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die Unterhaltungs-und Medienbranche spezialisierte Investmentbank Allen & Co. eine einwöchige Konferenz in Sun Valley, Idaho, aus. Es ist nicht einfach irgendeine Konferenz. Es ist eine extravagante Veranstaltung mit verschwenderischen Partys, Wildwasser-Rafting, Eislaufen, Bergwandern, Fliegenfischen, Reiten und einer ganzen Armada von Babysittern, die sich um die Kinder der Gäste kümmern. Da die Gastgeber die Medienindustrie bedienen, gehörten zu den geladenen Gästen in der Vergangenheit Zeitungsmogule, Hollywood-Berühmtheiten und Silicon-Valley-Stars, darunter zugkräftige Namen wie Tom Hanks, Candice Bergen, Rupert Murdoch, Steve Jobs und viele andere.
Wie die Biografie von Alice Schroeder Warren Buffett – Das Leben ist wie ein Schneeball 23 enthüllt, war im Juli 1999 auch Buffett unter den Gästen. Er war Jahr für Jahr immer mit seiner gesamten Familie im Schlepptau gekommen, flog mit dem Gulfstream-Jet ein und residierte mit den anderen anwesenden VIPs in ausgewählten Wohnungen mit Blick über den Golfplatz. Buffett liebte seine jährlichen Ferien in Sun Valley und betrachtete sie als großartige Gelegenheit, um seine Familie um sich zu versammeln und alte Freunde wiederzusehen.
Doch in diesem Jahr war die Stimmung anders als sonst. Es war der Höhepunkt des Technologie-Booms, und neue Gesichter saßen am Tisch – die Chefs der Technologiefirmen, die beinahe über Nacht reich und mächtig geworden waren, und die Risikokapital-Anleger, die sie mit Geld versorgten. Diese Leute saßen auf dem hohen Ross. Als die Starfotografin Annie Leibowitz erschien, um das »Medien-Starteam Amerikas« für Vanity Fair zu fotografieren, setzten einige alles daran, um auf das Foto zu kommen. Sie glaubten, ihnen gehöre die Zukunft.
Buffett zählte ganz entschieden nicht zu dieser Gruppe. Er war ein Investor alten Schlages, der sich vom spekulativen Run auf Firmen mit unklaren zukünftigen Gewinnaussichten nicht anstecken ließ. Viele taten ihn als Relikt der Vergangenheit ab. Aber Buffett war immer noch mächtig genug, um die Grundsatzrede am letzten Tag der Konferenz zu halten.
Er grübelte lange über dieser Rede und bereitete sie wochenlang vor. Nachdem er das Eis mit einer charmanten, selbstironischen Geschichte gebrochen hatte – Buffett fürchtete sich davor, Reden zu halten, bis er einen Dale-Carnegie-Kurs gemacht hatte –, erläuterte er seinem Publikum bis ins kleinste, brillant analysierte Detail hinein, warum der von den Firmen des Neuen Marktes angeheizte Bullenmarkt nicht anhalten würde. Buffett hatte die Daten studiert, die Gefahrensignale erkannt und sich dann die Zeit genommen, über ihre Bedeutung nachzudenken. Es war seine erste öffentliche Vorhersage im Laufe von dreißig Jahren.
Die Zuhörer waren nicht begeistert. Buffett fuhr ihnen in die Parade. Er erhielt zwar stehende Ovationen, doch unter vier Augen taten viele seine Überlegungen ab. »Guter alter Warren«, sagten sie, »ein kluger Mann, aber diesmal hat er den Zug verpasst.«
Später am selben Abend ging die Konferenz mit einem großartigen Feuerwerk zu Ende. Wie immer war sie ein strahlender Erfolg gewesen. Aber der wichtigste Aspekt der Zusammenkunft – dass Warren Buffett die Teilnehmer auf die Warnzeichen des Marktes aufmerksam gemacht hatte – enthüllte sich erst im folgenden Jahr, als die Neue-Markt-Blase platzte, genauso wie er es vorhergesagt hatte.
Buffett ist nicht nur auf seine Erfolgsgeschichte stolz, sondern auch darauf, seiner eigenen »inneren Scorecard« treu zu bleiben. Er teilt die Welt in Menschen ein, die sich auf ihre eigenen Instinkte verlassen – und jene, die der Herde folgen.
»Ich fühle mich, als würde ich auf dem Rücken liegend die Sixtinische Kapelle ausmalen«, sagt Buffett über sein Leben als Investor. »Ich freue mich, wenn Menschen sagen: ›Das Bild ist wirklich gelungen.‹ Aber es ist mein Gemälde, und wenn jemand fragt: ›Warum nimmst du nicht mehr Rot statt Blau?‹, sage ich tschüs. Es ist mein Gemälde. Es ist mir egal, zu welchem Preis es verkauft wird. Das Gemälde wird nie fertig werden. Das ist eines von den großartigen Dingen daran.«
KAPITEL 8
Die Macht der Sanftmut
Das Extravertiertenideal in anderen Gesellschaften
Auf sanfte Weise kann man die Welt erschüttern.
Mahatma Gandhi
Es ist ein sonniger Frühlingstag im Jahre 2006. Der 17-jährige chinesischstämmige Mike Wei, der das letzte Schuljahr der Lynbrook Highschool in der Nähe von Cupertino, Kalifornien,
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