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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Doktortiteln, einem in Physik (in statistischer noch dazu) und einen in Finanzwissenschaft. Er arbeitete für eine Börsenhandelsfirma und war besessen von den anekdotischen Aspekten der Finanzmärkte. Einmal fragte er mich beharrlich, in welche Richtung der Aktienmarkt sich meiner Ansicht nach an jenem Tag bewegen werde. Ich gab ihm sicherlich eine höfliche Antwort nach dem Motto »Ich weiß nicht, vielleicht nach unten« – möglicherweise sagte ich das genaue Gegenteil dessen, was ich eine Stunde zuvor auf seine Frage geantwortet hätte. Am nächsten Tag zeigte er sich bei meinem Anblick höchst alarmiert. Er ereiferte sich in einem fort über meine Glaubwürdigkeit und fragte wieder und wieder, wie ich in meiner »Prognose« so daneben gelegen haben konnte, denn die Aktienkurse seien im weiteren Verlauf gestiegen. Dieser Mann konnte anhand einer einzigen Beobachtung Schlussfolgerungen über meine Prognosefähigkeit und »Glaubwürdigkeit« ziehen. Würde ich ihn aber anrufen, meine Stimme verstellen und sagen: »Hallo, hier ist Doktor Talebski von der Akademie in Lodz, und ich habe ein interrressantes Prrroblem« und ihm diese Frage als statistische Denksportaufgabe vortragen, würde er mich auslachen und sagen: »Doktor Talevski, haben Sie Ihren Doktortitel in einem Glückskeks gefunden?« Warum ist das so?
    Wir haben es hier eindeutig mit zwei Problemen zu tun. Erstens verwendete dieser Quant für seine Schlussfolgerung nicht sein statistisches, sondern ein anderes Gehirn. Zweitens beging er den Fehler, die Bedeutung kleiner Stichproben zu überschätzen (in diesem Fall eine einzige Beobachtung – der schlimmste Inferenzfehler, den man überhaupt begehen kann). Mathematiker machen außerhalb ihres theoretischen Fachgebiets ungeheuerliche mathematische Fehler. Bei einer Stichprobe mathematischer Psychologen, von denen einige statistische Lehrbücher verfasst hatten, wunderten sich Tversky und Kahneman sehr über die Fehler, die ihren Probanden unterliefen: »Die Befragten vertrauten dem Ergebnis kleiner Stichproben zu sehr, und ihr statistisches Urteilsvermögen reagierte nicht sonderlich sensibel auf die Stichprobengröße.« Verwunderlich daran ist, dass sie es nicht nur besser hätten wissen müssen, sondern »es tatsächlich besser wussten«. Und dennoch ...
    An dieser Stelle möchte ich noch einige weitere Heuristiken anführen. 1) Die Verfügbarkeitsheuristik : Wir sahen sie in Kapitel 3 – ein Erdbeben in Kalifornien wird für »wahrscheinlicher« gehalten als eine Katastrophe im ganzen Land beziehungsweise Tod infolge eines Terroranschlages wird als »wahrscheinlicher« wahrgenommen als Tod aus allen erdenklichen Ursachen (einschließlich Terrorismus). Sie entspricht der Praktik, die Häufigkeit eines Ereignisses an der Leichtigkeit zu messen, mit der man sich an derartige Vorkommnisse erinnern kann. 2) Die Repräsentativitätsheuristik : Die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit einer Person zu einer bestimmten sozialen Gruppe wird daran gemessen, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen dieser Person und dem Stereotyp der betreffenden Gruppe sind. Eine in der Frauenbewegung aktive Philosophiestudentin wird eher für eine feministische Bankangestellte als einfach nur für eine Bankangestellte gehalten. Dieses so genannte »Linda-Problem« (nach dem Namen der Feministin) hat zu vielen akademischen Ergüssen geführt (einige Teilnehmer an der »Rationalitätsdebatte« glauben, Kahneman und Tversky würden höchst normative Forderungen an uns Menschen stellen). 3) Die Simulationsheuristik : Die Leichtigkeit, mit der ein Ereignis im Kopf rückgängig gemacht werden kann, indem man das Alternativszenario durchspielt. Sie entspricht dem kontrafaktischen Denken: Stellen Sie sich vor, was passieren hätte können, wenn Sie den Zug nicht verpasst hätten. 4) In Kapitel 3 haben wir die Affektheuristik gesehen: Die von Ereignissen hervorgerufen Emotionen bestimmen, für wie wahrscheinlich man die betreffenden Vorkommnisse hält.

Doppelte Logiksysteme
    Spätere Untersuchungen brachten das Problem so auf den Punkt: Wir arbeiten mit zwei möglichen Logiksystemen. Heuristiken gehören zum einen, Rationalität zum anderen. Denken Sie an den Kollegen aus Kapitel 2, der in der Theorie ein anderes Gehirn als im praktischen Leben benutzte. Haben Sie sich nicht gefragt, warum ein Mensch, bei dem man ausgezeichnete Physikkenntnisse voraussetzt, die grundlegenden Regeln dieses Fachgebiets nicht auf seinen Fahrstil

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