Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
aneinanderreiben, wir waren Ebbe und Flut. Ohne einander hatte der Kosmos für mich keine Bedeutung mehr.
Mit einem Mal verstand ich, was River in Wahrheit für mich war: Er war nicht nur die Liebe meines Lebens, wie ich plötzlich realisierte, sondern die Ergänzung meiner Seele. Es war mein
Schicksal,
ihn zu lieben, ihm nahe zu sein. Der Tod war näher an mich herangerückt, seitdem ich ihn kannte, aber der Tod hatte auch eine andere Bedeutung bekommen.
Ich will nicht sagen, dass er mir plötzlich unwichtig erschien, aber doch hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass mein Leben wirklich nicht mit meinem letzten Atemzug verwirkt sein würde, nein, es würde weiterhin bestehen, solange diese Verbindung zu River da war.
Mir wurde bewusst, dass Ribbon immer noch auf eine Antwort von mir wartete. Tränen schimmerten in meinen Augen, aber sie rannen nicht über meine Wangen.
»Ich liebe ihn, Ribbon«, wisperte ich. »Und wenn du je geliebt hast, dann weißt du, dass es für mich keinen anderen Weg gibt, als es zu versuchen. Sollte ich mein Leben bei dem Versuch lassen, ihn zu retten …«, ich stockte kurz, musste meine Gedanken und Gefühle ordnen, »… dann würde ich meinen letzten Herzschlag in Gegenwart von River tun, und mehr will ich nicht. Nur dass es mein Ziel ist, vorher ein langes, glückliches Leben mit ihm zu führen.«
Diese Worte aus meinem Mund bewegten Ribbon ebenso sehr wie mich. Ich war erst siebzehn, und eigentlich hatte ich mich noch als Teenager gesehen. Noch nicht einmal volljährig. Mein Leben, so dachte ich immer, würde vor mir liegen.
Doch es war genau
jetzt. Jetzt
und nicht wann anders.
Diese Antwort genügte Ribbon.
»Ich werde euch helfen, und ich bete, dass eure Liebe eine Chance hat«, erwiderte er, legte seine Hand für einen Augenblick auf die meine und registrierte dann, in welch inniger Situation er sich befand. Mir schien es, als hätte er Angst vor den Emotionen, die flossen, und Angst davor, dass ich spüren konnte, dass hinter dem exaltierten, glamourösen Verbrecher eine gescheiterte, sensible Seele verborgen lag.
Er erhob sich hastig, um diesem Augenblick die Intensität zu entziehen.
»Du kannst hier bleiben, solange du es möchtest. Das Bad ist gleich nebenan, nimm dir Zeit für dich selbst, und ich lege dir in der Zwischenzeit frische Kleidung raus, einverstanden?«
»Einverstanden«, bestätigte ich knapp, stand ebenfalls auf und begab mich zuerst in das luxuriöse Badezimmer.
Sorgfältig verschloss ich die Tür hinter mir und lehnte mich für einen Moment erschöpft an die Wand. Ich hatte seit Tagen nicht geschlafen und spürte erst jetzt, wie müde ich war. Nie hatte ich mich der Sicherheit hingegeben und war beim Trampen im Auto irgendeines Autofahrers eingenickt. Meine Gedanken waren die ganze Zeit nur um River gekreist. Jetzt war es endlich still, und ich war allein.
Vorsichtig drehte ich die Dusche auf. Das Prasseln des Wassers setzte ein, und ein unwiderstehliches Kribbeln jagte durch meinen Körper. Es war ein wenig so, als riefe das Wasser leise meinen Namen. Ohne mich meiner Kleidung zu entledigen, trat ich dann unter den Strahl, schloss die Augen, um einfach nur das warme Wasser auf meiner Haut zu spüren. Jeder einzelne Tropfen hinterließ eine flüsternde Spur auf meinem Gesicht, verlieh mir neue Stärke.
Behutsam durchkämmte ich mein Haar mit den Fingern, während das Wasser, mein Element, die gröbsten Sorgen abwusch. Angst und Zweifel wurden von mir abgespült, ich war ganz allein nur mit mir selbst. Ich tat nichts anderes, als einfach nur dazustehen, mit herabhängenden Armen, mit erhobenem Kopf und mit leicht geöffneten Lippen, über die die Tropfen rinnen konnten. Sie schmeckten süßlich, nicht so wie Tränen.
»Ashlyn …«
Ich zuckte zusammen. Hatte jemand meinen Namen gesagt? Sofort öffnete ich wieder die Augen, konnte aber nichts sehen, da das Glas des Dusche vollkommen beschlagen war. Ein Schwindel ergriff mich, ich taumelte leicht nach hinten, bis ich mit meinem Rücken gegen die kalte Marmorwand stieß und mich an ihr auf den Boden der Dusche herunter gleiten ließ.
»Ashlyn …«
Schon wieder, wie eine Stimme, viel lauter als die Wassertropfen, aber weniger wirklich …
»Ich bin hier«, antwortete ich leise, mich suchend umsehend. »Wer ist da?«
»Ashlyn, das Wasser …«
Mit gerunzelter Stirn fuhr ich mir nervös mit der Zunge über die Lippen. Einen kurzen Moment lang zögerte ich, dann probierte ich aus, was ich
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