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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Zins-Spread genannt. Das scheint nicht viel zu sein, doch konnte John Fremdmittel aufnehmen und über den Leverage-Faktor den daraus resultierenden Gewinn vervielfachen. Er tat dies in verschiedenen Ländern, lieh sich Geld zum ortsüblichen Zinssatz und investierte diese Mittel in »Risikopapiere«. Der Nennwert solcher Transaktionen in verschiedenen Kontinenten konnte bei John ohne weiteres bis zu drei Milliarden betragen. Gegen sein Zinsrisiko sicherte er sich ab, indem er amerikanische, britische, französische und andere Staatsanleihen kaufte und so seinen Einsatz auf das Gefälle zwischen den beiden Instrumenten beschränkte. Dank dieser Hedging-Strategie fühlte er sich völlig sicher – ihm konnten hässliche internationale Zinsschwankungen nichts anhaben (so glaubte er zumindest).

Der »Quant«, der sich mit Computern und Gleichungen auskannte
    John wurde unterstützt von Henry, einem ausländischen »Quant« (quantitativen Analysten), dessen Englisch unverständlich war, der aber dafür dem Verlauten nach in Risikomanagementmethoden mindestens ebenso kompetent wie John im Handel war. Mathematik war nicht Johns Stärke, er verließ sich auf Henry. »Sein Hirn und mein Geschäftssinn«, pflegte er zu sagen. Henry lieferte ihm die Risikoauswertungen für das Gesamtportfolio. Immer wenn John sich Sorgen machte, bat er Henry um weitere, frisch aktualisierte Berichte. Als John ihn engagierte, absolvierte Henry gerade ein Aufbaustudium in Operations Research. Sein Spezialgebiet war Computational Finance. Wie der Name schon impliziert, schien der Schwerpunkt dieses Fachgebiets primär darauf zu liegen, Computerprogramme über Nacht laufen zu lassen. Henrys Gehalt stieg in drei Jahren von 50 000 auf 600 000 Dollar.
    Ein Großteil der Gewinne, die John für seinen Arbeitgeber erwirtschaftete, war nicht auf Zinsgefälle zwischen den oben erwähnten Finanzinstrumenten zurückzuführen. Vielmehr stammte er aus den Wertsteigerungen der Papiere, die John hielt, die größtenteils darauf zurückzuführen waren, dass viele andere Händler diese Anleihen ebenfalls kauften, weil sie Johns Trading-Strategie nachahmen wollten (was zu einem Kursanstieg bei den betreffenden Anleihen führte). Das Zinsgefälle näherte sich dem an, was John für den »Fair Value« hielt. Seiner Ansicht nach verwendete er solide Methoden zur Berechnung des »Fair Value«. Er stützte sich auf eine ganze Abteilung, die ihm bei der Analyse und Identifizierung von interessanten Anleihen mit Wertsteigerungspotenzial half. Für ihn war es normal, immer wieder so hohe Gewinne zu erwirtschaften.
    John brachte seinen Arbeitgebern stetige Erträge – oder vielleicht sogar noch mehr. Jedes Jahr verdoppelten sich seine Erfolge im Vergleich zum Vorjahr beinahe. In seinem letzten Jahr schnellte sein Verdienst gewaltig in die Höhe, und das seinen Transaktionen zugewiesene Kapital überstieg seine kühnsten Träume. Er erhielt eine Bonuszahlung von zehn Millionen Dollar (vor Steuern, was zu Steuerzahlungen von insgesamt fast fünf Millionen Dollar führen würde). Johns Privatvermögen lag in seinem 32. Lebensjahr bei einer Million Dollar. Bis zu seinem 35. Geburtstag kletterte es auf 16 Millionen Dollar. Ein Großteil davon stammte aus Bonuszahlungen, doch entfiel ein beträchtlicher Anteil auf die Gewinne, die er mit seinem persönlichen Portfolio erzielte. Von den 16 Millionen investierte er ungefähr 14 Millionen Dollar kontinuierlich in seine Geschäfte. Über Effektenkredite (also Einsatz von Fremdmitteln zur Geldanlage) konnte er so Kapital im Wert von 50 Millionen Dollar in seinen Transaktionen einsetzen; die Bank lieh ihm dabei 36 Millionen Dollar. Ein solcher »Leverage« hatte zur Folge, dass ein kleiner Verlust sich verschlimmerte und ihn in den Ruin trieb.
    Es dauerte nur wenige Tage, bis sich die 14 Millionen Dollar in Luft aufgelöst hatten – und John gleichzeitig auch seinen Job verlor. Wie im Falle von Carlos geschah all das im Sommer 1998, als das Kursniveau von High-Yield-Anleihen in den Keller rutschte. Die Märkte traten in eine volatile Phase ein, in der fast alle seine Anlagen sich gleichzeitig gegen ihn wandten. Seine Hedging-Geschäfte sicherten ihn nicht mehr ab. Er war wütend auf Henry, weil dieser nicht erkannt hatte, dass solche Ereignisse eintreten können. Vielleicht lag das ja an einem Fehler im Computerprogramm.
    Johns Reaktion auf seine ersten Verluste war charakteristisch für ihn: Er ignorierte die Märkte. »Man

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