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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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würde ja verrückt, wenn man auf die Launen des Marktes hören würde«, sagte er. Damit meinte er, dass der »Lärm« – oder die Nebengeräusche – ein technischer Ausschlag seien, auf den höchstwahrscheinlich »Lärm« in entgegengesetzter Richtung folgen würde. Das war im Klartext die Übersetzung dessen, was Henry ihm erklärte. Aber der »Lärm« schwoll immer mehr in die gleiche Richtung an.
    Wie in einem biblischen Kreislauf dauerte es sieben Jahre, bis John ein Star war. Als gescheiterte Existenz stand er nach nur sieben Tagen da. Heute wird John wie ein Aussätziger behandelt; er ist arbeitslos und seine Telefonanrufe werden nicht erwidert. Viele seiner Freunde befanden sich in der gleichen Lage. Wie konnte das geschehen? Wie konnte er trotz der ihm zur Verfügung stehenden Informationen, seiner makellosen Erfolgsbilanz (und somit einer in seinen Augen überdurchschnittlichen Intelligenz und Kompetenz) und der Unterstützung raffiniertester Mathematik ein solches Fiasko erleben? Könnte es vielleicht daran liegen, dass er eine zwielichtige Gestalt namens Zufall vergessen hatte?
    Es dauerte lange, bis John verstand, was sich da abgespielt hatte. Dazu überschlugen sich die Ereignisse zu sehr, und er selbst war zu geschockt. Der Kursrückgang war nicht sehr groß. Nur hatte er sich so ungeheuer viele Fremdmittel geliehen. Noch mehr entsetzte ihn die Tatsache, dass nach allen Berechnungen die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses bei einmal in 1 000 000 000 000 000 000 000 000 Jahren lag. Henry nannte das ein »Zehn-Sigma-Ereignis«. Dass Henry die Einsätze verdoppelte, schien keine Rolle zu spielen. Die Wahrscheinlichkeit lag dadurch bei zweimal in 1000000 000 000 000 000 000 000 Jahren.
    Wann wird sich John von seiner Zerreißprobe erholen? Vermutlich nie. Das liegt nicht daran, dass John Verluste erlitt. Gute Händler sind an Verluste gewöhnt. Vielmehr liegt es daran, dass er einen »Blow-up« erlebte: Er verlor mehr als geplant. Sein persönliches Selbstvertrauen war zerrüttet. Aber es gibt noch einen weiteren Grund, warum John sich niemals wieder von diesem Schlag erholen wird. Er war nämlich gar nicht talentiert, sondern nur einer der Menschen, die sich zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufhalten. Er erweckte lediglich den richtigen Eindruck, aber das gilt für viele Menschen.
    Nach diesem Vorfall hielt sich John für »ruiniert«. Dennoch beläuft sich sein Privatvermögen immer noch auf fast eine Million Dollar, und mehr als 99,9 Prozent der Erdbewohner würden ihn um diesen Reichtum beneiden. Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen dem Wohlstandsniveau, das man auf dem Weg nach unten erreicht, und dem Vermögen, das man sich aufbaut. Von 16 auf eine Million Dollar zu kommen ist nicht so angenehm wie von null auf eine Million. Darüber hinaus schämt sich John; er hat nach wie vor Angst davor, auf der Straße zufällig alten Bekannten zu begegnen.
    Besonders unglücklich über das letztendliche Resultat sollte vielleicht sein Arbeitgeber sein. John hat noch ein bisschen Geld retten können – die eine Million Dollar, die er gespart hatte. Er sollte dankbar dafür sein, dass ihn dieser Vorfall nichts gekostet hat, abgesehen von den emotionalen Qualen. Sein Privatvermögen ist nicht auf unter null gesunken. Bei seinem letzten Arbeitgeber verhielt sich das anders. John hatte für verschiedene New Yorker Investmentbanken in sieben Jahren 250 Millionen Dollar erwirtschaftet. Seinem letzten Arbeitgeber aber bescherte er innerhalb weniger Tage einen Verlust von über 600 Millionen Dollar.

Die Gemeinsamkeiten
    Ich muss den Leser an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sich nicht alle Emerging-Market- und High-Yield-Händler wie Carlos oder John verhalten. Nur die erfolgreichsten unter ihnen – leider – beziehungsweise jene, die während der Hausse von 1992 bis 1998 die größten Erfolge erzielen konnten.
    In ihrem Alter haben sowohl John als auch Carlos die Chance, sich wieder eine Karriere aufzubauen. Sie täten gut daran, sie außerhalb ihres derzeitigen Berufs zu suchen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie nach diesem Vorfall dort nicht überleben werden. Der Grund: Wenn man die Situation mit jedem der beiden erörtert, erkennt man bald, dass beide die Wesensmerkmale akut erfolgreicher Narren des Zufalls aufweisen, die noch dazu im zufälligsten Umfeld von allen agieren. Besorgniserregender ist jedoch die Tatsache, dass ihre Vorgesetzten und Arbeitgeber

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