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Wie kleine Dinge Großes bewirken können untersucht Malcolm Gladwell den Einfluss von »Vermittlern« – Menschen, die eine »besondere Begabung haben, andere zusammenzuführen« und »eine instinktive und natürliche Gabe, soziale Verbindungen herzustellen«. Er beschreibt einen »klassischen Vermittler« namens Roger Horchow, einen charmanten und erfolgreichen Geschäftsmann und Sponsor von Broadway-Hits wie Les Misérables , der »Menschen sammelt wie andere Briefmarken«. 15 »Wenn Sie auf einem Flug über den Atlantik neben Roger Horchow sitzen würden«, schreibt Gladwell, »würde er anfangen zu reden, wenn das Flugzeug aufs Rollfeld fährt, Sie würden schon miteinander lachen, wenn das Anschnallzeichen erlischt, und bei der Landung auf der anderen Seite des Atlantiks würden Sie sich fragen, wo die Zeit geblieben ist.«
Wir denken von »Vemittlern« im Allgemeinen genauso, wie Gladwell Horchow sie beschreibt: gesprächig, umgänglich und sogar faszinierend. Aber lassen Sie uns einen Augenblick lang von einem bescheidenen Intellektuellen namens Craig Newmark sprechen. Newmark, klein, mit Brille und angehender Glatze, war 17 Jahre lang Systemanalytiker bei IBM. Davor nahmen seine Hobbys – Dinosaurier, Schach und Physik – seine Zeit in Anspruch. Wenn Sie neben ihm im Flugzeug sitzen, würde er vermutlich seine Nase in ein Buch stecken.
Doch Newmark ist zufällig auch der Gründer und Hauptanteilseigner von Craigslist , der gleichnamigen Internetseite, die Menschen – man höre und staune! – miteinander in Verbindung bringt. Im Oktober 2010 war Craigslist die achtgrößte englischsprachige Internetseite der Welt. Ihre Nutzer in 567 Städten und über fünfzig Ländern finden Jobs, Sexpartner und sogar Nierenspender auf Newmarks Seite. Sie tun sich zum Singen zusammen, sie lesen gegenseitig ihre Haikus, sie beichten ihre Affären. Newmark beschreibt die Seite nicht als Geschäftsunternehmen, sondern als Marktplatz.
»Menschen zusammenzuführen, um die Welt im Laufe der Zeit zu verbessern, ist das höchste spirituelle Ziel, das man haben kann«, hat Newmark gesagt. Nach dem Wirbelsturm Katrina konnten dank Craigslist gestrandete Familien eine neue Bleibe finden. Während des Bus- und Bahnstreiks in New York 2005 war Craigslist die richtige Adresse, um Mitfahrgelegenheiten zu finden. »Noch eine Krise, und Craigslist übernimmt das Kommando in der Stadt«, schrieb ein Blogger über die Rolle von Craigslist im Streik. »Wie kommt es, dass Craig das Leben so vieler Menschen auf so vielen persönlichen Ebenen berühren kann – und dass Nutzer seiner Seite ihr Leben gegenseitig auf so vielen Ebenen berühren können?«
Eine der Antworten lautet: Die sozialen Netzwerke im Internet haben zahlreichen Menschen, die nicht in das Schema der Harvard Business School passen, neue Formen von Führung eröffnet.
Am 10. August 2008 stellte Guy Kawasaki, Bestseller-Autor, Redner, Serienunternehmer und Silicon-Valley-Legende, bei Twitter folgenden Satz ins Netz: »Vielleicht fällt es euch schwer, es zu glauben. Aber ich bin introvertiert. Ich habe eine ›Rolle‹ zu spielen, aber ich bin im tiefsten Innern ein Einzelgänger.« Kawasakis Beitrag auf Twitter brachte die Welt der sozialen Internet-Netzwerke in Wallung. »Zu der Zeit«, schrieb ein Blogger, »hatte Guy ein Benutzerbild, das ihn mit einer Federboa in Pink auf einer großen Party zeigte, die er in seinem Haus gab … Guy Kawasaki, ein Introvertierter? Dass ich nicht lache.«
Am 15. August 2008 mischte sich Pete Cashmore ein, der Gründer von Mashable , einem Internetverzeichnis sozialer Netzwerke. »Wäre es nicht eine großartige Ironie«, fragte er, »wenn die führenden Verfechter des ›Es geht um Menschen‹-Mantras gar nicht so sehr darauf erpicht wären, im wirklichen Leben einem Haufen von Menschen zu begegnen? Vielleicht geben uns die sozialen Netzwerke die Kontrolle, über die wir im wirklichen Leben mit anderen nicht verfügen: den Bildschirm zwischen uns und der Welt als Schranke.« Dann outete sich Cashmore selbst. »Sortiert mich ins Lager der Introvertierten ein zusammen mit Guy«, schrieb er.
Untersuchungen zeigen, dass Introvertierte tatsächlich eher als Extravertierte intime Details über sich ins Netz stellen, die ihre Familie und ihre Freunde mit Verwunderung lesen würden, dass sie eher sagen, sie könnten ihr »wahres Ich« online ausdrücken, und mehr Zeit mit Online-Diskussionen verbringen. Sie genießen die Chance, digital
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