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lernen, sich selbst Belohnungen zu geben.« 19
In gewisser Hinsicht geht Czikszentmihalyi über Aristoteles hinaus, wenn er behauptet, dass es ein bestimmtes Tun gibt, bei dem es nicht um Lustgewinn oder Schmerzvermeidung, sondern um etwas Tieferes geht: um die Erfüllung, die eintritt, wenn man sich völlig in eine Tätigkeit versenkt. »Die psychologischen Theorien gehen gewöhnlich davon aus, dass wir entweder von dem Bedürfnis motiviert sind, einen Unlustzustand wie Hunger oder Angst zu beseitigen«, schreibt Czikszentmihalyi, »oder von der Erwartung einer zukünftigen Belohnung, wie Geld, Status oder Prestige.« 20 Aber beim Flow »könnte ein Mensch tagelang rund um die Uhr arbeiten, aus keinem besseren Grund als weiterarbeiten zu wollen«.
Finden Sie als introvertierte Persönlichkeit Ihren Flow, indem Sie Ihre Talente einsetzen. Sie haben die Stärke der Beharrlichkeit, die Hartnäckigkeit, komplexe Probleme zu lösen, und die Klarsichtigkeit, Fallen zu vermeiden, in die andere hineingehen. Sie sind relativ immun gegen die Versuchung, die von oberflächlichen Belohnungen wie Geld und Status ausgeht. In der Tat besteht Ihre größte Herausforderung vielleicht darin, sich Ihre positiven Eigenschaften voll zunutze zu machen. Sie sind vielleicht so sehr darum bemüht, wie ein eifriger belohnungssensitiver Extravertierter zu wirken, dass Sie Ihre eigenen Talente unterschätzen – oder sich von den Menschen in Ihrer Umgebung unterschätzt fühlen. Aber wenn Sie sich auf ein Projekt konzentrieren, das Ihnen am Herzen liegt, stellen Sie vermutlich fest, dass Ihre Energie grenzenlos ist. 21
Bleiben Sie also Ihrem wahren Wesen treu. Wenn Sie Dinge gern langsam und stetig angehen, dann lassen Sie sich von anderen nicht unter Druck setzen. Wenn Sie Tiefe mögen, zwingen Sie sich nicht zur Breite. Wenn Sie sich lieber auf eine Sache konzentrieren, als viele Dinge parallel zu tun, bleiben Sie bei der einen Sache. Da Sie relativ unabhängig von Belohnungen wie Geld und Status sind, gibt Ihnen das die unermessliche Kraft, Ihren eigenen Weg zu gehen. Es liegt an Ihnen, diese Unabhängigkeit konstruktiv einzusetzen.
Natürlich ist das nicht immer leicht. Als ich dieses Kapitel schrieb, korrespondierte ich mit Jack Welch, dem ehemaligen Vorstandschef von General Electric. Er hatte gerade eine Online-Kolumne in der Business Week veröffentlicht mit dem Titel »Release Your Inner Extrovert« (»Befreien Sie den Extravertierten in Ihrem Innern«), in der er Introvertierte aufrief, im Beruf extravertierter zu agieren. Ich warf ein, dass manchmal auch Extravertierte introvertierter agieren müssten, und teilte ihm einige von den hier dargestellten Überlegungen mit, dass die Wall Street vielleicht davon profitiert hätte, wenn mehr Introvertierte am Steuer gewesen wären. Welch war fasziniert. »Aber die Extravertierten würden argumentieren«, erwiderte er, »dass sich die Introvertierten nie zu Wort melden.«
Das lässt sich kaum bestreiten. Introvertierte müssen lernen, ihrem Bauchgefühl zu trauen und ihre Gedanken nachdrücklich zu äußern, so wie Eleanor Roosevelt es tat, als sie für die sozialen Fragen eintrat, und Gore in seinem Film Eine unbequeme Wahrheit . Das heißt nicht, Extravertierte nachzuäffen; Gedanken kann man auch leise äußern, sie können schriftlich kommuniziert werden, sie können in interessante Vorträge verpackt werden, sie können durch Mitstreiter lanciert werden. Introvertierte müssen lernen, sich selbst treu zu bleiben, statt sich von den geltenden Normen wegfegen zu lassen. Die Vorgeschichte der Rezession von 2008 ist leider gespickt mit vorsichtigen Menschen, die trotzdem unangemessene Risiken eingingen, wie etwa dem ehemaligen Vorstandschef der Citigroup, Chuck Prince, einem Exanwalt, der in einem fallenden Markt weiter riskante Anleihen platzierte und sein Verhalten mit dem Satz begründete: »Solange die Musik spielt, muss man aufstehen und tanzen.«
»Menschen, die anfangs vorsichtig sind, werden offensiver«, kommentiert Boykin Curry dieses Phänomen. »Sie sagen: ›Die offensiven Leute werden befördert und ich nicht, also werde ich auch offensiver.‹«
Aber in finanziellen Krisen gibt es auch solche Menschen, die dafür bekannt werden, dass sie die Krise haben kommen sehen – und das zu ihrem Vorteil. Die Protagonisten dieser Geschichten sind meistens die Art Menschen, die Furcht, Unsicherheit und Bedenken akzeptieren, gern die Jalousien in ihren Büros
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