss ich Lykos in die Tiefe, zerrte den Viorev-Stein von der Kette aus seiner Brust, schwang mich gleichzeitig nach oben, ließ eine Waffe materialisieren und – stieß sie ihm tief ins Herz.
Für einen Moment paddelte er noch direkt unter der Wasseroberfläche. Seine Augen drehten sich nach hinten, bis nur noch der weiße Glaskörper zu sehen war. Ein Zucken durchlief den Körper des Wasserflüsterer, das von seinen Zehen bis zu seinem Hals kam und in einem würgenden Geräusch in der Kehle verebbte.
Dieses Mal bestanden keine Zweifel: Lykos war tot. Und das war nicht nur Grund zu Erleichterung. Ich hatte nun zum ersten Mal im vollen Bewusstsein und komplett allein getötet.
Und dass es mir so wenig ausmachte, war eine beängstigende Tatsache.
Mir blieb keine
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