Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
das war das Einzige, was wir wollten.
Zusammen sein.
Sein Zimmer war deutlich kleiner als das meine, aber es gefiel mir auf Anhieb. Es war relativ aufgeräumt, was bei mir eine Seltenheit darstellte, und mit hellen Holzschränken eingerichtet. River besaß ein sehr ungewöhnliches Bett – es war an allen vier Ecken mit Ketten an der Decke befestigt und hing so im Raum.
»Wie bist du denn
da drauf gekommen
?«, fragte ich lachend.
»Meine Mom war Innenarchitektin, die eigentlich Kunst hatte studierenwollen. Sie hatte ein Faible für alles Außergewöhnliche«, erklärte er mir, und seine Stimme wurde weich, als er von seiner Mutter sprach.
Ich trat auf ihn zu, strich sein Haar aus der Stirn und berührte seine Kiemen zärtlich mit den Fingerspitzen. »Mir geht es genauso«, murmelte ich. »Wahrscheinlich bin ich deswegen so vernarrt in dich – wie deine Mom in deinen Dad.«
»Hat dir jemand schon mal gesagt, dass du im Grunde deines Herzens eine sehr süße Person bist?«, fragte River gespielt ernsthaft.
Ich schlug ihm spielerisch gegen die Schulter. »Idiot! Als ob ich nicht immer eine sehr süße Person wäre …«
»Autsch …«, machte er, obwohl es ihm unmöglich wehgetan haben konnte, dann zog er einen Themenwechsel vor: »Sag mal, was wolltest du mich eigentlich vorhin fragen, bevor wir … etwas vom Thema abgekommen sind?«
»Ich wollte alles über Azulamar wissen. Wenn ich es schon niemals von innen sehen darf … Sag mir, wie ist deine Familie so?«
»Also«, machte er gedehnt, ließ sich auf dem Bett nieder und wartete, bis ich mich neben ihn gesetzt hatte. »Zuallererst hätten wir da meine Großmutter –«
»Hippolyta«, fiel ich ihm ins Wort, um zu zeigen, dass ich mir den Namen gemerkt hatte.
»Richtig. Hippolyta ist eine große Königin aus dem alten Geschlecht, und wahrscheinlich ist das der Grund, dass sie sehr traditionsbewusst und eher konservativ ist. Sie hält nicht viel davon, dass ich bei den Menschen aufwachse, obwohl ich meine Kindheit genauso gut auch unten im Meer hätte verbringen können. Aber diese Entscheidung haben weder Giles noch ich getroffen, sondern Baltimore, mein Vater.
Er ist Hippolytas ältester Sohn gewesen und damit auch der Kronprinz – doch so, wie ich meinen Vater noch in Erinnerung habe und wie ich aus Erzählungen erfahren habe, war er jedoch ein Rebell, der sich schnell aus seinem goldenen Käfig befreite und an Land ging. Dort lernte er meine Mutter kennen, Monique Noir, und sie verliebten sich ineinander. Du kannst dir vorstellen, dass Hippolyta tobte, als sie erfuhr, dass ihr Erbe keinerlei Lust hatte, den Thron eines Tages zu besteigen. Sie hoffte innerlich allerdings bis zu seinem Tod, dass er sich anders entscheiden und doch die Thronfolge wählen würde.«
River blickte mir in die Augen. »Was ich dir jetzt erzähle, Ashlyn, ist der Grund, warum ich Gregory Aames verabscheue.«
Das dumpfe Gefühl, dass nun etwas folgen würde, was ich gar nicht hören wollte, beschlich mich.
»Er ist der Mörder meiner Mutter. Er und sein Handlanger Skelter.«
Ich starrte River an, in seine Augen, und war mir sicher, dass er nun vollkommen verrückt geworden war.
»Was hast du gesagt?«, fragte ich tonlos nach. Ich musste mich verhört haben …
»Skelter und Gregory haben zusammen meine Mutter ermordet«, wiederholte River nüchtern. Die Worte sickerten langsam zu meinem Bewusstsein durch, und trotzdem dauerte es einige Augenblicke, bis ich ihren Sinn verstanden hatte. Skelter und Gregory sollten Mörder sein. Die Mörder einer jungen Frau. Der Mutter von River. Das war – lächerlich.
»River, das muss ein Irrtum sein … Gregory mag ein kaltblütiger Geschäftsmann sein, aber so etwas würde er nie tun. Und somit auch nicht Skelter«, erwiderte ich.
»Es ist
kein
Irrtum«, antwortete River schnell, »denn es ist das, was mir mein Vater erzählt hat. Und ich weiß, dass er nicht lügt.«
»Und was, wenn er es auch nicht besser wusste? Wenn er auch einfach nur ein falsches Fazit gezogen hat?«, hakte ich nach.
»Das glaube ich nicht«, lautete Rivers kühle Antwort. »Tatsache ist, dass Monique umgebracht wurde. Erwürgt, um genau zu sein. Und zwar von Skelter und Gregory.«
»Tut mir leid, River, aber das kann ich nicht glauben.« Ich spannte meine Muskeln an, stellte mich gerade hin und wandte den Blick ab. »Ich will es auch gar nicht glauben, weißt du? Die ganze Geschichte ist total verrückt. Sie klingt wie ein Märchen, River! Mir macht das
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