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»sprachen sehr ruhig, aber sie zogen die Anrufe konsequent durch. Sie waren auf die Sache konzentriert und blieben dabei.« Die einzigen Extravertierten, die ihnen überlegen waren, waren diejenigen, die zufällig ebenfalls ungewöhnlich hohe Punktzahlen bei einem weiteren Persönlichkeitsmerkmal erreichten, das die Gewissenhaftigkeit misst. Im Allgemeinen glich die Beharrlichkeit der Introvertierten die Euphorie der Extravertierten mehr als aus – selbst bei einer Aufgabe, bei der Fähigkeiten im Umgang mit Menschen als großes Plus betrachtet werden könnten.
Beharrlichkeit ist nicht sehr glamourös. Wenn man, um ein Genie zu werden, ein Prozent Inspiration und 99 Prozent Schweiß braucht, dann tendieren wir als Kultur dazu, dies eine Prozent zu vergöttern. Wir lieben sein Funkeln und Glitzern. Aber die eigentliche Stärke liegt in den 99 Prozent. »Ich bin gar nicht so klug«, sagte Einstein, der ein ausgeprägter Introvertierter war. »Ich setze mich einfach länger mit den Problemen auseinander.«
Meine Ausführungen sollen diejenigen, die sich gerne weit vorwagen, weder verunglimpfen noch die Nachdenklichen und Vorsichtigen blind glorifizieren. Es geht darum, dass wir Euphorie überbewerten und die Risiken der Belohnungssensitivität ignorieren. Wir müssen wieder eine Balance zwischen Aktion und Reflexion herstellen.
Wenn Sie beispielsweise Stellen in einer Investmentbank zu besetzen hätten, sagte mir Professor Camelia Kuhnen, sollten Sie nicht nur belohnungssensitive Typen einstellen, die vermutlich von Bullenmärkten profitieren werden, sondern auch Leute, die Verluste vermeiden wollen und die Bärenmärkte im Blick haben. Kuhnen und ihr Kollege, der Neurowissenschaftler Brian Knutson von der Stanford University, haben herausgefunden, dass Menschen mit einem hochsensiblen Belohnungssystem oft relativ reich sind, während jene mit einem aktiven Verlustvermeidungssystem – eine Art spiegelbildliches Belohnungssystem, dessen Aufgabe es ist, unsere Aufmerksamkeit auf das Risiko zu lenken – eher schuldenfrei sind. Wir sollten sicherstellen, dass beide Herangehensweisen Eingang in wichtige Firmenbeschlüsse finden, nicht nur eine. Und die Menschen auf beiden Seiten des Spektrums sollten sich ihrer eigenen emotionalen Vorlieben bewusst sein und sie zügeln können, um sie den Marktgegebenheiten sinnvoll anzupassen.
Aber nicht nur Arbeitgeber profitieren davon, sich ihre Arbeitnehmer genauer anzuschauen. Wir müssen auch auf uns selbst einen genauen Blick werfen. Das Verständnis, wo wir auf dem Spektrum der Belohnungssensitivität stehen, eröffnet uns die Chance, unser Leben gut zu leben.
Wenn Sie extravertiert sind und überschwängliche Gefühle lieben, sind Sie in der glücklichen Lage, viele anregende Emotionen zu genießen. Machen Sie das Beste daraus: Bauen Sie Dinge, inspirieren Sie andere, denken Sie groß. Eröffnen Sie eine Firma, stellen Sie eine Webseite ins Netz, bauen Sie ein aufwändiges Baumhaus für Ihre Kinder. Aber denken Sie auch daran, dass Sie eine Achillesferse haben und dass Sie lernen müssen, diese zu schützen. Üben Sie sich darin, Energie auf das zu verwenden, was wirklich Bedeutung hat, statt auf Aktivitäten, die aussehen, als würden sie Ihnen das schnelle Geld, Status oder Nervenkitzel bringen. Üben Sie, innezuhalten und nachzudenken, wenn Warnsignale auftauchen, die besagen, dass die Dinge sich nicht so entwickeln, wie Sie gehofft haben. Lernen Sie aus Ihren Fehlern. Suchen Sie sich ein Gegenüber (Ehepartner, Freunde oder Geschäftspartner), das ihnen hilft, sich zu zügeln, und Ihre blinden Flecken kompensiert.
Und wenn Sie eine Investition tätigen oder etwas tun, bei dem es um ein weises Ausbalancieren von Risiko und Belohnung geht, halten Sie sich selbst in Schach. Dazu sollten Sie beispielsweise darauf achten, dass Sie sich im wichtigen Augenblick der Entscheidung nicht mit Bildern von Belohnung umgeben. Kuhnen und Knutson haben herausgefunden, dass Männer, denen man erotische Bilder zeigt, bevor sie Glücksspiele machen, mehr Risiken eingehen als diejenigen, denen man neutrale Bilder etwa von Schreibtischen und Stühlen zeigt. 17 Das liegt daran, dass die Aussicht auf eine Belohnung – jegliche Art von Belohnung, ob sie mit der vorliegenden Sache zu tun hat oder nicht – unsere dopamingesteuerten Belohnungssysteme anregt und uns vorschnell handeln lässt. (Das ist vielleicht das beste Argument, um Pornografie vom Arbeitsplatz zu verbannen.)
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