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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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»Dass du sterben solltest. Glaubst du etwa, die Vorstellung gefällt mir?«
    Robert macht ein nachdenkliches Gesicht. »Jetzt, wo du mich fragst …«
    Die Ironie entgeht Victoria. »Ich bitte dich.«
    »Schon gut, Weib!« Robert legt den Arm um sie. »Ich mag es, dass du deinem Vater jeden Sonntag Blumen ans Grab bringst. Und es lässt mich hoffen. Immerhin habe ich drei Kinder, die sich abwechseln können.« Er zwinkert Sam zu.
    Trixi lehnt sich an Nikolaj. Sie sehen einander verliebt in die Augen. »Und eine Schwiegertochter zumal. Kann nichts passieren.«
    Ihm ist es ernst, denkt Sam. Er lässt es aussehen wie einen Witz, aber ihm ist es ernst.
    »Tulpen? Mimosen? Calla?«, neckt sie ihren Vater. Für Momente will sie die lässige Stimmung aufrecht halten. Bevor Victoria eine weitere Bemerkung macht, die das Heitere vollständig aufsaugt. »Was möchtest du?«
    »Alles, nur keine Gladiolen.«
    »Sollte machbar sein. Was meinst du, Nikolaj?« Sam sieht ihren Bruder an. Der ist beschäftigt. Eifrig dabei, seiner Trixi in die bernsteinfarbenen Augen zu sehen.
    »Lass die beiden Turteltauben«, grinst Robert. »Gehen wir?«

11
    Victoria May hat es zu einer Tradition gemacht. Sonntags geht sie mit der Familie zum Grab ihres Vaters. Sie bringt frische Blumen und verleiht dem Grab eine individuelle Note. Alles andere erledigt die Friedhofsgärtnerei. Victoria hat bald nach Isaacs Tod die Grabpflege aus der Hand gegeben. Ihre Mutter ließ alles zu. Eine Phase der Schwäche, die Victoria auszugleichen hatte. Ich hatte es selbst nicht leicht, denkt sie, als sie sich einen Gin Tonic mixt. Ein Kleinkind von einem Jahr zu versorgen, einen Mann, der mit seinen Fliesen verheiratet war, anstatt mit mir. Und was hatte ich für große, hochfliegende Pläne!
    Sams Fragerei hat sie ziemlich aus dem Konzept gebracht. Sie nimmt einen großen Schluck. Victoria hat in ihrem Leben viele Gin Tonic getrunken. Sie liebt die belebende und zugleich entspannende Wirkung.
    An jenem Freitag hat sie mit dem Gin angefangen. An einem Freitag im Frühjahr 1983. Ein Jahr war die zerstörerische Reise her. Wenn sie daran denkt, dass sie losfuhr, um einer anderen einen Gefallen zu tun … Seit damals braucht sie einen Drink, um schlafen zu können.
    Die Eiswürfel klirren leise im Glas.
    Anfang des Jahres 1983 fand sie endlich, nach langem Suchen, eine Galeristin. Eine große Münchner Galerie, um genau zu sein. Angesehen, gut im Geschäft und mit dem richtigen Adressbuch. Als der Vertrag unterzeichnet war, kam es Victoria vor, als wäre sie in die Welt der wirklichen Künstler eingetreten. Derjenigen, die ihre Werke zu Geld machen. Kein l’art pour l’art, sondern Business.
    Robert war nicht zu Hause an jenem Freitag. Er war ja so gut wie nie zu Hause. Es war spät und es regnete. Seit Tagen. Dauerregen. Kein Anflug von Frühling und lauem Lenz. Sam schlief. Sie war zum Glück ein umgängliches Kleinkind, absolut pflegeleicht. Victoria erinnert sich, dass sie am Skizzieren war. Dass ihre Hände und das lange Shirt von Robert, das sie gern zum Malen trug, voller Weidenholzkohle waren. Rabenschwarz.
    Wie ihre Seele.
    Es klingelte Sturm. Victoria riss die Tür auf.
    »Vater!«
    Er war außer Atem. Sie dachte, es sei etwas mit ihrer Mutter. Warum sonst sollte Isaac wie ein Verrückter vom Festungsberg zu ihr herunterrennen, durch den Regen, ohne Mantel?
    Ihr Vater warf seine prächtige Haartolle zurück. So wie Nikolaj es immer tut, denkt sie. Isaac hat selbst im Alter sein Haar nicht verloren. An jenem Tag, am Tag, als er starb, war es voll und durch und durch schwarz.
    Er fuhr sich temperamentvoll durch die Strähnen, und Victoria erinnert sich, wie die Tropfen nach allen Seiten spritzten, wie sie zurückwich: »Vater, du machst mich ganz nass! Was ist denn los?«
    »Lass mich rein!«, verlangte Isaac.
    Sie machte ihm Platz.
    »Ist etwas mit Mutter?«
    »Seit wann machst du dir Sorgen um andere?« Er marschierte an ihr vorbei ins Wohnzimmer.
    Victoria schwenkt ihr Glas und trinkt einen Schluck Gin. Es ist still im Haus. In letzter Zeit muss Robert wieder oft weg. Vor allem abends. Er führt das gehetzte Leben eines Geschäftsmannes, der gerade seine Firma knapp vor dem Bankrott gerettet hat und fortwährend, aus Nervosität und Gewohnheit, jede freie Minute mit Arbeit füllt. Jetzt, erst jetzt, fällt ihr ein, dass ihr Vater an jenem Abend Gummistiefel trug. Und dass sie ihn fragte: »Hast du im Garten gearbeitet?«
    Er wirbelte herum und nahm ihr

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